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Unser täglich Brot

Seit 25 Jahren backt die Bäckerei Göhler in Possendorf Brötchen und trotzt einem Trend – als Einzige im Ort.

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© Oberthür

Von Verena Schulenburg

Possendorf. Es duftet nach allerlei Süßem. Der Pflaumenkuchen in der Theke frohlockt. Daneben liegen die in Zucker gebadeten Pfannkuchen, bereit für hungrige Mäuler.

Hier in der Bäckerei Göhler ist der Arbeitsplatz des Ehepaares Kai und Heike Göhler. Seit 25 Jahren reicht die 50-Jährige ihren Kunden Kuchen und Brote über die Ladentheke des Geschäftes auf der Hauptstraße im Bannewitzer Ortsteil Possendorf. Und genauso lange schiebt ihr Mann Kai Göhler hier seine selbst gebackenen Brote in den Ofen.

Der Bäckermeister und seine Frau erinnern sich noch genau daran, wie alles angefangen hat. „Mit null Knöpfen in der Hosentasche, viel Übermut und Unwissen“, sagt Kai Göhler und schmunzelt bei dem Gedanken daran. Es war 1991, als sie zu zweit die alte, leerstehende Backstube, die unmittelbar an der B 170 liegt, wieder auf Vordermann brachten und im November desselben Jahres die Ladentür öffneten. Das Geschäft lief so gut, dass das Paar drei Jahre später eine zweite Filiale in der Possendorfer Kastanienallee eröffnete. „Das war auch unsere Blütezeit“, erinnert sich Heike Göhler über volle Verkaufsräume.

25 Jahre liegen nun zwischen Neuanfang und heute – und hinter dem Bäckerspaar eine wechselvolle und nicht immer einfache Zeit. Der Kampf ums Geschäft begann noch in den 90er-Jahren, als die beiden Supermärkte im Ort öffneten und mit einem breiten Lebensmittelangebot und mitunter auch Schnäppchenpreisen die Possendorfer Kundschaft lockten. Für die Bäckersleute der Anfang eines Wandels. „Es war ein schleichender Prozess“, sagt Kai Göhler. Die Konkurrenz der großen Supermarktketten machte den kleinen Geschäften das Überleben zunehmend schwer. Viele Läden mussten schließen. Ein Trend, der bis heute anhält. Auch der Fleischer auf der Kastanienallee hat seit vorigem Jahr dicht. Göhlers halten dem Druck stand – noch. „Wir sind mittlerweile das einzige selbstproduzierende Lebensmittelgeschäft in Possendorf“, sagt Bäckermeister Kai Göhler. Die Tatsache stimmt ihn nachdenklich.

Backen gegen die Konkurrenz

Sein ganzes Berufsleben lang klingelt bei dem gebürtigen Sadisdorfer spätestens um 2.30 Uhr der Wecker, täglich. Jede Nacht steht der 50-Jährige auf, um in der Possendorfer Backstube das Mehl, das aus den Feldern der Region gewonnen wurde, zu verarbeiten. Das ist sein tägliches Brot. Urlaub hatte das Ehepaar lange nicht mehr. Heike Göhler überlegt: „Wir waren 1992 zusammen eine Woche mit unserer damals noch kleinen Tochter im Bayerischen Wald“, erzählt sie. Ansonsten schließen die Unternehmer ihre Geschäfte jedes Jahr nur drei bis vier Tage, zum Angeln, Wandern, einfach mal Abschalten. Abgesehen davon standen die Göhlers 25 Jahre lang, sieben Tage die Woche in ihrer Bäckerei. Einen wöchentlichen Ruhetag gab es nie.

Für Göhlers ein Luxus, den sie sich seit diesem Januar nehmen. Montags bleibt ab sofort der Ofen aus, die Bäckereien an diesem Tag geschlossen. Dafür wird an den restlichen sechs Tagen in der Woche rangeklotzt, vor allem sonntags. Für frische Sonntagsbrötchen stehen die Possendorfer Kunden gern früh auf und stehen für das Selbstgebackene an. „Glücklicherweise“, kommentiert Kai Göhler. Denn an den übrigen Tagen der Woche bleibt die Menschenschlange vor den beiden Geschäften im Ort aus, manchmal sogar der Verkaufsraum leer. Die Kundschaft sei in wirtschaftlicher Hinsicht unberechenbarer geworden und anspruchsvoller, findet das Paar. „Wir wissen früh nicht, wie viele Kunden kommen und was sie kaufen“, erklärt Kai Göhler. Das macht das Geschäft schwierig.

Aber nicht nur das Kaufverhalten in Possendorf hat sich geändert. Auch der Papierkram für die Kleinunternehmer habe zugenommen. Die Anforderungen an die Buchhaltung oder die Auszeichnungspflicht für Lebensmittel seien enorm gestiegen. „Als kleines Geschäft hat man da zu tun“, sagt der Bäckermeister. Und natürlich muss auch ein Bäcker seine eigenen Brötchen backen. Nicht alle Kunden verstehen, warum die Preise für Brot, Brötchen und Kuchen steigen. „Wenn ein lieber Stammkunde vor mir steht, mit seinem abgezählten Geld in der Hand und ich ihm dann sagen muss, dass es jetzt fünf Cent mehr kostet, geht mir es selbst nicht gut dabei“, sagt Heike Göhler, „aber was sollen wir machen?“

So schwierig die Arbeit für das Bäckerpaar geworden ist, so sehr wissen sie ihre Kunden zu schätzen. Kunden, die auch wissen, dass sie hier noch echte Handarbeit bekommen, selbst gebackene Brote und Brötchen, sogar selbst gemachte Nudeln. „Zu Weihnachten haben wir von einigen Kunden Geschenke bekommen“, freut sich die 50-Jährige. Es sind vor allem diese freundlichen Gesten ihrer Kunden und die netten Worte, so sagt sie, die motivieren.

Die Bäckerei Göhler ist auf der Hauptstraße 31 in Possendorf zu finden. Parkmöglichkeiten auf dem Parkplatz an der Kirche und in der Filiale Kastanienallee in Possendorf.