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Und tschüss, Führerschein

Rücksichtslosigkeit auf der Autobahn nahe Klipphausen kostet den Angeklagten 4 000 Euro. Doch nicht nur das.

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© Jürgen Lösel

Von Jürgen Müller

Klipphausen/Meißen. Der Angeklagte glaubt wohl, alle an der Nase herumführen zu können. Schon vor drei Wochen sollte er seinen Führerschein abgeben. Das hatte das Gericht angeordnet. Doch er denkt gar nicht daran. Zur Verhandlung will der Richter nun den Führerschein haben. Doch welch ein Pech: Der Angeklagte hat ihn gar nicht mit. Der liege im Auto, mit dem seine Frau gerade fahre. Merkwürdig, dass der Mann aber die Zulassung des Fahrzeuges bei sich hat.

Der Kamenzer weiß ganz genau, dass ihm der Einzug des Führerscheins für lange Zeit droht. Das ist die logische Konsequenz für solche Taten, wie sie ihm vorgeworfen werden. Am Abend des 6. Oktober vorigen Jahres soll er nahe Klipphausen einen auf der linken Spur der Autobahn 4 fahrenden Golf links überholt haben. Weil der Abstand von der Leitplanke zu dem Fahrzeug zu knapp war, berührte sein Auto den Golf. Es entstand ein Schaden von 2 400 Euro. Doch der Mann fährt einfach weiter, obwohl sich die Frau in dem geschädigten Auto mehrfach bemerkbar macht, ihn durch Hupen, Lichtzeichen und Gesten auffordert anzuhalten. Schließlich fährt der Mann auf den Rastplatz Dresdner Tor. „Ich fuhr hinterher, dachte, dass er anhält. Doch plötzlich gab er Gas und zog davon“, erzählt die 35-jährige Geschädigte. Sie notiert sich das Kennzeichen, zeigt den Mann an. Wegen Gefährdung des Straßenverkehrs und unerlaubtem Verlassen des Unfallortes sitzt der nun vor dem Meißner Richter. Und gibt den Ahnungslosen. Er habe zwar bemerkt, dass sein Spiegel auf der Beifahrerseite angeklappt war, habe aber wegen des dichten Verkehrs nicht von der Autobahn abfahren können. Erst später sei ihm das gelungen. Er habe nur einen zwei Zentimeter langen Kratzer an seinem Spiegel festgestellt und sei dann weitergefahren. Von der Nummer auf dem Rastplatz sagt er nichts. Dabei hätte er den Unfall bemerken müssen. Die Geschädigte spricht von einem lauten, schleifenden Geräusch, als sich die Fahrzeuge berührten.

Der Angeklagte, der als Pharmavertreter arbeitet, war mit einem geleasten Dienstwagen unterwegs. Dennoch meldet er den Schaden nicht. Erst als die Geschädigte Ansprüche geltend macht, holt er das nach. Und es gibt noch weitere Ungereimtheiten. Die Leasingfirma stellt sich tot, antwortet nicht auf Anfrage des Gerichts. Und sein Arbeitgeber will plötzlich das Auto mit den verräterischen Spuren ganz schnell verkaufen. Das Gericht verhindert das in letzter Minute, in dem es den Golf aus der Werkstatt abschleppen und von einem Gutachter untersuchen lässt.

Nachdem der Richter ein Gutachten anordnete, hat der Angeklagte kurz hintereinander zwei weitere Unfälle mit dem Auto. Ein Verdacht steht im Raum: Hat er die Unfälle absichtlich herbeigeführt, um die Schäden zu vertuschen?

Der Kfz-Sachverständige kommt zu einem eindeutigen Ergebnis. Es gibt vier Stellen, an denen beiden Fahrzeuge nachweislich Kontakt hatten. „Nicht nur die Spiegel, auch die Autos haben sich berührt“,sagt er. Am Auto der Geschädigten fanden sich keine Spuren, die nicht von dem Unfall stammen. Zuvor hatte der Angeklagte unterstellt, die Frau wolle Vorschäden mit abrechnen.

Inzwischen ist die Frau des Angeklagten mit dem Führerschein ihres Mannes eingetroffen. Den behält der Richter gleich ein. Der Mann wird ihn frühestens in zehn Monaten wiederbekommen. Außerdem kostet ihn seine rücksichtlose Aktion eine Geldstrafe von 4 000 Euro. Da hat er noch Glück. Der Staatsanwalt hatte auf eine Geldstrafe von 5 850 Euro plädiert und 14 Monate Führerscheinsperre. Zudem muss der Angeklagte die Verfahrenskosten und damit auch das Gutachten bezahlen.