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Umstrittene Windrad-Spenden

Die Firma Boreas will Reichenbach Geld zukommen lassen. Der Stadtrat ist dagegen.

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© Pawel Sosnowski/80studio.net

Von Anja Gail

Bei Sohland und Reichenbach wurden vor einem Jahr alte Windräder gegen höhere Anlagen ausgetauscht. Vor gut neun Monaten sind sie ans Netz gegangen. Im August hat die Stadt mit der Firma einen Vertrag unterzeichnet. Er regelt die Errichtung und den Betrieb. An der Genehmigung an sich durch das Landratsamt hatte die Stadt zuvor aber nicht rütteln können.

Die Windenergie-Firma will der Stadt nun 20 000 Euro zukommen lassen. Als Puffer für die Unannehmlichkeiten, die Reichenbach entstanden sind. So wollte die Stadt schon prüfen lassen, wofür sie das Geld verwenden darf. Allerdings hat der Stadtrat die Annahme dieser Spende abgelehnt. Die CDU-Fraktion befürchtet, dass sich die Stadt dadurch in künftigen Entscheidungen über Windkraftanlagen beeinflussen lassen könnte. Um das zu verhindern, die Spende aber dennoch zu nutzen, soll das Geld an die Vereine aufgeteilt werden. Nach welchen Prämissen und Prioritäten soll der Sozialausschuss beraten. „Wir müssen nun erst einmal klären, ob Boreas diesen Vorschlag mitgeht“, sagt Bürgermeisterin Carina Dittrich. Spenden sind neben Zahlungen, die den Kommunen im Zusammenhang mit Windrädern zustehen, nicht ungewöhnlich. Derart hatte die Firma Boreas auch in Sohland Projekte in der Vergangenheit unterstützt.

Das Thema beschäftigt Stadt- und Gemeinderäte dennoch zunehmend. Denn Einwohner, die in der Nähe solcher Anlagen leben, müssen mit Beeinträchtigungen durch Lärm, Schattenwurf, Schall und blinkende Lichter klarkommen. Das Mitspracherecht der Gemeinden im Genehmigungsverfahren hat eher Alibifunktion. Zwar regelt das Erneuerbare-Energien-Gesetz die Vergütung anders als bisher. Auch die Abstände zu Wohnhäusern sollen vergrößert werden. Vor diesem Hintergrund und Übergangszeiten wurde die Genehmigung von Anlagen wie die bei Reichenbach und Sohland schnell noch durchgezogen.

Auch in der Gemeinde Markersdorf sind immer wieder Firmen unterwegs, die bei Landeigentümern Druck erzeugen. Auf Markersdorfer Fluren befindet sich noch kein Windfeld. Die Gemeinde will auch künftig nur die Finanzierung für Projekte als Ausgleich für die Errichtung von Windrädern nutzen. „Auf weitere Zahlungsangebote werden wir nicht eingehen“, erklärt Bürgermeister Thomas Knack. „Wir wollen uns nicht an Windkraftbetreiber binden.“

Was aber steht den Gemeinden überhaupt zu? Auf Regierungsebene und in der Windenergiebranche wird davon ausgegangen, dass die Akzeptanz für Windparks durch neue Einnahmen für die Standortgemeinden steigt. Sie sollen deshalb stärker an der Wertschöpfung beteiligt werden. Darauf haben sich CDU, CSU und SPD im Koalitionsvertrag verständigt. Damit sollen auch Nachteile der Standortgemeinden von Windkraftanlagen bei der Gewerbesteuer behoben werden. Aktuell erhalten sie 70 Prozent für Windräder, die auf ihren Gemarkungen errichtet wurden. Die volle Gewerbesteuer steht ihnen nur zu, wenn der Windradbetreiber auch seinen Firmensitz in der jeweiligen Gemeinde hat. Das trifft auf Reichenbach und Vierkirchen nicht zu. So verbuchen beide Kommunen nur anteilige Gewerbesteuer-Einnahmen.

In den ersten Jahren nach Errichtung der Windräder entfallen diese Einnahmen aber meistens, weil die Firmen Kredite verzinsen müssen und noch Verluste verzeichnen. Erst wenn die Anlagen wirtschaftlich laufen und Gewinne eingefahren werden, wird die Gewerbesteuer erhoben. Nach Informationen des Bundesverbandes Windenergie steigt das Gewerbesteueraufkommen nochmals deutlich an, wenn die Windenergieanlagen ab dem 16. Jahr vollständig abgeschrieben sind.

Eine weitere Einnahmequelle für Kommunen wäre die Pacht für gemeindeeigenen Grund und Boden. Das trifft aber auch nicht auf Reichenbach und Vierkirchen zu. Dort befinden sich die Windräder auf privaten Flächen.