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Umsatzkiller Baustelle

Sperrungen auf Straße und Schiene haben Nieskyer Firmen stark beeinträchtigt. Und sie tun es weiter.

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© André Schulze

Von Thomas Staudt

Die Jänkendorfer Kreuzung ist in allen Richtungen wieder frei befahrbar. Wer von Niesky zur Autobahn muss oder von dort nach Hause will, hat nun ein dickes Problem weniger. Zu allem Überfluss hat die Deutsche Bahn am Mittwoch angekündigt, den Bahnübergang in der Muskauer Straße bereits morgen ab 15 Uhr öffnen zu wollen. Damit ist die Fahrt auch in und aus Richtung Norden wieder frei.

Die guten Nachrichten können jedoch nicht darüber hinweg täuschen, dass eine ganze Reihe von Firmen über eine Zeit von mehr als vier Monaten mit drastischen Einschränkungen und Nachteilen zurechtkommen musste. Die gesperrte Kreuzung habe dazu geführt, dass viele Kunden den Markt nur schlecht gefunden haben, ärgert sich Hartmut Gerstberger. Er ist Geschäftsführer des Obi-Markts im Gewerbegebiet-Süd. Der Handelsplatz mit Dutzenden von Geschäften und Betrieben wurde für die Zeit der Sperrung zur Sackgasse, die, wie die ganze Görlitzer Straße, nur über den Zinzendorfplatz zu erreichen war. Das blieb nicht folgenlos. In den Monaten von März bis Juni habe er im Vergleich zum Vorjahreszeitraum deutliche Umsatzeinbußen verzeichnen müssen, so Gerstberger. Dazu kamen Verspätungen. Wenn eine Lieferung für 14 Uhr angekündigt war, habe man den Kunden, für den die Lieferung bestimmt war, für 15 Uhr bestellt. Tatsächlich seien Lieferungen wegen der Sperrung erst viel später eingetroffen, in diesem Fall gegen halb sechs. Die Kunden zu beruhigen, sei meist nur durch Zugeständnisse möglich gewesen, etwa durch Gratisanlieferungen der bestellten Ware, so Gerstberger.

Schon wenige Wochen nach der Sperrung hatten Kerstin Martin und Katharina Sonntag über Umsatzrückgänge geklagt (SZ berichtete). Martin betreibt die Aral-Tankstelle, Sonntag eine Pension mit Gaststätte gleich nebenan. Die beiden Betriebe liegen direkt am Kreuzungspunkt von B 115 und S 122, der deshalb statt Jänkendorfer auch Aral-Kreuzung genannt wird. Kerstin Martin verzeichnete bei Einnahmen nach eigenen Angaben einen Rückgang um die Hälfte. Klagen über die Sperrung habe man im Falle des Bahnübergangs in der Muskauer Straße gleich an die Deutsche Bahn, Beschwerden wegen der Jänkendorfer Kreuzung direkt an das Landesamt für Straßenbau und Verkehr weitergeleitet, berichtet die Nieskyer Ordnungsamtsleiterin, Simone Sturm. Dort sind laut Pressesprecherin Isabel Siebert keinerlei Beschwerden bekannt.

Der gesamtwirtschaftliche Schaden durch Staus, Baustellen und Straßenschäden ist hoch. In einer Umfrage des Zentralverbands des Deutschen Handwerks unter rund 5 900 Betrieben, über die die FAZ 2016 berichtete, sah jeder dritte Handwerksbetrieb seine Geschäfte durch den unzureichenden Zustand der Straßen beeinträchtigt. Knapp die Hälfte nannte Baustellen als Hauptursache für ihre Zeitverluste. In einer bestimmten Lesart heißt Baustelle Stau. Laut Recherchen des ARD-Magazins Plusminus vom Dezember 2017 schätzen Experten den dadurch verursachten volkswirtschaftlichen Schaden auf jährlich rund 100 Milliarden Euro.

Aber das ist nur eine Seite der Medaille. Staus gab es jedoch weder am gesperrten Bahnübergang Muskauer Straße, noch an der Jänkendorfer Kreuzung in nennenswertem Umfang. Für den gesperrten Bahnübergang ließ die Deutsche Bahn sogar eine gutfunktionierende Behelfsstrecke bauen. Für die Schwertransporte der Firmen Stahl- und Brückenbau und Waggonbau Niesky wurden zudem langfristig umfangreiche Vorkehrungen getroffen. Für den auf Lieferungen per Schiene angewiesenen Waggonbau wurden im Rahmen des Neubaus der Niederschlesischen Magistrale zwei Gleise im Eiltempo aufgebaut. Darüber können Karossen und defekte und reparierte Waggons sonntags im Schneckentempo, also mit 20 Stundenkilometern, von und nach Niesky transportiert werden.

Für die Stahlbleche, die im Stahl- und Brückenbau normalerweise per Schiene angeliefert werden, wurde eine andere Strategie entwickelt. Das Material wird in Zwickau – dort hat eine Firma ihren Sitz, die über entsprechende Kräne verfügt – von der Bahn auf Lkw‘s verladen und via Straße nach Niesky transportiert. Fertige Brücken wurden mit Schwertransporten kurzerhand durch die Baustelle an der Jänkendorfer Kreuzung manövriert. Alles geht, wenn es muss. Sie habe wegen der Baustellen jedenfalls nichts zu bemängeln, so Geschäftsführerin Elke Duntsch.

Vorerst gönnen Baustellen und Umleitungen Niesky eine Verschnaufpause. Ab 1. August wird die B 115, etwas weiter nördlich, wieder gesperrt. Dort baut die Bahn das Viadukt über die Bundesstraße neu. Dann rollt der Umleitungsverkehr am Rathaus vorbei, über den Zinzendorfplatz, entlang des Gewerbegebiets Süd weiter zur Jänkendorfer Kreuzung. Auf ein Wort