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Ums Leben malen

Ulrich Jungermann gilt als Meißener Original – auf alle Fälle ist er ein ernst zu nehmender Maler.

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© Sparkasse Meißen

Von Udo Lemke

Meißen. Ulrich Jungermann hat die Seiten gewechselt. Er wohnt jetzt nicht mehr am Baderberg in der Altstadt, sondern in Zscheila, in der Nähe der Winzergenossenschaft. Und so kommt es, dass man Ulrich Jungermann jetzt öfter mit seiner Staffelei an der Großenhainer Straße sehen konnte. Gegenüber des Bahnhofs, vor teils unsanierten Häuser an der stark befahrenden Großenhainer Straße – besonders schön ist es hier nicht, jedenfalls nicht so schön, wie in der Altstadt. Aber dass kommt dem Maler entgegen.

Ulrich Jungermann ist jetzt öfter auf der rechtselbischen Seite in Meißen unterwegs.
Ulrich Jungermann ist jetzt öfter auf der rechtselbischen Seite in Meißen unterwegs. © Claudia Hübschmann

Sein Händedruck lässt eher den Maurer als den Maler vermuten. Später gibt Ulrich Jungermann die Erklärung dafür: „Wenn ich nicht male oder zeichne, wird meine Hand hart.“ Und: „Ich male und zeichne, um mich am Leben zu erhalten, um geistig fit zu bleiben.“ Und dann nennt er einen nicht weniger wichtigen Impuls: „Ich möchte mich mit meiner Arbeit selbst erfreuen, und wenn sie andere erreicht und ich etwas verkaufen kann, ist es auch nicht schlecht.“

„Elbwärts“ hat Ulrich Jungermann seine Personalausstellung genannt, die derzeit in den beiden Radebeuler Filialen der Sparkasse zu sehen ist. „Ich bin unzählige Male mit dem Fahrrad raus an die Elbe gefahren, raus bis nach Gauernitz“, erzählt er. Und so taucht die Elbe immer wieder in seinen Bildern auf. Sie zieht sich gleichsam durch seine Landschaften. Dass er heute Bilder wie das abgebildete „Elbradweg“ malt, ist keine Selbstverständlichkeit, „denn ich komme aus sehr grauen Regionen“. Nicht nur, was die Farbpalette betrifft. Ulrich Jungermann hat zehn Jahre im Kinderheim verbracht. „Dort war ich ein nichts, ich wollte überhaupt erst einmal eine Person werden.“ Dabei hilft ihm die Kunst – bis jetzt, „denn heute will ich diese Person halten“. Viele würden Kunst machen, um dem Leben auszuweichen, sagt er. Er hat buchstäblich um sein Leben gemalt.

Eigentlich ist Ulrich Jungermann viel stärker ein Menschen- als ein Landschaftsmaler. Und damit wären wir wieder an der Großenhainer Straße am Gewusel um den Bahnhof und den Busbahnhof, oder beim Mittagessen im Elbecenter an der Niederauer Straße. Hier findet er seine Modelle – die sogenannten kleinen Leute. Sie hält er in seinen Grafiken fest, „die immer einen kleinen Witz haben“. Dabei hat er auch einen Maler im Kopf, „den Spitzweg mit seinem volkstümlichen Biss“, den mag Ulrich Jungermann. „Ich träume davon, wie Spitzweg rumzuflattern und schöne, kleine Geschichten zu erzählen.“

65 ist Ulrich Jungermann jetzt. Ans Aufhören kann er schon deshalb nicht denken, weil er als Maler keine Reichtümer anhäufen würde und wegen der harten Hände. Es wäre schön, wenn die Stadt Meißen ihrem Kunstpreisträger von 2014 zum 70. eine Ausstellung ausrichten würde. Oder die Albrechtsburg – von dort sieht man die Elbe, die durch seine Bilder und sein Leben fließt.

„Elbwärts“, die Ausstellung ist noch bis zum 5. Oktober in den Filialen der Sparkasse Meißen in Radebeul Kötzschenbroda und in Radebeul-Ost während der Öffnungszeiten zu sehen.