Jana Mundus
Ein Tisch bringt Kristen Vincenz zum Schwärmen: dunkles Holz, mehrere Meter breit und auch mit über 100 Jahren noch ein wahres Schmuckstück. Den hat Martin Dülfer, Architekt des Beyer-Baus der TU Dresden, entworfen. Viele Jahrzehnte stand er im großen Hörsaal des historischen Campus-Gebäudes, erklärt die Direktorin der Kustodie der Universität.
Doch jetzt wurde er in die Rente geschickt. Vor Kurzem ist er umgezogen. Nun steht der Riese unter den Tischen in der neuen ständigen Ausstellung der Kustodie. „Für den Einbau der modernen Technik im Beyer-Bau-Hörsaal war er leider nicht mehr geeignet“, erklärt Kirsten Vincenz. Als ihr Kollege Jörg Zaun den Vorschlag machte, ihm einen Ruhestand in den Kustodie-Räumen zu ermöglichen, war sie erst einmal skeptisch. „Ich hätte nie gedacht, dass der hier überhaupt reinpasst.“ Jetzt steht er da – gerettete Historie.
Der Tisch gehört jetzt zu den Schätzen der TU Dresden. Verwaltet werden sie vom dreiköpfigen Team der Kustodie. Über 50 000 Objekte finden sich in den 40 Sammlungen. Vieles ist im Depot gelagert, anderes befindet sich in den Fakultäten oder wird sogar noch in Vorlesungen genutzt. Neben Exponaten aus Lehre und Forschung gehören auch Kunstwerke aus der Zeit nach 1945 zur umfangreichen Sammlung. Gerade zeigt eine Ausstellung in der Altana-Galerie im Görges-Bau Kunst aus den 1950er-Jahren. In den nächsten Jahren sollen weitere Kunstausstellungen Einblick in den Besitz geben.
Ständig zu sehen sind indes 300 Exponate in der Kustodie selbst. Diese Ausstellung ist gerade in neue Räume gezogen. Erstmals sind in einer Vitrine wichtige Stücke aus der Geschichte der TU Dresden zu sehen. Unter anderem auch ein wertvolles Buch aus dem Besitz von Victor Klemperer, der während der Nazizeit als Jude seinen Beruf als Hochschullehrer aufgeben musste. Oder die historische Amtskette des Rektors, die bis Anfang der 1990er-Jahre genutzt wurde. „Nachträglich waren zu DDR-Zeiten Vaterländische Verdienstorden in Gold und Silber eingearbeitet worden“, erzählt Jörg Zaun. Nach der Wende wurden sie schnell entfernt. In der Vitrine sind Kette und Orden nun wieder vereint.
Aufheben oder weg damit? Diese Frage wird den Bewahrern der TU-Geschichte immer wieder begegnen. Alles aufheben, das geht nicht. Dafür reicht der Platz schon gar nicht. „Wir müssen ein gutes Zusammenspiel von Altem und Neuem hinkriegen“, sagt Kirsten Vincenz. Dazu gehört auch, den Blick der aktuellen Wissenschaftler zu weiten für das, was da in den Depots schlummert. Gerade laufen verschiedene Forschungsprojekte, die die alten Modelle und Geräte wieder in den Mittelpunkt rücken. Lernen an der Geschichte.
Ausstellung Kustodie: Bürozentrum Zellescher Weg 17, Eingang A, EG; geöffnet in der normalen Bürozeit. Anmeldung unter 0351 46340356