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Topfit im Krankenhaus

Im Klinikum Döbeln durften Laien das OP-Besteck führen. Sebastian Lormis ließ sich für den DA durchchecken.

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© Dietmar Thomas

Von Heike Heisig

Döbeln. Während es in der Notaufnahme des Klinikums Döbeln am Sonnabendmittag eher ruhig zugeht, wimmelt es überall sonst in der Klinik von Menschen. Konferenz- und Besucheräume werden für Präsentationen und für Checks bei Besuchern genutzt. Wer nicht muss, geht nicht ins Krankenhaus – das trifft am Tag der offenen Tür nicht zu.

Schwester Sandra (links) misst bei Lormi den Blutdruck, während ihn Krankenpflegehelferin Dana „anzapft“.
Schwester Sandra (links) misst bei Lormi den Blutdruck, während ihn Krankenpflegehelferin Dana „anzapft“. © Dietmar Thomas
Als Gesunder schaut sich der 36-Jährige gern im Klinikum Döbeln um. Um gesund zu werden, hat er einiges getan.
Als Gesunder schaut sich der 36-Jährige gern im Klinikum Döbeln um. Um gesund zu werden, hat er einiges getan. © Dietmar Thomas
Krankenpflegehelfer Marcel und seine Kollegin Dana helfen Sebastian. Eine Brille simuliert einen Alkoholrausch.
Krankenpflegehelfer Marcel und seine Kollegin Dana helfen Sebastian. Eine Brille simuliert einen Alkoholrausch. © Dietmar Thomas

Wir schauen uns das Haus diesmal zusammen mit Sebastian Lormis an. Der 36-jährige Döbelner, den die meisten nur als „Lormi“ kennen und mögen, hat seit Anfang 2016 bis jetzt unglaubliche 36 Kilogramm abgespeckt. Da müssten seine Werte doch in jedem Bereich top sein. Und für gewöhnlich sind sie das auch. Dies belegt ein aktuelles Auswertungsprotokoll, das er regelmäßig im Fitnessstudio mit Daten wie Körperfettanteil, Muskelmasse und Body-Mass-Index erhält. An diesem Mittag könnte zum Beispiel der Blutdruck ein wenig niedriger sein. Die Werte liegen bei 160 zu 100. Doch die Pflegehelfer und Schwestern beruhigen. Das kann an der Hitze liegen und an Sebastians überschwänglicher Art. Kaum hat er das Zimmer betreten, macht er einen Witz nach dem anderen. Selbst bei den Messungen kann er selten ruhig halten. Deshalb misst Pflegehelfer Marcel bei ihm auch einen Puls von 100. Das ist auf Dauer zu hoch, bescheinigen die Fachleute. Sebastians Blutzuckerwert dagegen ist mit 5,7  Millimol pro Liter im grünen Bereich. Kein Wunder: Der 36-Jährige hat am Morgen schon im Fitnessstudio geschwitzt und bislang nur eine Banane im Bauch.

Apropos Bauch. Dort möchte Sebastian noch ein paar Pfunde verlieren. „Doch der Restspeck hängt irgendwie an mir“, scherzt er. Gar nicht lustig war der Anlass, sein Leben umzustellen: der Tod von Komiker Dirk Bach. „So wollte ich keinesfalls enden“, sagt der 36-Jährige. Also begann er im Oktober 2012 mit dem Training im Fitnessstudio. Doch das allein brachte ihm nicht den gewünschten Erfolg. Reichlich drei Jahre später zeigte die Waage immer noch fast 140 Kilogramm. „Dann habe ich einen Ernährungskurs gewonnen, den durchgezogen und war binnen neun Wochen die ersten 15 Kilogramm los. Das war eine Motivation“, schwärmt er.

Das Abnehm-Geheimnis

Und wie hat der Rest funktioniert? Sebastians Erfahrungen zeigen: Weder Sport allein noch die Ernährungsumstellung allein brachten ihn vorwärts. Nur beides zusammen, Kontinuität und in seinem Fall die nicht alltägliche Gabe, sich immer wieder selbst zu motivieren, haben bei ihm die Pfunde schmelzen lassen. Seine neue Lebensweise entspricht nichts anderem, als dem, was Mediziner und Ernährungswissenschaftler jedem raten, der abnehmen muss oder will. „Ich mache drei bis viermal pro Woche Sport und esse alle vier bis fünf Stunden“, sagt Lormis. Allerdings schaue er jetzt bewusst, was auf seinem Teller landet. Fertigprodukte sind es kaum noch. Er habe Cola gegen Wasser getauscht, greife jetzt viel eher zu Gemüse und Vollkorn bei Nudeln und Brot. Kein Hexenwerk also. Trotzdem: Sebastian ist zu recht stolz auf sich und seine guten Freunde, die die ganz Zeit zu ihm gestanden haben.

Er möchte indes weder die sportliche Betätigung noch die gesunde Ernährung missen. Die Abnehmerfolge haben ihn besser über den Tod seines geliebten Vaters hinwegkommen lassen. Davon ist er überzeugt. Er freue sich jedes Mal, wenn er neue Sachen nicht mehr in der XXXL, sondern inzwischen schon in der L kaufen kann. Und auch die überraschten Blicke von Bekannten, die ihn lange nicht gesehen haben, gefallen ihm. Wenn eine 100 auf der Waage steht, will er dieses Gewicht halten. Damit und dem neuen Selbstbewusstsein – obwohl es ihm daran augenscheinlich nie gemangelt hat – geht er am Wochenende nun gern tanzen. Möglicherweise begegnet er dort ja der Frau seines Lebens. Bisher haben sich die Wege der beiden weder im Schwimmbad noch auf Sebastians Radtour-Strecken gekreuzt.

Operateure brauchen Feingefühl

Und weil auch beim Radfahren Stürze möglich sind, hat sich Sebastian Lormis am Ende der Krankenhaustour noch eine Wunde am Kopf verarzten lassen. „Ich trage beim Radfahren aber immer einen Helm“, versichert er. Dr. Matthias Richter, Chef der Notaufnahme, hört das gern. Er und seine Mitarbeiter zeigen hauptsächlich, wie sie bei Brüchen vorgehen, wie Gips angelegt wird. Sie hoffen, damit ein wenig die Angst vorm Krankenhaus zu nehmen. Das wünschen sich auch die übrigen Fachärzte. So dürfen Gäste zum Beispiel selbst Wunden verschließen oder als Operateur eine sogenannte Schlüsselloch-OP ausführen. Selbst die Simulation ist schwieriger als angenommen. Die meisten staunen, wie viel Geschick die Mediziner doch an den Tag legen müssen.