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Telefonieren wie zu Opas Zeiten

Der Technikverein Sender Wilsdruff restauriert eine alte Telefonvermittlungsanlage. Bald wird sie vorgeführt.

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© Foto: Karl-Ludwig Oberthür

Von Hauke Heuer

Wilsdruff. Die Zeiten, in denen nur der Arzt, die LPG, der Rat des Kreises und die Stasi mit einem Telefon ausgestattet waren, sind lange vorbei. Heute besitzt fast jeder ein Smartphone und kann telefonieren, wann und wo er will – der vorläufige Höhepunkt einer Jahrhunderte andauernden technischen Entwicklung. Die Mitglieder des Technikvereins Sender Wilsdruff haben nun eine historische Telefonvermittlungsanlage aufgetrieben, die aus einem längst vergangenen Zeitalter der Telekommunikation stammt. Der Verein will die alte Gerätschaft als Anschauungsobjekt für kommende Generationen erhalten. „Wir sind im vergangenen Herbst durch die Sendung Außenseiter-Spitzenreiter im MDR auf die Anlage aufmerksam geworden“, berichtet der stellvertretende Vereinsvorsitzende Harald Strehle. In der Sendung wurde eine 80-jährige Pensionärin, die auf einem Dorf in der Nähe von Niesky wohnt, vorgestellt. Die ehemalige Fernmeldeingenieurin hatte die Telefonvermittlung, die eigentlich aus zwei verschiedenen Anlagen besteht, zusammengetragen, mit ihrem mittlerweile verstorbenen Mann repariert und in Gang gesetzt. Auch aufgrund ihres hohen Alters wollte sie die Gerätschaften verkaufen.

„Wir wollten uns die Anlage sichern, da in der Poststelle des alten Senders Wilsdruff eine ähnliche gestanden hat“, erklärt Vereinsvorsitzender Jürgen Juhrig. Da es viele Mitbewerber, vor allem aus den alten Bundesländern gab, gestaltete sich der Kauf schwierig. Letztlich konnte Strehle die Besitzerin überzeugen, dass die Telefonvermittlung in Sachsen bleiben soll, und erhielt den Zuschlag.

In 30 Stunden Kleinarbeit baute er die Anlage im Keller der Frau ab und in Wilsdruff wieder auf. Nun steht sie im neuen Domizil des Vereins an der Dresdner Straße  8. Voll funktionsfähig ist sie dennoch nicht. „Wir müssen noch die Kabel verbinden. Insgesamt werden 300 bis 400 Lötstellen notwendig“, schätzt Strehle.

Sind alle Kabel und Stecker an der richtigen Stelle, kann an der Anlage nachvollzogen werden, wie Telekommunikation in der Vergangenheit funktionierte. Die Vermittlung, deren Einzelteile sowohl 1925 als auch 1954 produziert wurden, nimmt zunächst ausgehende Anrufe entgegen. Sogenannte Hebdrehregler und mehrere Relais weisen dem Anrufer dann die richtige Leitung zu. Insgesamt 50 Anschlüsse können mit der Anlage verbunden werden. Allerdings kann nur mit zehn Apparaten gleichzeitig telefoniert werden. Viele Teile der Vermittlung sind beweglich. So braucht das Gerät viel Wartung.

„Heute würde etwas Vergleichbares in eine Zigarettenschachtel passen oder könnte sogar noch kleiner gebaut werden“, ist sich Strehle, der hauptberuflich einen Kabelmessdienst betreibt, sicher. Dennoch sei die alte Technik, die auch heute noch perfekt funktioniere, für ihn mehr als beeindruckend. Ziel der Vereinsmitglieder ist es, die Anlage bis zum Tag des offenen Denkmals am 9. September in Gang zu bringen und dem Publikum zu präsentieren. Die Gäste können sich dann mit einem klassischen Wählscheibentelefon einwählen, gucken, wie sich die Einzelteile der Vermittlung in Gang setzen, und am anderen Ende das Gespräch entgegen nehmen.

In den Räumen an der Dresdner Straße gibt es darüber hinaus auch noch alte Sendetechnik, etwa Röhrenkondensatoren für Radio- und Funkübertragungen, zu sehen.

Der Verein hofft auch darauf, dass Klassen der Oberschule und des entstehenden Gymnasiums den Weg in das kleine Museum finden, um etwas über die alte Technik zu lernen. „Darüber hinaus suchen wir immer neue Mitstreiter, die technisches Verständnis mitbringen und uns beispielsweise bei der Restauration der Geräte unterstützen“, sagt Juhrig. Insbesondere junge Menschen, die sich für dieses Hobby begeistern können, würden immer seltener.

Mehr Informationen gibts im Internet unterwww.technikverein-sender-wilsdruff.de