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Taufbecken für Granitschädel

Am Wettiner Platz in Löbau wird der neue Brunnen zusammengefügt. Er passt besser in die Oberlausitz als der Vorgänger.

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© Markus van Appeldorn

Markus van Appeldorn

Ein großes weißes Zelt breitet sich über dem Wettiner Platz aus. Nanu, haben die beim Abbau vom Tag der Sachsen etwa noch etwas stehen lassen? Nein, ein vergessenes Festzelt ist es nicht – ein Grund zum Feiern aber trotzdem. Unter der Plane nimmt gerade der neue Brunnen am Wettiner Platz Gestalt an.

Steinmetz Frank Hirschmann hat mit seinen Kollegen von der Großschönauer Firma Dünnbier die 18 gut 700 Kilo schweren Brunnenelemente aus schlesischem Granit provisorisch aneinandergefügt. Sie bilden die Form eines Blattes. Elf Meter misst der Brunnen an seiner breitesten Stelle. „Wir schauen erst, ob alles passt“, sagt der Steinmetz, „dann mörteln wir sie fest. Das Zelt soll dabei nicht als Sichtschutz dienen, weil die Brunnenarbeiten so geheim wären. Aber ohne Zelt könnte das Wetter die Fertigstellung des Brunnens vereiteln. Die Granitteile müssen so zusammengesetzt werden, dass später kein Wasser durch die Fugen dringt. Und um das zu gewährleisten, muss es beim Zusammenbau absolut trocken sein. Auf die Stirnseiten der massiven Granit-Elemente wurde eine Schicht Epoxidharz aufgebracht. „Die Räume dazwischen werden ebenfalls mit Epoxidharz verfugt“, erklärt Steinmetz Hirschmann, „beim Aushärten bildet sich eine absolut wasserdichte Verbindung zwischen den Bauteilen.“

Ausschließlich Oberlausitzer Steinmetz-Handwerk kommt für den neuen Brunnen am Wettiner Platz zum Einsatz. Und das ist nicht selbstverständlich. Denn kaum ein Unternehmen in der Umgebung verfügt noch über die Fachkenntnis, so einen Brunnen zu bauen oder einen Auftrag dieser Größenordnung stemmen zu können. Die runde Form des Brunnens sei eine besondere Herausforderung. Zum Bearbeiten der Teile seien besondere Techniken und Geräte nötig, heißt es von der Stadtverwaltung Löbau. Und auch wenn heute vieles mit Maschinen erledigt wird: „Der letzte Schliff und die letzten Feinarbeiten sind alles Handarbeit“, sagt Steinmetz Frank Hirschmann.

Die Produktion der 18 Brunnen-Segmente hatte die Firma Natursteinveredelung Hantusch aus Sohland an der Spree übernommen. „Massivbauteile in dieser Größe und in dieser Genauigkeit herzustellen, das ist auch für uns nicht täglich Brot“, sagt Hantusch-Geschäftsführer Reik Schwaar und: „Wir sind glücklich, dass die Stadt Löbau sich für eine Produktion in der Region entschieden hat. Da hängt viel Herzblut dran.“ Schwaar hofft, dass in Zukunft mehr Kommunen und Bauherren auf Handwerk und Gestein aus der Region zurückgreifen, statt auf Importware aus Fernost.

Mit dem Brunnen aus niederschlesischem Strehlen-Granit bekommt der Wettiner Platz einen Ersatz, der besser ist als das verfallene Original. Der abgetragene Brunnen war aus Beton gefertigt. „Der Granit ist hochwertiger und langlebiger als Beton“, sagt Reik Schwaar. „Hier kann man wirklich von nachhaltigem Bauen sprechen.“ Der Granit sei auch ein authentischer, heimischer Baustein für die Oberlausitz. „Der Steinbruch im polnischen Strzelin gehört noch zum Lausitzer Massiv“, erklärt Schwaar. Im Gegensatz zu einigen deutschen Sorten aus der Region sei der Strehlener Granit sehr hell und behalte seine Farbe. Einige Granitsorten würden dagegen wegen ihres Eisengehalts zu Rost neigen, bei anderen wiederum würden mineralische Einschlüsse nach einiger Zeit für schwarze Flecken sorgen. Alles natürliche Vorgänge zwar, aber nicht erwünscht.