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Tarifvertrag für digitale Elite: IG Metall einig mit Bosch

Bisher wollten Konzerne ihre innovativen Mitarbeiter aus Tarifverträgen heraushalten. Jetzt gibt es neue Ideen.

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Von Annika Grah

Gerlingen. Bunte Sofas und ein Tischkicker – diese Einrichtungsdetails finden sich häufig, wenn Konzerne kleine agile Firmen für Zukunftsideen rund um das Thema Digitalisierung ausgründen. Doch Möbel reichen nicht, um geeignetes Personal zu finden, so die Erfahrung bei Bosch. Für eine neue Einheit, die sich mit Mobilitätsdienstleistungen wie Carsharing befasst, haben die Gewerkschaft IG Metall und der Autozulieferer deshalb einen neuen Tarifvertrag ausgehandelt. Er soll als Blaupause für andere Bereiche bei Bosch dienen. Der Konzern hat auch Fabriken in Dresden und Sebnitz.

Um hochqualifiziertes Personal für den digitalen Wandel anzuwerben, brauche Bosch die richtigen Arbeitsbedingungen, sagt Bosch-Personalchef Christoph Kübel. „Wir brauchen Freiheit und Selbstbestimmung. Mit diesem Tarifvertrag schaffen wir die richtigen Rahmenbedingungen.“ Bosch besetzt inzwischen jede zweite offene Stelle abseits der Produktion mit Experten für Software und IT. Üblicherweise gründen große Konzerne Bereiche rund um das Thema Software und Digitalisierung aus, um dem trägen Konzerngefüge und auch dem Tarifvertrag zu entgehen. Bei der IG Metall sieht man diese Entwicklung mit Sorge. „Wir wollen, dass diese Bereiche auch tarifgebunden sind“, sagt der baden-württembergische Bezirksleiter Roman Zitzelsberger. Die Gewerkschaft sei deshalb mit verschiedenen Konzernen im Gespräch.

Martina Weiner, Geschäftsführerin der Personalberatung I-Potentials, warnt hingegen – die digitalen Experten seien spezialisierte Profis: „In manchen Bereichen gibt es von diesen Spezialisten nur eine Handvoll weltweit, und diese für sein Unternehmen zu gewinnen und dort auch zu halten, ist ohnehin eine große Herausforderung.“ Durch Grenzen eines Tarifvertrags büße ein Unternehmen unter Umständen Wettbewerbsfähigkeit ein.

Der Tarifvertrag gilt von 2019 an für die neue Einheit Connected Mobility Solutions mit 300 Beschäftigten. Dort arbeiten unter dem Dach der Robert Bosch GmbH sowohl Mitarbeiter, die bislang im Tarif waren, als auch solche, die bislang nicht unter den Tarifvertrag fielen. Sie haben, wie im Bosch-Konzern üblich, die Wahl zwischen 35, 38 oder 40 Stunden pro Woche. Doch der Mitarbeiter entscheidet eigenverantwortlich, wann er wie viel arbeitet. Statt der starren Entgeltgruppen gibt es Gehaltsbänder. Die erfolgsabhängige Vergütung ist höher. Als weitere Dreingabe erhalten die Mitarbeiter alle zwei Jahre einen umfassenden Gesundheitscheck, der sonst nur Führungskräften vorbehalten ist, und können frei über ein Weiterbildungsbudget verfügen. (dpa)