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Tagebau-Bagger folgen dem Kies

Bei Würschnitz wurden die ersten drei Hektar Wald für einen neuen Tagebau abgeholzt. Jetzt kommen Ängste hoch.

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© Kristin Richter

Von Birgit Ulbricht

Würschnitz/Laußnitz. Die Baggerschaufeln graben sich unermüdlich durch die letzte Steilwand des Tagebaus „Laußnitz 1“. Hinter der 20 Meter hohen Kiesschicht ist die Waldkante zu sehen, nicht weit davon entfernt verläuft schon die Straße zwischen Ottendorf und Würschnitz. Bis die Baggerschaufeln die ganze Breite zurück wieder geschafft haben werden, dauert es zwar noch ein Jahr, aber das Ende eines der gewaltigsten Kiestagebaue der Region ist absehbar. Drei Jahre gibt Thomas Gruschka dem Abbaufeld noch. Er ist Geschäftsführer der Kieswerk Ottendorf-Okrilla GmbH & Co. KG und hat 2010 in Laußnitz das bergbauliche Erbe von Kieswerkern übernommen, die hier seit den 1940er-Jahren Sande fördern.

Laußnitz 1 läuft aus
Dass sich unsere Altvorderen dabei natürlich als erstes das Filetstück vorgenommen haben, eben „Laußnitz 1“, ist selbstverständlich, erzählt Thomas Gruschka. „Jetzt wird es schwieriger, die Wege werden weiter, die Sande liegen in den nächsten Abbaufeldern nicht mehr in der Tiefe und Qualität. Vier solcher Felder gibt es: „Laußnitz 1“ mit 300 Hektar, fast der Hälfte davon im offenen Tagebau und mit seiner Seenlandschaft, die schlechthin der Inbegriff des Kieswerkes ist. „Laußnitz 2“ mitten im Wald und inzwischen im ausgewiesenen Naturschutzgebiet Waldmoore Großdittmannsdorf liegend – und deshalb nachträglich verkleinert. „Würschnitz-West“, das mit 130 Hektar ausgewiesen ist und jetzt vom Oberbergamt genehmigt werden soll, sowie das Abbaufeld „Würschnitz“, das auf der Karte süd-östlich an den Ort heranreicht, 100 Hektar misst und bereits in den 1990er Jahren genehmigt wurde. Auf dem tut sich jetzt etwas.

Zangengriff befürchtet
Drei Hektar wurden jüngst abgeholzt. Ein untrügliches Zeichen, dass sich der Tagebau unweigerlich auf Würschnitz zu bewegt. Vom Zangengriff ist in der Gemeinde schon die Rede. Wenn jetzt der Tagebau in den Landkreis Meißen wandert, da schwant manchen Bürgern nichts Gutes. Was, wenn vor der eigenen Haustür solch eine Kegelberg-Landschaft wie in Laußnitz entsteht, wenn die Kieskipper tagtäglich ihre Last durch den äußersten Zipfel des Landkreises Meißen fahren?

Die Ängste sind groß, das hat die Gemeinderatssitzung gezeigt, auf der Thomas Gruschka die Erweiterungspläne noch einmal vorgestellt hat. Ob sie aber mit den Fakten mithalten, werden wohl unsere Kinder und Enkel beurteilen. Denn frühestens in 25 Jahren wird das Abbaufeld „Würschnitz-West“ dem gleichnamigen Dorf am nächsten kommen – bis auf 480 Meter Abstand, sagt Thomas Gruschka. Zwischen Ort und Tagebau liegt aber dann immer noch ein mindestens hundert Meter breiter Waldstreifen, der den Staub schluckt. Vom Süd-Osten her gibt es dagegen offene Fluren, die einmal kahl bleiben und damit keinen Schutz bieten könnten, wenn der zweite Tagebau an den Ort heranrückt. Ob es dafür noch Lösungen geben wird, bevor es so weit ist, bleibt offen.

Nur abwechselnde Förderung
Tröstlich für die Anrainer der Altgemeinde Tauscha bleibt dagegen, dass weder „Würschnitz“ noch „Würschnitz-West“ aussehen werden wie „Laußnitz 1“. In beiden Feldern wird nur abwechselnd gefördert, und geöffnet werden maximal zehn Hektar und das im Trockenschnitt in eine Tiefe von zehn Metern und nicht bis auf 20 Meter Tiefe wie in „Laußnitz 1“. Gleich nachrückend wird aufgefüllt und aufgeforstet. Ein Prozedere, den der Sachsenforst fachlich genau vorgibt, so wie jetzt wieder auf sieben Hektar in „Laußnitz 1“.

Fast 100 Leute in Lohn und Brot
Auch das Szenario stiebender Lkw-Kolonnen könnte reines Kopfkino sein: Die Sande werden über Neben- zu einem über zwei Kilometer langen Haupt-Förderband transportiert, immer entlang der Straße Würschnitz-Ottendorf zum jetzigen Verarbeitungsstandort Laußnitz. Der Lkw-Verkehr zieht nicht mit, verspricht Thomas Gruschka. Hier in Laußnitz wird Transportbeton hergestellt, so wie derzeit für die Bosch-Ansiedlung in Dresden. Außerdem werden Quarzsande hergestellt und Porenbeton. Mit Dienstleistern, Spediteuren und Zulieferern schätzt Gruschka die Zahl der Arbeitsplätze auf fast einhundert.

Im September soll es zu den neuen Abbaufeldern eine Infoveranstaltung für die Bürger geben.