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Täglich Tausende Liter Wasser

Görlitzer Gärtnereien, die auch Gräber pflegen, hatten unter der Hitze mit am meisten zu leiden. Manche geben das nun auf.

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© Pawel Sosnowski/pawelsosnowski.c

Von Daniela Pfeiffer

Görlitz. So einen Sommer möchten sie bitte nicht so schnell noch mal erleben. Das sagt ihr vor allem der Rücken. Sabine Reuter gehört mit zu denen, denen die langen, heißen Monate mit am meisten zugesetzt haben dürften. Gärtnereien wie die von Sabine Reuter in Weinhübel oder Uwe Jonathan auf der Friedhofstraße, die über ihr normales Geschäft noch Grabpflege betreiben, sind diesen Sommer an ihre Grenzen gekommen – körperlich vor allem. „Wir haben keine Technik und sind jeden zweiten Tag mit der Gießkanne über den Friedhof gegangen“, sagt Sabine Reuter. In Friedersdorf, Gersdorf, Markersdorf, vor allem aber auf dem Städtischen Friedhof in Görlitz betreut Sabine Reuter 60 bis 70 Gräber. „Zweieinhalb Stunden hat mich das jedes Mal schon zusätzlich gekostet, um 5 Uhr bin ich dafür aufgestanden. Hab erst die Dörfer angesteuert, dann die Stadt.“

So einen Sommer wie diesen habe sie noch nicht erlebt, diese Kombination von Hitze und Trockenheit und das alles so lang anhaltend. Zum Glück halfen die Eltern in Sabine Reuters Gärtnerei – der Biogärtnerei Wagner auf der Paul-Keller-Straße. „Aber da ging es eigentlich nur noch darum, die Pflanzen zu erhalten. Mehr war wegen der Hitze kaum möglich.“ Trotzdem sagt Sabine Reuter, hat sie der Sommer auch körperlich an Grenzen gebracht. Sie will die Grabpflege wahrscheinlich aufgeben – jedenfalls die in der Stadt. Auch wenn es wirtschaftlich ein gutes Standbein war. Könnten andere ihre Gräber übernehmen? „Ich glaube kaum, denn es hat niemand das Personal, es sind alle an ihren Grenzen“, sagt sie und glaubt, die Grabpflege käme dann auf den freien Markt.

Kollege Uwe Jonathan zumindest hat selbst genug zu tun mit seiner gleichnamigen Gärtnerei und den Gräbern, die er pflegt. Mehrere Hundert sind es, verteilt über Königshain, Ebersbach, Kunnersdorf und die Stadt. Zwei Gießwagen mit 1 000-Liter-Fässern haben die Arbeit zumindest ein bisschen erleichtert. Früh wurde ein Teil gegossen, von Nachmittag bis zum Abend ein weiterer. „Wir gießen auch jetzt immer noch jeden zweiten Tag“, sagt Uwe Jonathan und sagt den Satz, der in diesem Sommer so oft ausgesprochen wurde: „Wenn es doch endlich mal richtig regnen würde.“ Hat es aber nicht und so kann Jonathan für sich und sein Team nur einschätzen: „Es war schon hart.“ Auch, „nebenbei“ noch zwei Gärtnereien zu führen. Man habe viel umdisponieren müssen, kaum etwas lief wie in den anderen Jahren. Vom enormen Lohn-Aufwand ganz zu schweigen, den das gießen erforderte. Grabpflege oder Heckenschneiden – all das kommt jetzt erst, denn durch das Gießen sind solche Arbeiten einfach liegen geblieben. Und so war Uwe Jonathan mit Kollegen gestern beispielsweise viele Stunden auf dem Evangelischen Friedhof in Rauschwalde zugange. Entspannt ist auch die Situation auf dem Städtischen Friedhof nicht. Friedhofschefin Evelin Mühle hat natürlich beobachtet, dass viele Privatleute jeden Tag zum Gießen kamen. Und sie nennt eine weitere Herausforderung des zu Ende gehenden Sommers: der Erhalt von Bäumen und Sträuchern. Bei den Bäumen seien wieder die Nadelgehölze noch schlimmer dran als die Laubgehölze. Letztere werden dieses Jahr zwar früh ihre Blätter verlieren oder tun es bereits, werden aber hoffentlich nach der Winterruhe wieder treiben, so Mühle. Nadelbäume hätten es aber weitaus schwerer. „Und wenn Bäume erst mal geschädigt sind, haben Schädlinge gute Angriffspunkte.“ Auch, um das nicht so weit kommen zu lassen, sind die Mitarbeiter auf dem Friedhof seit Wochen mit Wasserbottichen und Kannen unterwegs und alle Bewässerungssäcke sind sieben Tage die Woche im Einsatz. „Wie hoch die Wasserrechnung wird, ist noch nicht abzusehen.“ Auch die Kosten für die Baumpflege seien bereits sehr hoch. Auch auf dem Städtischen Friedhof bleibt deshalb vieles andere liegen. „Hier bitten wir Friedhofsbesucher einfach um Verständnis.“

Sabine Reuter will sich nach diesem Sommer auf andere Dinge konzentrieren. Sie hat inzwischen das Zertifikat für ihre Biogärtnerei. Das ist mehr Bio als anderswo, hier wird selbst der Samen, das kleinste Pflänzlein schon in Bio produziert. Das soll weiter vermarktet werden. „Grundsätzlich möchte ich mehr das tun, was mir Spaß macht“, sagt sie. Ihr grünes Reich am Hang zu einer Wohlfühlgärtnerei machen zum Beispiel. Kurse finden auch jetzt schon statt, zusammen mit Kollegin Daniela Zenker. „Die Leute sagen immer, hier bei uns sei es wie Urlaub“, sagt Sabine Reuter. Daran will sie anknüpfen. „Wir wollen etwas für die Seele machen. Es geht ums Miteinander, darum, etwas gemeinsam zu tun, um Wissensvermittlung.“ Das geht immer – auch in extrem heißen Sommern.