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Superstars gesucht

Eine Casting-Agentur macht Halt in der Elbgalerie. Sie will nicht nur Kandidaten für Seifenopern finden.

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© Sebastian Schultz

Von Sebastian Schultz

Riesa. Jeanetta steht auf der improvisierten Bühne. Zwei Scheinwerfer leuchten sie hell an. Aufgeregt hält sie das Mikrofon in der linken Hand. Die andere Hand hält das Smartphone, von dem sie den Text des Liedes abliest. „Sehr schönes Lied, sehr gefühlvoll, lass dich in dieses Lied hineinfallen“, ermutigt Otto Nietschke die Riesaerin, den Text nicht von ihrem Handy abzulesen. „Wichtig ist es, den Songtext auswendig zu kennen. Sonst ist man viel zu sehr auf das Textablesen konzentriert.“ Und tatsächlich ist Jeanetta gleich viel lockerer und freier, singt mit einem Mal viel intensiver.

Svenja Gruhl (21), Krankenschwester: Einer der Talentscouts hat mich gefragt, ob ich hier mitmachen möchte. Da habe ich mich spontan dazu überreden lassen. In einer Schultheatergruppe habe ich bereits Erfahrungen auf der Bühne gesammelt. Aber die größte S
Svenja Gruhl (21), Krankenschwester: Einer der Talentscouts hat mich gefragt, ob ich hier mitmachen möchte. Da habe ich mich spontan dazu überreden lassen. In einer Schultheatergruppe habe ich bereits Erfahrungen auf der Bühne gesammelt. Aber die größte S © Sebastian Schultz
Sophia Höntzsch (14), Schülerin: Wir waren am Vormittag einkaufen und haben vom Casting erfahren. Da wollte ich unbedingt mitmachen. Meine Mama war erst nicht so begeistert, hat dann aber doch zugestimmt und mich unterstützt. Auf der Bühne zu stehen, ist
Sophia Höntzsch (14), Schülerin: Wir waren am Vormittag einkaufen und haben vom Casting erfahren. Da wollte ich unbedingt mitmachen. Meine Mama war erst nicht so begeistert, hat dann aber doch zugestimmt und mich unterstützt. Auf der Bühne zu stehen, ist © Sebastian Schultz

Einen Nachmittag lang hat die Ufa Talent Base in der Riesaer Elbgalerie ihre Bühne aufgestellt. Rund 70 solcher Talent-Castings veranstalten Otto Nietschke und Marcel Nitschke pro Jahr. Nicht nur in Deutschland, sondern auch in der Schweiz, Österreich und Luxemburg. Einen Tag nach Riesa werden sie schon in Gießen sein, erzählt Standleiter Marcel Nitschke. Dort ist dann verkaufsoffener Sonntag. Gezielt kommen die wenigsten Bewerber zum offenen Casting, sagt Nitschke. „Die meisten melden sich spontan an.“ Dass an öffentlichen Plätzen wie in der Elbgalerie nach Schauspiel- und Gesangstalenten gesucht wird, gibt es seit neun Jahren. „Hier vor Ort werden circa zehn Fotos gemacht für eine Setcard. Außerdem füllen die Teilnehmer einen Fragebogen aus, was sie gern machen möchten, woran sie interessiert sind. Auf unserer Internetseite können die Leute sich dann einloggen und ihr Profil selbst aktualisieren. Wenn dann eine Produktion ansteht, wird geschaut, wen wir benötigen könnten.“

Bei welcher Ufa-Produktion die Talente dann möglicherweise einmal landen, sei meist eine Typenfrage. „Wenn wir zum Beispiel einen Film über Wikinger drehen, sind eher kräftige, langhaarige Männer gefragt. Da werden die Leute dann gezielt zu einem Hauptcasting nach Babelsberg eingeladen. Und spielen dort mit anderen Schauspielern und es wird geschaut, ob die Rolle passt.“ Neben „Gute Zeiten, Schlechte Zeiten“, „Deutschland sucht den Superstar“ oder „Unter uns“ könnten die Kandidaten aus Riesa auch irgendwann in Filmproduktionen mitspielen, etwa im Tatort. Gut möglich auch, dass sie für Sendungen ausgewählt werden, von denen selbst die beiden Talentscouts noch nichts wissen. Ob sie am Ende eine Rolle als Statist oder Serienstar Angeboten bekommen, sei ebenfalls völlig offen.

So hart wie in mancher Castingshow im Fernsehen geht es übrigens in der Elbgalerie nicht zu. „Wir haben ja auch Verantwortung als Caster“, betont Marcel Nitschke. „Es geht ja auch darum, die Leute gut dastehen zu lassen.“ Sein Kollege, Talentscout Otto Nietschke, unterhält sich erst einmal ein wenig mit jedem Kandidaten. „Die meisten haben noch nie auf einer Bühne im Scheinwerferlicht gestanden. Es geht vor allem darum, ihnen die Angst und die Scheu zu nehmen.“ Dann schaue er, was die Kandidaten zeigen. „Und dann schauen wir, wo wir sie hinbringen können. Wo die Stärken sind. Da landet man auch manchmal ganz woanders, als ursprünglich angedacht.“ Den einen oder anderen Tipp gibt er auch, um die Kandidaten lockerer zu machen. „Aber wir machen hier natürlich keinen Workshop. Wir sind hier, weil wir neue Leute für unsere Produktionen suchen. Wir verkaufen Hoffnungen.“

Für Jeanetta hat sich der Besuch beim Casting in jedem Fall gelohnt. Nach ihrem ersten Gesangsvortrag hat sie zwei Stunden Zeit, das Lied „Ich will nur“ von Philipp Poisel einzuüben. Das gelingt ihr am Ende so gut, dass Nietschke sie für die neue Staffel von Deutschland sucht den Superstar vorschlagen wird. Wer weiß, vielleicht kommt der nächste Superstar aus Riesa.