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Strom im Blut

Das Handwerk im Landkreis Görlitz bildet stabil aus. Tobias Frost aus Görlitz erhielt als einer der besten Lehrlinge den Gesellenbrief.

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© nikolaischmidt.de

Von Matthias Klaus

Traumberuf? Nein, ein Traumberuf ist es nicht. „Eigentlich wollte ich ja in die Informatikbranche einsteigen. Das hat leider nicht geklappt“, sagt Tobias Frost. Nach zwei Jahren Arbeitslosigkeit hat er dann aber doch noch den passenden Beruf gefunden: Elektroniker. Dreieinhalb Jahre dauerte die Ausbildung. Tobias Frost lernte bei der EBS Elektroinstallation & Blitzschutz-Service GmbH in Schlauroth – und wurde direkt übernommen. „Ich bin eigentlich immer Baustellen zugeteilt“, schildert der 25-jährige Görlitzer. Derzeit arbeitet er im Neubau der Hoyreha an der Rauschwalder Straße.

Sein Zeugnis, sagt Tobias Frost, nicht ohne stolz, sei sehr übersichtlich gewesen, außer Einsen und zweien habe es nichts gegeben. Kein Wunder, dass der Görlitzer bei der Kreishandwerkerschaft zu einem der besten Auszubildenden zählt. Nach dem Kraftfahrzeugmechaniker mit 40 Gesellenbriefen steht der Elektroniker mit zwölf Abschlüssen auf Platz zwei der Ausbildungs-Hitliste bei der Kreishandwerkerschaft Görlitz, gefolgt vom Anlagenmechaniker für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik mit zehn dem Konstruktionsmechaniker und dem Metallbauer. Im Vorjahr hatten 63 Gesellen ihre Abschlusszeugnisse erhalten, 2014 waren es 62, ein weiteres zuvor 80. Die Kreishandwerkerschaft ist mit den stabilen Ausbildungszahlen zufrieden. Dagen warnt die IG Bau aus Bautzen vor einer Fachkräfte-Krise. Dabei beruft sie sich auf Lehrlingszahlen im gesamten Kammerbezirk Dresden. Die gingen demnach innerhalb von zehn Jahren um 60 Prozent zurück, die Gesellenprüfungen in Sachsen zwischen 2010 und 2015 sogar um 50 Prozent.

Aktuell meldet das sächsische Handwerk über 1 100 freie Lehrstellen, allein über 400 freie Ausbildungsstellen in der Online-Lehrstellenbörse der Handwerkskammer Dresden. Plätze gibt es in 80 unterschiedlichen Ausbildungsberufen, heißt es vom sächsischen Handwerkstag. Das größte Angebot an Ausbildungsplätzen gebe es unter anderem für Friseure, Kfz-Mechatroniker, Tischler, Gebäudereiniger und Maurer. Und: Der sächsische Handwerkstag macht sich für eine Ausbildung im Freistaat stark, die dem Handwerk „kluge Köpfe“ sichert. Dazu gehöre beispielsweise, die Quote der Schulabgänger ohne Abschluss von gegenwärtig neun auf unter fünf Prozent zu drücken, Schüler „konsequent und bedarfsgerecht“ zu höchstmöglichen Abschlüssen führen, ohne das Bildungsniveau dieser Abschlüsse zu senken, Oberschulen konsequent zu stärken und die Berufsorientierung an Gymnasien verpflichtend zu etablieren.

Generell legt das sächsische Handwerk zunehmend Wert auf Nachwuchs mit einem höheren Schulabschluss. „Neben Real- und Hauptschulabsolventen sind ausdrücklich auch Abiturienten als Azubis im Handwerk willkommen“, heißt es vom sächsischen Handwerkstag. Dessen Präsident Roland Ermer sagt, dass es zunehmend an qualifiziertem Nachwuchs an Führungskräften fehle, die bestehende Betriebe übernehmen. Seit 2013 schrumpfe die Zahl der Betriebe in Sachsen. Zuvor hatte die Statistik ein starkes Wachstum gezeigt – auch wegen einer Reform im Handwerksrecht 2004, die Anmeldungen erleichtert. In Sachsen wechseln selbstständige Handwerker derzeit vermehrt in eine sozialversicherte Anstellung.

Der Görlitzer Tobias Frost ist mit seiner Anstellung zufrieden. Er sehe seine Zukunft bei der Firma EBS. „Manchmal ist es natürlich ein bisschen hektisch. Aber im Allgemeinen macht mir der Beruf viel Spaß“, sagt Tobias Frost. Ein bisschen kann er sogar etwas von seinem ursprünglichen Berufsziel einbringen. Denn mit einfachem Leitungslegen und Steckdosenanbringen ist es heutzutage für einen Energie- und Gebäudetechniker nicht mehr getan. „Wir legen zum Beispiel Datenkabel, programmieren Kleinsteuerungen für Tore, Rollläden“, schildert Tobias Frost. So etwas ist schon Teil der Ausbildung. Um die Zukunftssicherheit des Berufes ist ihm nicht bange. „Neben Neubauten wird es immer wieder auch Umbauten geben“, sagt der Görlitzer. Aus der Stadt wegzugehen – das habe für ihn nie zur Diskussion gestanden. „Dafür bin ich einfach nicht der Typ“, sagt Tobias Frost und schmunzelt. (mit SZ/mz)

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