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Stresstest für Kliniken

Bei einer Übung des Katastrophenschutzes können fünf Kliniken in Mittelsachsen ihre Abläufe testen. Für den Rettungsdienst wird es plötzlich Ernst.

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© Dietmar Thomas

Von Tina Soltysiak

Mittelsachsen. Rettungswagen so weit das Auge reicht: Am frühen Sonnabendvormittag ist der Parkplatz des Landratsamtes Mittweida voll davon. Von hier aus wird die erste große kreisweite Katastrophen-schutzübung gesteuert. 110 Freiwillige bekommen zum Teil aufwendige Verletzungen geschminkt, bevor sie von den Sanitätern in die Krankenhäuser nach Mittweida, Freiberg, Döbeln, Leisnig oder Hartmannsdorf gebracht werden. Die Übung läuft von 6 bis etwa 17 Uhr. Das Szenario: Gegen 9 Uhr ereignet sich eine Gasexplosion. Der Großteil der Menschen werden dabei leicht-, zwölf schwer-, 34 Personen sogar schwerstverletzt. Die fünf Krankenhäuser werden verständigt, die Mitarbeiter in Alarmbereitschaft versetzt. Ärzte, Schwestern und anderes Klinikpersonal warten auf das Eintreffen der ersten Rettungswagen. Diese sind mit Blaulicht und Martinshorn im Landkreis unterwegs – das sorgt dementsprechend für Aufsehen.

Am Ende des Tages ziehen sowohl die Krankenhäuser als auch die Kreisverwaltung ein positives Fazit. Jana Lützner, Referatsleiterin Katastrophenschutz: „Es war eine Herausforderung für Rettungsdienst und Notaufnahmen. Aber es hat alles gut geklappt. Die detaillierte Auswertung steht natürlich noch aus, aber wir haben aus den Kliniken positive Rückmeldungen bekommen“, sagte sie auf SZ-Nachfrage. Zudem habe sich gezeigt, dass sie im Ernstfall sogar noch mehr Patienten aufnehmen könnten: „Sie hatten weitere Kapazitäten für drei schwerst- und mehrere leichtverletzte Personen“, so Jana Lützner.

Den Transport und die Erstversorgung der „Verletzten“ übernahmen die Mitglieder und Mitarbeiter der Kreisverbände des Deutschen Roten Kreuzes Döbeln-Hainichen, Freiberg und Rochlitz sowie die Johanniter aus Leisnig und die Malteser aus der Rettungswache Burgstädt. Für ein Team wurde es plötzlich Ernst: „Ein in die Übung eingebundener Rettungswagen aus Burgstädt meldete sich kurzfristig ab, da die Sanitäter bei einem Unfall an der Auffahrt Hainichen der A4 halfen – per Zufall kamen sie vor Ort. Zwischenzeitlich übernahm der normale Rettungsdienst mit Notarzt“, so Jana Lützner.

Landrat Matthias Damm (CDU) meint: „Auch wenn jeder wusste, dass es eine Übung war, wurde mit Hochdruck in den Einrichtungen gearbeitet und die Patienten behandelt. Es war eine große Leistung der Ärzte und Pfleger.“ Dieser Tag habe ihm einmal mehr vor Augen geführt, dass es ohne ehrenamtliche Helfer im Bereich Katastrophenschutz nicht geht – vom Sanitäter, über den Fahrer bis hin auch zur Verpflegung, so Damm.

Die Kliniken selbst wussten nicht, mit welchen Verletzungen die Patienten eingeliefert werden. „Im Vorfeld haben wir unsere Abläufe überprüft und unsere Teams auf die Gefahrenlage vorbereitet“, erklärt Dr. René Schwarz, Ärztlicher Direktor der Helios-Klinik in Leisnig. Während die Leisniger Notaufnahme im Schnitt knapp 20 Patienten pro Tag versorgt, kam zur Übung in nur vier Stunden die doppelte Anzahl. Dr. René Schwarz: „Wir haben uns bewusst für die maximal vertretbare Anzahl an Verletzten entschieden, um unsere Organisation unter Extrembedingungen zu testen. Im Notfall müssen alle Kräfte mobilisiert werden.“ Zur Normalbesetzung wurden für die Übung rund 20 zusätzliche Fachärzte, Pflegekräfte, Radiologie-Assistentinnen, Reinigungs- und Servicekräfte hinzugezogen. Sein Fazit: „Vieles war intuitiv richtig. An manchen auf dem Papier klar definierten Abläufen müssen wir weiter arbeiten, um für unsere Patienten noch besser zu werden.“