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Streit um Steuergeld für Asyl-Container

Der Kreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge will 1,3 Millionen Euro für acht Modulhäuser zurück. Der Fall könnte wieder vor Gericht landen.

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© Archivfoto: Apo Plan

Von Franz Werfel

Pirna/Gera/Jena. Es geht um acht Modulhäuser, in denen bis zu 400 Menschen wohnen könnten. Diese will der Thüringer Unternehmer Wolfgang Nause im Oktober 2015 für 1,3 Millionen Euro im Auftrag der Grundstücks- und Verwaltungsgesellschaft Sächsische Schweiz (GVS) gekauft haben – einer hundertprozentigen Tochterfirma des Landkreises. Dafür hatte die GVS bereits im Monat zuvor etwas mehr als drei Millionen Euro auf ein Konto des Anwalts Ralf Weber in Neustadt an der Orla überwiesen.

Anscheinend ging man davon aus, dass es sich dabei um ein Treuhandkonto handle. Doch einen Vertrag darüber, in dem beispielsweise geregelt wäre, wer unter welchen Umständen mit welchen Befugnissen auf dieses Konto hätte zugreifen dürfen – so einen Vertrag gab es nie.

Nause will die Häuser auf einen telefonischen Zuruf des stellvertretenden GVS-Geschäftsführers Klaus Leroff gekauft haben. Noch heute stünden sie ihm zufolge gut verpackt im Norden der Niederlande. Die GVS bestreitet, dass es diese telefonische Kaufanweisung je gab. Erst im März 2016 will die GVS durch die Arbeit ihres eigenen Wirtschaftsprüfers davon erfahren haben, dass 1,3 Millionen Euro vom Treuhandkonto abgeflossen waren. Weder sei das zuvor mitgeteilt worden, noch habe es eine Mitteilung gegeben, welche Häuser Nause damit wo gekauft habe.

Seit dem Landkreis fast keine Flüchtlinge mehr zugewiesen werden, ist klar, dass der Kreis diese Modulhäuser nicht mehr braucht. Stattdessen will er das Geld zurück. Deshalb hat die GVS, vertreten durch den Heidenauer Rechtsanwalt Hans Hüsken, den Unternehmer Wolfgang Nause und den Anwalt Ralf Weber auf Rückzahlung von 1,32 Millionen Euro plus Zinsen verklagt. Dieser Klage gab das Landgericht in Gera Mitte Mai in Bezug auf Wolfgang Nause statt. Die Klage gegen den Anwalt Ralf Weber wurde hingegen abgewiesen.

Sowohl die GVS als auch der Unternehmer Wolfgang Nause haben gegen das Urteil des Landgerichts Gera Berufung eingelegt. Das teilt das Thüringer Oberlandesgericht in Jena mit, vor dem die Berufungsverhandlung möglicherweise geführt wird. Ob und wann ist noch unklar, denn das Gericht muss zuerst entscheiden, ob es die Berufung überhaupt annimmt. Entscheidend dafür ist, wie die beiden Parteien ihr Anliegen begründen. Für den Fall, dass Wolfgang Nause das Geld nicht zurückbezahlen kann, hält es GVS-Anwalt Hüsken für möglich, dass der Landkreis doch noch Eigentümer der portablen Häuser wird. „Die könnte man dann nutzen oder versuchen, sie zu verkaufen.“ Der Erlös würde auf die Schulden Wolfgang Nauses angerechnet.

Um für den Landkreis alles zu versuchen, sei die GVS dagegen in Berufung gegangen, dass ihre Klage gegen Rechtsanwalt Weber abgewiesen wurde. „Es ist ja offen, ob Herr Nause das Geld überhaupt zurückzahlen kann“, so Hüsken. „Da ist es gut, wenn man einen zweiten Schuldner hat, dessen Haftpflichtversicherung auf jeden Fall solvent ist.“ Im Kern geht es um die Frage, ob ein impliziter Treuhandvertrag schon dadurch zustande kam, dass Anwalt Weber das Geld der GVS angenommen hat. Nicht in Berufung zu gehen wäre grob fahrlässig. „Sie können davon ausgehen, dass sich die GVS mit dem Landkreis als Gesellschafter abstimmt“, so Hüsken Einen Prozess dieser Größenordnung würde man nicht einfach so weiterverfolgen. Nun wolle man das weitere Verfahren abwarten.

Arne Dorow aus Neustadt/Orla, der den Unternehmer Wolfgang Nause als Anwalt vertritt, wollte sich gegenüber der Sächsischen Zeitung nicht zu der angestrebten Berufung äußern.