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Streit um Kita-Personal

Im Buratino werden viele Flüchtlingskinder betreut. Der Träger will dafür eine zusätzliche Kraft einstellen. Die Stadt blockt.

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© Eric Weser

Von Eric Weser

Gröditz. Die Kinder in der Gröditzer Kita Buratino tollen ausgelassen auf der Außenspielfläche hinterm Haus. Es ist alles da, was Knirpse in der Regel mögen: Sandkasten, Klettergerüst, Roller. Gerade holen zwei Eltern ihre Sprösslinge ab und machen einen Plausch, ehe es nach Hause geht. So läuft das in vielen Kitas im Land. Und dennoch unterscheidet sich der Buratino von vielen anderen Kindergärten.

Die von der Arbeiterwohlfahrt (Awo) betriebene Einrichtung im Gröditzer Musikerviertel betreut viele Kinder mit Auffälligkeiten. Von den mehr als 70 Knirpsen waren im Frühjahr neun sogenannte Integrationskinder. Mehr als 20 haben „Lebens- und Lernschwierigkeiten“. Hinzu kommen mehr als 20 Kinder aus Flüchtlingsfamilien. Die Zahlen haben sich seither kaum verändert. Mehr als 80 Prozent der Kita-Kinder haben eine Auffälligkeit, heben sich also von „normalen“ Kindern ab.

Beim Kita-Träger sieht man deswegen schon seit längerer Zeit zusätzlichen Personalbedarf, der über dem gesetzlich vorgegebenen Betreuungsschlüssel liegt. Vor allem bei der Betreuung der Flüchtlingskinder, von denen in Gröditz alle im Buratino betreut werden. Denn egal ob Betreuung der Kinder im Alltag oder Gespräche mit den Eltern: Wegen der Sprach- und Kulturunterschiede sei alles aufwendiger. Eine zusätzliche Vollzeitstelle braucht es deshalb aus Sicht der Awo. Nur damit könne der gesetzlich geforderte Bildungsauftrag in der Kita für alle Kinder erfüllt werden, so der Standpunkt des Trägers.

Die zusätzliche Vollzeitstelle hat der Kita-Betreiber bei der Stadt Gröditz beantragt. Doch bei der Kommune vertritt man die Auffassung, dass die Erzieherzahl ausreicht. Für die Integration der Flüchtlingskinder sei die Interaktion mit anderen Kindern am wichtigsten, und das sei „durch das bestehende Personal lediglich zu steuern und zu befördern“, heißt es in einem Schreiben der Stadt an den Träger, das der SZ vorliegt.

„Äußerst problematisch“

Bei der Awo will man sich damit nicht zufriedengeben – und drängt nach wie vor auf die Anerkennung der zusätzlichen Vollzeitstelle.

Unterstützung gibt es dabei aus dem sächsischen Kultusministerium, das die Situation im Buratino als „Sonderfall“ wertet. „Ein Anteil von circa 90 Prozent Kindern mit besonderen Bedarfen in einer Kita ist aus pädagogischer Sicht als äußerst problematisch einzuschätzen“, erklärt das Ministerium auf SZ-Anfrage. Das rechtfertige eine Abweichung vom gesetzlich vorgegebenen Kita-Personalschlüssel und damit auch die zusätzliche Stelle. „Die Personalschlüssel nach dem sächsischen Gesetz über Kindertageseinrichtungen gelten ‚in der Regel‘. Das heißt, dass in begründeten Ausnahmefällen mehr Personal erforderlich sein kann“, heißt es aus Dresden. Bleibt die Frage, wer die zusätzlichen Personalkosten trägt. Das Ministerium sieht die Kommune in der Pflicht.

Die Stadt Gröditz allerdings weist das zurück. Bürgermeister Jochen Reinicke (parteilos) bezieht sich gegenüber der SZ ebenfalls auf die gesetzlichen Vorschriften zu Kitas, in denen Personal- und Finanzierungsfragen geregelt sind. Nach Prüfung des Awo-Antrags sehe die Stadt keine rechtliche Grundlage dafür, dass die Stadt die von der Awo beantragte Stelle zu finanzieren habe, so der Bürgermeister.

Eine Pattsituation, bei der es aber anscheinend nicht bleiben wird. Denn die Awo will nach eigenem Bekunden nicht von ihrem Standpunkt abrücken. Reagiere die Stadt nicht, wolle man die Zusatz-Kraft einstellen und diese vorläufig selbst finanzieren, so die Geschäftsführerin des Kita-Trägers Awo Elbe-Röder gemeinnützige GmbH, Claudia Grüneberg. Die erhöhten Personalkosten wolle man sich dann auf gerichtlichem Wege zurückholen.