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Still ruht die Haltestelle

Eigentlich sollen die Züge bis zum Ostbahnhof fahren. Aber die technischen Voraussetzungen fehlen. Dabei gibt es eine schnelle Lösung.

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© Dietmar Thomas

Von Jens Hoyer

Döbeln. Es war fast schon anrührend: Anfang November, zwei Jahre nach der Entscheidung, den Personenverkehr auf der Strecke Döbeln-Meißen einzustellen, war der Döbelner Stadtrat doch noch aufgewacht und hatte beschlossen, die Verkehrsverbünde aufzufordern, die Schließung auszusetzen. Netter Versuch, aber völlig wirkungslos. Einen Monat später wurde der Verkehr eingestellt. Noch nicht einmal die Minimalvariante des Personenverkehrs ist derzeit umgesetzt. Die Züge nach und von Leipzig sollen am Haltepunkt Zentrum, besser bekannt als Ostbahnhof, starten und enden. Aber dort sperrt ein Gitter den Zugang zum Bahnsteig, die Züge enden im Hauptbahnhof. Und es ist auch nicht absehbar, dass die Pläne kurzfristig umgesetzt werden. Denn die technischen Voraussetzungen dafür sind nicht vorhanden.

Mittlerweile ist die Nossen-Riesaer Eisenbahn-Compagnie (NRE) Betreiber der Bahnstrecke Döbeln-Meißen. Oder noch nicht ganz. Die Übergabe wird voraussichtlich Mitte April erfolgen, sagte Geschäftsführer Eckart Sauter. „Das wäre der früheste Zeitpunkt, sich darüber Gedanken zu machen.“ Er erklärt das Problem: Das deutsche Bahnsystem ist so angelegt, dass man nicht irgendwo auf freier Strecke einen Zug halten und in die Gegenrichtung wieder losfahren lassen kann. Im sogenannten Streckenblock, eine 90 Jahre alte Erfindung der Bahn, sorgt ein System aus Kontakten und Signalen dafür, dass immer nur ein Zug unterwegs sein kann. Diese technische Einrichtung gibt es am Haltepunkt Döbeln Zentrum nicht, aber im Bahnhof Roßwein.

Einfach durchfahren

Sauter hat deshalb eine einfache Lösung für das Problem: „Wir wünschen, dass der Zug einfach bis Roßwein durchfährt. Der steht so lange im Döbelner Hauptbahnhof herum, dass er auch bis Roßwein weiterfahren könnte“, sagte Sauter. Das Personal müsse ohnehin bezahlt werden, die Zusatzkosten für den Diesel wären überschaubar. Der große Vorteil: Diese Variante wäre innerhalb kurzer Zeit umzusetzen, weil keine technischen Veränderungen nötig sind. Ein Umbau am Haltepunkt Zentrum wäre dagegen in absehbarer Zeit kaum hinzubekommen. „Es dauert sehr lange, bis das alles geplant, geprüft und genehmigt ist“, so Sauter.

Allerdings müsste der Verkehrsverbund Mittelsachsen mitmachen. Und der sträubt sich, denn der Betreiber der Strecke müsste für die Mehrkilometer bezahlt werden. Sauter schätzt die Kosten auf rund 200 000 Euro im Jahr. Und es ist aus Sicht der NRE auch aus anderen Gründen die bessere Variante. Vom Hauptbahnhof bis zum Haltepunkt Zentrum sind es gerade mal 1,2 Kilometer. Auf dieser kurzen Strecke müsste der Betreiber alle Kosten über die Nutzungsgebühr hereinholen. „Wirtschaftlich wie technisch ist diese Variante unsinnig. Der VMS kennt das alles, aber dort ist noch nicht viel Bewegung drin“, so Sauter.

Buskonzept erarbeitet

Eine Anfrage des Döbelner Anzeigers beim Verkehrsverbund Mittelsachsen (VMS) bestätigt das. Es sei nicht geplant, die Strecke bis Roßwein wieder in Betrieb zu nehmen. Es sei ein Buskonzept erarbeitet worden, so Silke Dinger, Sprecherin des VMS. Die Strecke bis zum Haltepunkt Döbeln Zentrum werde dann in Betrieb genommen, wenn die technischen Voraussetzungen dafür geschaffen sind.

Eigentlich hat der VMS viel vor mit dem Haltepunkt Zentrum. Er soll modernisiert und so verändert werden, dass auch behinderte Reisende wieder Zugang zum Bahnsteig haben. Aber auch die Pläne für diesen Umbau des Haltepunktes ruhen. Erst müsse eine Klärung der fehlenden technischen Voraussetzungen mit dem Streckenbetreiber NRE und der vertraglichen Voraussetzungen mit dem Eisenbahnverkehrsunternehmen erfolgt sein, so Dinger.

Im Dezember war der Personenverkehr zwischen Döbeln und Meißen eingestellt worden. Betroffen waren davon auch Schüler des Lessing-Gymnasiums, die den Zug aus Richtung Leisnig nutzten und relativ bequem in der Nähe der Schule aussteigen konnten. Seit Einstellung der Linie sind sie nur bis zum Hauptbahnhof gekommen, mussten dann den Bus nehmen. „Da gab es schon Fragen besorgter Eltern, wie die Schüler pünktlich in die Schule kommen“, so Schulleiter Michael Höhme. Seit Anfang des Jahres hält der Bus nun in der Nähe des Gymnasiums, damit die Schüler es bis zum Stundenklingeln schaffen.