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Stadt kauft den Topfmarkt

Großenhain erwirbt nach jahrelangen Verhandlungen das innerstädtische Areal zurück. Und was wird daraus?

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© Kristin Richter

Von Birgit Ulbricht

Großenhain. Die Stadt Großenhain widmet sich dem nächsten Millionenprojekt. Das lässt sich heute schon getrost sagen – die Finanzierung des Kaufpreises für das Objekt alleine kostet schon 714 000 Euro. Der reine Kaufpreis liegt bei 680 000 Euro, 200 000  Euro mehr als der Verkehrswert hergibt. Dazu kommen erste Schätzungen, dass Altlasten im Boden liegen, die die Stadt weitere 241 200 Euro kosten könnten.

Von einem „kalkulierbaren Risiko“ spricht Stadtbaudirektor Tilo Hönicke. Nachdem erst jüngst bekannt wurde, dass das neue Naturbad über 400 000 Euro teurer ist und weitere Nachträge mit bis zu 200 000 Euro drohen, klingen vielen Großenhainern da regelrecht die Ohren.

Doch die Lage des Kaufobjektes ist für die Stadt so immens wichtig, dass alle Stadträte dem Kauf am Ende zustimmten, obwohl einige zuvor heftigen Widerstand ankündigten. Denn es geht um den Topfmarkt, samt Resten der Wallanlage und dem stadtprägenden Pulverturm. Um die historischen Gemäuer geht es zwar, wenn irgendwann die Frage steht, was nun daraus werden soll – doch vorerst ging es nur darum, den Topfmarkt endlich wieder in städtische Hand zurückzuholen. Das alleine ist eine jahrelange Geschichte. Immer wieder hatte die Stadt versucht, Eigentümer Harry Krause das Areal abzukaufen.

Angebot einer Handelskette

Krause hatte in den 1990er Jahren die Flächen in Großenhain und Riesa erworben. In Riesa entstand die Elbgalerie, für Großenhain gab es zwar Pläne für eine schicke Ladenpassage – doch zu wenige Interessenten, so dass nie eine neue Shoppingmeile gebaut wurde. Aus Sicht von „Großenhain aktiv e.V.“ ein Segen, fürchteten doch die Händler, dass die angestammten Geschäfte bei dieser Konkurrenz in die Knie gehen.

Stadträtin Andrea Kriebel verwies auch bei der jetzigen Entscheidung „Kaufen oder Nicht-Kaufen“ darauf, dass man sich ja nur mal in Riesa umsehen müsse, wie ein Laden nach dem anderen schließe. Selbst 20 Jahre später ist der Schutz der Innenstadt das Thema. Eigentümer Harry Krause hatte diesmal tatsächlich die Anfrage einer Handelskette vorliegen, die am Topfmarkt einen Drogerie-Markt plante.

„Das wollten wir nicht“, so Oberbürgermeister Sven Mißbach. Die Stadt geht davon aus, in diesem Fall wäre die DM-Filiale am Frauenmarkt auf lange Sicht nicht haltbar gewesen. Doch der Markt ist einer der wenigen erklärten „Anker-Läden“ in der Innenstadt, die das Ganze noch wie ein Magnet zusammenhalten. Die Überlegung der Stadt war auch, so Mißbach, dass man in ein paar Jahren vielleicht mit den Erben verhandelt hätte, weil Harry Krause sein Unternehmen an die nächste Generation übergeben will. „Das wäre noch schwieriger geworden“, ist Mißbach überzeugt. Es hätte auch nichts gebracht, nachträglich eine Veränderungssperre auf der Fläche zu legen oder die Nutzung Handel „umzuwidmen“, damit keine Handelskette bauen kann. Beides ist rechtlich nicht haltbar.

Diese Erfahrung hat die Stadt vor Jahren schon mit Aldi an der Dresdner Straße gemacht. Also beißt die Stadt in den saueren Apfel und bezahlt deutlich über Verkehrswert – aber immer noch 200 000 Euro weniger, als Harry Krause ursprünglich haben wollte, so Stadtbaudirektor Tilo Hönicke. Die Stadt ist mit dem Preis zufrieden, betont sogar, der sei nur zustande gekommen, weil man seit Jahren einvernehmlich miteinander umgegangen ist. So konnten die Bürger und die Stadt die Stellfläche die ganzen Jahre kostenfrei nutzen – die 160 wilden Parkplätze sind immer belegt und als die Stadt zum Tag der Sachsen 2014 einen Festplatz brauchte, war auch das kein Problem.

Nun steht die Frage: Was wird aus dem Topfmarkt? Da verspricht der Stadtbaudirektor, jeden Schritt mit dem Stadtrat, den Großenhainern zu überlegen. Ob Parken, Festplatz, Wohnviertel oder etwas ganz anderes – da ist nichts entschieden. Im Frühjahr sollen erste Ideen besprochen werden. Bis dahin bleibt der Topfmarkt, was er war – ein staubiger, wilder Parkplatz.