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Sportvereine als Puffer der Landespolitik?

Bei der Handicap-Olympiade in Großenhain steht der Spaß im Vordergrund. Doch die Organisatoren sorgen sich auch um den Schulsport.

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© Kristin Richter

Von Thomas Riemer

Großenhain. Mit aller gebotenen Vorsicht – fast wie ein rohes Ei – jongliert Steffen Nozinsky das blaue Fass auf der Tartanbahn um die Kegel. Im Ziel freut er sich über die Zeit von 43 Sekunden. „Prima gemacht“, ruft seine Betreuerin. Schon steht der nächste Wettkämpfer an der Linie, Eric Mammitzsch gibt das Startsignal. Der 20-Jährige vollbringt an diesem Samstag sein „Gesellenstück“ gemeinsam mit 13 Mitstreitern, die sich im vergangenen Jahr in 120 Lerneinheiten zum Übungsleiter Breitensport mit C-Lizenz beim Kreissportbund ausbilden ließen. Die Handicap-Olympiade mit rund 100 Teilnehmern bildet den Abschluss. Beim Schlängellauf, Riesenstreichholz-Weitwurf, Bogenschießen, Kegeln, Dart oder Fassrollen ermitteln sie ihre Sieger. Gewinner sind sowieso alle – vom Organisations- und Helferteam über die Sportler bis hin zu den Betreuern und Caterern. – Zum vierten Mal haben die Lebenshilfe Großenhain, der SV Motor Großenhain und der Kreissportbund das Event organisiert. Mit viel Liebe zum Detail, an alles ist gedacht. Für Eric Mammitzsch ist das Sportfest zwar Neuland, aber eine schöne Erfahrung. Seit acht Jahren spielt er aktiv Volleyball beim SV Chemie Nünchritz. Als vor zwei Jahren der Trainer Vaterfreuden entgegensah, fehlte ein Übungsleiter. „Es war die klassische Situation“, sagt der gelernte Vermessungstechniker. „Und da habe ich das Training übernommen, damit es nicht ausfallen muss.“

Steffen Nozinsky von der Lebenshilfe Grimma gibt sein Bestes beim Fassrollen. Die Grimmaer zählten zu den weit gereisten Teilnehmern der Handicap-Olympiade.
Steffen Nozinsky von der Lebenshilfe Grimma gibt sein Bestes beim Fassrollen. Die Grimmaer zählten zu den weit gereisten Teilnehmern der Handicap-Olympiade. © Kristin Richter
Naturgemäß wird beim Torwandschießen meist ein ganz besonderer Ehrgeiz entwickelt. Die Helfer fiebern mit und geben außerdem Tipps an die Aktiven.
Naturgemäß wird beim Torwandschießen meist ein ganz besonderer Ehrgeiz entwickelt. Die Helfer fiebern mit und geben außerdem Tipps an die Aktiven. © Kristin Richter
Vincent Hein aus Adelsdorf hat eine sehr gute Treffsicherheit beim Bogenschießen. Dafür gab’s viel Lob von Rosi Golchert von den Stadtschützen.
Vincent Hein aus Adelsdorf hat eine sehr gute Treffsicherheit beim Bogenschießen. Dafür gab’s viel Lob von Rosi Golchert von den Stadtschützen. © Kristin Richter

Kein Einzelfall. Karin Sinz, die als Bildungsreferentin unter anderem für die Übungsleiterausbildung beim Kreissportbund zuständig ist, freut sich zwar, dass in diesem Jahr vergleichsweise viele junge Leute den Lehrgang erfolgreich beenden. Doch sie und viele Sportenthusiasten haben die Befürchtung, dass der Sport künftig weiter zur Nebensache degradiert wird. Grund ist die von der Landesregierung angekündigte Reduzierung der Schulsportstunden. „Die Vereine werden da die Leidtragenden sein“, befürchtet die Leichtathletik-Abteilungsleiterin des SV Motor, Ute Richter. Denn der Wegfall von Sportstunden in den Schulen könne nicht allein durch die dortigen Ganztagsangebote (GTA) abgefangen werden. Ergo: Kinder und Jugendliche, die sich bewegen wollen, würden sich in den Vereinen anmelden, die aber aufgrund fehlender Übungsleiter und Gelder an ihre Grenzen stoßen. Ein Teufelskreis.

Für Uwe Rimkus, Veranstaltungsmanager beim Kreissportbund, wäre die angedachte Kürzung beim Sportunterricht „schlichtweg eine Katastrophe“. Bei den gerade beendeten Kreis-Kinder-und-Jugendsportspielen sei wieder erkennbar gewesen, mit welchem Engagement die etwa 3200 Teilnehmer, ihre Eltern und Betreuer für den Sport leben. Dort Einschnitte zuzulassen, „das geht gar nicht“, so Uwe Rimkus. Auch er ist sich sicher, dass die Ganztagsangebote in den Schulen das nicht abfangen können.

Ute Richter will deshalb auch künftig alles tun, damit der Sport und gerade solche Events wie die Handicap-Olympiade „nicht hinten runterfallen“. Dankbar ist sie beispielsweise, dass ihr zumindest das Großenhainer Rathaus bei der Vorbereitung solcher Veranstaltungen stets Unterstützung gibt – sei es bei der Zur-Verfügung-Stellung der Sportstätten oder zum Beispiel bei notwendigen Absperrungen. Zudem kann sie mittlerweile auf einen „Stamm“ von Helfern und Sponsoren zählen, der natürlich jederzeit Zuwachs bräuchte. Denn eins macht auch die diesjährige Handicap-Olympiade klar: Die Teilnehmer sind hochmotiviert, für jedes Angebot dankbar. Und sie können sich über ihre Leistung an solchen Tagen so herzerfrischend und ehrlich freuen. So geht Sport!