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Sportplatz Hagenwerder sollte längst stillgelegt sein

Die Stadt ließ alle Fristen verstreichen, sagt das Ministerium. Der Sportverein startet nun eine Petition für den Erhalt.

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© Pawel Sosnowski

Von Ingo Kramer

Hagenwerder. Für Alexander Bertram ist die Sache völlig klar: Der Sportplatz Hagenwerder hätte eigentlich längst stillgelegt werden müssen. Es gebe einen Änderungsbescheid vom 18. September 2015, sagt der Pressesprecher des sächsischen Innenministeriums (SMI). Darin stehe wörtlich: „Mit Inbetriebnahme des Stadions der Freundschaft ist der Sportplatz Hagenwerder stillzulegen. Mit dem Verwendungsnachweis ist ein entsprechender Nachweis über die Stilllegung des Sportplatzes Hagenwerder einzureichen.“ Hintergrund: Das Stadion wurde mit Hochwasser-Fördermitteln als Ersatz für Hagenwerder gebaut, folglich muss der Platz in Hagenwerder geschlossen werden, sonst wäre es kein Ersatz, sondern ein Zusatzangebot. Tatsächlich wurde der Platz erst vorige Woche gesperrt – und die Sportler von der ISG Hagenwerder sind sauer. Zum einen, weil der Platz völlig intakt ist, sogar zu den besten Rasenplätzen in Görlitz gehört. Zum anderen auch, weil sie erst wenige Tage zuvor informiert wurden.

Schulen und Vereine dürfen seit August vorigen Jahres im Stadion der Freundschaft trainieren. „Die Erfüllung der Auflage war im fristgerecht am 29. Juni 2018 bei der Sächsischen Aufbaubank (SAB) von der Stadt Görlitz eingereichten Verwendungsnachweis zunächst nicht nachgewiesen worden“, sagt Bertram. Die SAB habe die Stadt zur Stilllegung des Sportplatzes Hagenwerder am 5. Juli angehört mit der Bitte um Rückäußerung bis 3. August. Diese Frist sei auf Antrag der Stadt bis 31. August verlängert worden. Nach dem Verstreichen dieser Frist sei die Stadt von der SAB in einem weiteren Schreiben auf die Konsequenz der Nichterfüllung der Auflage explizit hingewiesen worden. Das wäre der vollständige Widerruf der Hochwasserförderung 2010 von rund 1,3 Millionen Euro plus Zinsen gewesen. Am 20. September habe die Stadt der SAB mitgeteilt, dass die Entscheidung getroffen wurde, die Punktspiele und das Training ab 1. Oktober auf einen anderen Platz zu verlegen.

Nach dieser Darstellung hat die Stadt also erst gehandelt, als es gar nicht mehr anders ging, weil der Druck von oben zu stark wurde. Tatsächlich hat sie demnach aber seit September 2015 gewusst, dass sie entweder den Sportplatz Hagenwerder schließen oder die 1,3 Millionen Euro zurückzahlen muss. Indirekt hat OB Siegfried Deinege das vorige Woche auch im Verwaltungsausschuss bestätigt: „Es gab Beschlüsse, über die ich mich hinweggesetzt habe. Jetzt kann ich das aber nicht mehr, weil wir sonst die Fördermittel zurückzahlen müssten.“ Eine Kritik aber wies er zurück: Dass er nicht ausreichend informiert habe. „Ich habe mit Verein und Ortschaftsrat kommuniziert“, so Deinege. Stadt- und Ortschaftsrat Andreas Zimmermann (CDU) behauptete vehement das Gegenteil. Auf den Vermittlungsversuch von Thorsten Ahrens (Linkspartei) hin soll das Rathaus jetzt aufschlüsseln, wer wann informiert wurde.

„Inwieweit die Stadt den Sportverein unterrichtet hat, entzieht sich unserer Kenntnis“, sagt Alexander Bertram. Der SAB und dem SMI seien von der Stadt aber keine möglichen Kompromisse vorgetragen worden, beispielsweise eine Weiternutzung zumindest für das Training. Die Stadt hätte damit aber ohnehin keine Chance gehabt: „Unabdingbare Voraussetzung für die Förderung einer Hochwasserschadensbeseitigung an anderer Stelle ist, dass der geschädigte Standort nicht mehr genutzt und stillgelegt wird. Eine Nutzung des Sportplatzes zu Trainingszwecken würde diesem Ansinnen widersprechen.“

Der Sächsische Landesrechnungshof (SRH), der das SMI 2015 erst auf das Thema aufmerksam gemacht hatte, hat sich hingegen nicht mit eventuellen Kompromissen befasst. „Dazu, ob das auch das Training betrifft, haben wir uns nicht geäußert“, sagt Romy Kuhn vom SRH. Ob eine Nutzung des Rasenplatzes zum Training möglich ist, sei auch heute keine vom SRH zu beantwortende Frage.

Trotz der dargestellten Faktenlage sehen vor Ort in Görlitz viele die Schuld beim Freistaat Sachsen. Zuletzt erklärte der Vorstand des Stadtverbandes der FDP in einer Pressemitteilung, er habe „für derartige Stilblüten sächsischer Politik kein Verständnis“ und werde nach Möglichkeiten zur Unterstützung der betroffenen Sportler in Hagenwerder suchen. Bei derartigen Folgen sächsischer Fördermittelpolitik wundere es kaum, wenn die Einwohner den Glauben an die Politik verlieren. Die Sportler von der ISG Hagenwerder wollen die Schließung derweil nicht hinnehmen. Sie haben im Internet eine Petition an das SMI für den Erhalt des Platzes gestartet. Seit 12. Oktober haben schon 804 Menschen unterzeichnet, darunter 396 aus Görlitz. Nötig sind 840 Görlitzer, dann könnte die Petition beim SMI eingereicht werden.

www.sz-link.de/Petition-Hagenwerder