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Spielzeuggeschäft im Wandel

Sieglinde Herrnsdorf führte ihren Laden in Kamenz mit Liebe. Ein kleiner Nachruf und die Frage, wie es weitergeht?

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© Matthias Schumann

Von Ina Förster

Kamenz. Viele erinnern sich an die zierliche, lebensfrohe, blonde Frau. Es ist noch nicht lange her, dass man ihr zuwinken, zulachen oder mit ihr einen kurzen Plausch halten konnte. Sieglinde Herrnsdorf sprühte Zeit ihres Lebens nur so vor Unternehmungslust. Und vor Mut. Auch und vor allem, als sie vor Jahren erfuhr, dass sie sehr krank ist. Die Kamenzerin ließ sich jedoch nicht von der schrecklichen Diagnose Krebs unterkriegen. Fast bis zum Schluss lebte sie ihr Leben. Aufrecht. Mit dem Blick nach vorn.

Nach ihrem Tod Ende März fehlt die Kamenzer Geschäftsfrau nun sehr vielen. Nicht nur ihrem Mann, dem Sohn, den Enkeln. Auch ihren Kunden, für die sie immer da war. Fast bis zuletzt. Deren Wünsche sie immer zu erfüllen versuchte. Mit dem Schönsten, was es für Kinder gibt – mit Spielzeug.

Verkäuferin Heidrun Jacob stehen die Tränen in den Augen, wenn sie zurückdenkt. Noch ist alles frisch, ist es morgens schlimm, wenn sie in den leeren Laden tritt. „Es fehlt natürlich etwas ohne die Chefin“, sagt sie. Auch wenn alle wussten, dass der Kampf gegen den Krebs irgendwann zu Ende gehen würde. Viele Geschäftsleute der Bautzner Straße trauern der netten Kollegin nun natürlich ebenfalls hinterher.

Immerhin prägte sie 28 Jahre lang das Gesicht der Einkaufsstraße mit. In guten, wie in schlechten Zeiten. Sie setzte sich unter anderem dafür ein, dass Pflanzungen und Deko vor dem Laden standen. Trotzdem Unbekannte ständig etwas mitgehen ließen. Und Ehemann Rainer Herrnsdorf unterstützte sie dabei. Als die gelernte Uhrmacherin nach ihrer Zeit im Konsum darüber nachdachte, ob sie sich selbstständig machen sollte, stand er ihr zur Seite. „Andere verkauften nach der Wende Fernseher und Autos en gros. Wir entschieden uns dafür, etwas für die Kinder zu tun“, erinnert er sich heute. Damit hatte man einen guten Riecher.

Die Ära des kleinen Spielwarenladens von Sieglinde Herrnsdorf geht nun allerdings zu Ende. Doch Kamenz darf trotzdem hoffen. Auch wenn ab 5. Juli der Ausverkauf des Sortimentes startet. „Mit dem viel zu frühen Tod von Sieglinde Herrnsdorf hat das beliebte Kamenzer Spielzeuggeschäft an der Bautzner Straße eine wichtige Bezugsperson verloren“, sagt City-Managerin Anne Hasselbach dazu. „Das Citymanagement ist auch in solchen Fällen um Nachfolgeregelung bemüht. Dabei konnte ich auf einen interessanten Kontakt zurückgreifen, der für diese Situation infrage kommen könnte. Nach intensiven Gesprächen mit Jan Rasche über wirtschaftliche Konsequenzen und über ein neues Ladenkonzept mit hybridem Charakter, hat der ehemalige Kamenzer den Mut gefasst, eine Testphase mit Wiedereröffnung im Spätsommer zu starten“, so Anne Hasselbach.

Gespräche mit Nachfolger

Rainer Herrnsdorf bestätigte diesen Kontakt und befindet sich derzeit in intensiven Gesprächen mit dem potenziellen Interessenten. „Noch ist nicht alles hundertprozentig in trockenen Tüchern, aber wenn wir uns einig werden, möchte der Nachfolger bereits im August starten“, sagt der Kamenzer Geschäftsmann. Jan Rasche kommt aus Verbundenheit in seine alte Heimat Kamenz zurück und hatte die Überlegung angestellt, hier seinen Online-Spielwaren-Handel auch stationär zu etablieren. Damit hätte das Geschäft eine Überlebens-Chance.

Online vertreibt Jan Rasche bereits erfolgreich hochwertiges Spielzeug, ausgewählte Marken, ein besonders großes Sortiment an Holzspielzeug und Produkte mit Bio-Komponenten. Aber auch regionale Produkte der Kamenzer Firma Kunststofferzeugnisse Stephan sind beispielsweise mit im Sortiment.

Ausverkauf zu tollen Preisen

Für das neue Konzept plant er natürlich auch die Übernahme der Mitarbeiterin Heidrun Jacob. Fünf Jahre lang war die Kamenzerin bereits mit im Geschäft tätig, nahm Sieglinde Herrnsdorf bis zuletzt viel Arbeit ab. Sie soll nun das Bindeglied zur bisherigen Kundschaft werden und ist bereit für neue Aufgaben. Die Nachfragen der treuen Kunden zeigen, dass es großes Interesse an der Fortführung des Geschäftes gibt.

Bis dahin wird aber nun erst einmal fleißig ausverkauft. Am Donnerstag, dem 5. Juli, gibt es den Startschuss dazu. „Wir bieten bis zum 31. Juli immerhin 30 Prozent auf alles an“, sagt Heidrun Jacob. „Das lohnt sich gerade jetzt in der Zeit vor dem Schuleingang sehr“, weiß die erfahrene Verkäuferin.