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Spaziergang durch 790 Jahre

Die Rammenauer feiern am Wochenende ganz groß, aber ohne Festumzug. Stattdessen hatten sie eine andere Idee.

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© Rocci Klein

Von Ingolf Reinsch

Rammenau. Wissen Sie, wie schön Sie es hier haben? Diesen Satz hört Elke Kliemand immer wieder von Rammenau-Besuchern, wenn sie im Schmiedeladen am Dorfplatz am Wochenende Dienst macht. An diesem Sonnabendnachmittag wird die agile, freundliche Frau nicht im Schmiedeladen der Gemeinde, sondern auf dem Dorfplatz stehen und hoffentlich viele Gäste auf eine Erlebnistour durch ihren Ort schicken. Rammenau feiert an diesem Wochenende sein 790-jähriges Bestehen. Ein Festumzug aus diesem Anlass wäre eine Option gewesen. Doch die Rammenauer hatten eine andere Idee. Unter dem Motto „Rammenau erlebbar – in acht Stationen durch unser 790-jähriges Dorf“ schicken sie Besucher drei Stunden lang auf eine historische Entdeckungsreise. Zu Fuß, in einer Kutsche und einem Sonderbus können die Besucher acht Stationen ansteuern, an denen Episoden aus der langen Ortsgeschichte erlebbar werden. Über ein Jahr lang arbeiteten Dorfbewohner auf das Fest hin – und steckten viel Herzblut in die Vorbereitung.

An acht Stationen kann man am Sonnabend das 790-jährige Rammenau erkunden. Ausgangspunkt ist der Dorfplatz. Dort wird Elke Kliemand Flyer mit dem Ortsplan verteilen, auf dem alle Stationen beschrieben sind. Der Plan hängt bereits jetzt an einer Tafel auf
An acht Stationen kann man am Sonnabend das 790-jährige Rammenau erkunden. Ausgangspunkt ist der Dorfplatz. Dort wird Elke Kliemand Flyer mit dem Ortsplan verteilen, auf dem alle Stationen beschrieben sind. Der Plan hängt bereits jetzt an einer Tafel auf

Dorfleben an acht Stationen

In ihrem karierten Kleid, mit Strohhut und Korb wird Elke Kliemand am Sonnabend nicht zu übersehen sein. Sie verteilt die Flyer mit dem Ortsplan, auf denen alle acht Stationen eingetragen sind. Gäste erleben unter anderem traditionelles Handwerk, indem sie in der Schmiede Knut Winkler beim Schauschmieden zuschauen und in der Brettmühle am Oberteich den Erzählungen von Gottfried Vetter zuhören können. Der spricht noch den richtigen alten „Ramm’schen Dialekt“, sagen Elke Kliemand, Mareen Ritscher und Theresia Windrich im Gespräch mit der SZ. Nahe der Sägemühle kann man sich bei Holger Scheumann über die Geschichte der Rammenauer Teiche informieren, die noch heute das Dorfbild prägen. Im Café „Zur Fichte 15“ nahe dem Barockschloss sehen die Besucher historische Technik, darunter Dumper, eine Leinölpresse und eine Kartoffelwäsche. Von dort aus sind es über die Wiese nur wenige Meter bis zum „Zollhaus“. Gebaut wurde es für den in Rammenau gedrehten Film mit Dean Reed „Aus dem Leben eines Taugenichts“. Doch diesmal geht es nicht um den Defa-Star, sondern um den Rammenauer Jugendklub, der später das Haus nutzte. Doch an Rammenau in Film und Fernsehen wurde für den Dorfrundgang auch gedacht: Im „Alten Gefängnis“ laufen an diesem Nachmittag drei Filme. Vom Gefängnis ist es gedanklich nur ein kurzer Sprung zur Hinrichtungsstelle. Vor Ort ist es dann aber doch ein Stückchen. Deshalb pendelt zwischen Dorfplatz und Schaudorf ein Bus, den Besucher kostenlos nutzen dürfen. „Die Erzählung von der Ramm’schen Suppe, mit der eine Rammenauerin ihren Ehemann ins Jenseits beförderte, ist weithin bekannt. Dass deren Köchin und ihr Liebhaber 1817 mit dem Schwert im Schaudorf hingerichtet wurden, weniger“, sagt Mareen Ritscher. Es war die letzte Hinrichtung im Ort. Hildemar Hentsche recherchierte zur Geschichte und kann viel darüber erzählen. Auch die Kirche ist für Besichtigungen geöffnet. Wer es beschaulich mag, kann in einer Kutsche Rammenaus Ortsmitte erkunden. Herzhaftes sowie Kaffee und Kuchen werden in der Alten Schmiede und in der „Fichte 15“ verkauft.

Viele packen mit an im Dorf

Viele engagieren sich ehrenamtlich in und für Rammenau – nicht nur am Festwochenende. Man merkt es im Gespräch und sieht es am Ortsbild – die Rammenauer sind stolz auf ihr Dorf, das – mit Gold prämiert – zu den schönsten Deutschlands gehört. Mareen Ritscher schätzt unter anderem die herrliche Umgebung. Wenn sie Erholung sucht, setzt sie sich aufs Fahrrad und fährt eine Runde. „Das ist wie ein kleiner Urlaub“, sagt sie. „Rammenau hat viele aktive Menschen“, sagt Elke Kliemand. Es gibt rund 15 Vereine. „Viele packen mit an, damit Rammenau so aussieht, wie es aussieht“, sagt sie. Theresia Windrich betont, dass die Dorfbewohner offen sind und die Gemeinde attraktiv auch für junge Leute ist. Mit Ausnahme von zwei leerstehenden Häusern sieht man im Ort keinen Verfall. Keine Frage, Rammenau ist schön und immer wieder eine Entdeckung wert. Elke Kliemand und ihre Mitstreiter werden es wohl auch an diesem Sonnabend hören.

Aus dem Festprogramm

Freitag
19 Uhr Eröffnungsparty mit Band Retroskop und DJ Romano (Vorverkauf vier, Abendkasse fünf Euro)

Sonnabend
ab 10 Uhr Flohmarkt

ab 13 Uhr Fußballturnier

ab 14 Uhr Schaustellerbetrieb

ab 20 Uhr Konzert/Tanz mit Scirocco (VVK vier, Abendkasse fünf Euro)

Sonntag
9.30 Uhr Gottesdienst im Festzelt

ab 14 Uhr Schaustellerbetrieb und Familienprogramm

18 Uhr Auftritt der Rammenauer und Faschingsklub; 22 Uhr Feuerwerk

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Rammenau erlebbar: Sonnabend, 23. Juni, von 14 bis 17 Uhr. Optimaler Ausgangspunkt ist der Dorfplatz.