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Sozialer Treffpunkt im Jeans-Look

Vor 25 Jahren eröffnete Tina Meinert das „Colorado“. Heute betreibt sie am Altmarkt mehr als einen Modeladen.

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© Rocci Klein

Von Franziska Springer

Bischofswerda. Die Stadt Bischofswerda wird aus offensichtlichen Gründen eher nicht zu den Modemetropolen dieser Welt gezählt: Zahlreiche Schaufenster in der Innenstadt präsentieren nur gähnende Leere, der Einzelhandel zieht sich zurück und zeitgemäße, individuelle Mode muss man suchen. Aber es gibt sie: Ganz hinten, in der Ecke des Altmarkts etwa, bietet Tina Meinert in ihrem „Colorado – Fashion und Streetwear“ Produkte zahlreicher Modemarken an, die man für gewöhnlich eher in großen Einkaufstempeln vermutet. Und das schon seit 25 Jahren!

Das Mode-Gen wurde der 48-Jährigen bereits in die Wiege gelegt: Schon ihre Mutter führte ein Bekleidungsgeschäft in Bischofswerda, das unter dem Namen „Modesalon für den Herrn“ firmierte. Doch vom Klamottenverkauf wollte Meinert lange Zeit nichts wissen. Stattdessen entschied sie sich für eine Ausbildung zur Krankenschwester, bis sie schließlich doch ihre Passion im gleichen Beruf wie die Mutter fand: Am 1. April 1993 eröffnete sie ihren eigenen Laden – das „Colorado“ war geboren.

Erste Kontakte auf einer Jeansmesse

„Es gab nach der Wende in Bischofswerda nicht ein einziges Bekleidungsgeschäft für junge Mode“, begründet sie diesen mutigen Schritt. Auf einer Jeansmesse knüpfte sie erste zaghafte Kontakte und mietete schließlich ein Ladenlokal in der Dresdner Straße an. „Damals war es um den Einzelhandel in der Stadt noch wesentlich besser bestellt“, erinnert sie sich. „An jeder Ecke gab es gut gehende Geschäfte.“

Auch ihre Boutique lief besser als erwartet – vor allem, weil sie auf die Erfahrung ihrer Mutter bauen konnte, erinnert sich die großgewachsene Unternehmerin mit der wilden, schwarzen Mähne. Vom Erfolg der Schwester ermutigt, stieg Meinerts Bruder, Heiko Ronge, ins Geschäft ein. Der Laden etablierte sich so schnell, dass das Geschwisterpaar schon ein Jahr nach der Unternehmensgründung eine Filiale in Radeberg eröffnen konnte. Auch das zweite Geschäft fand Anklang bei den Kunden. Bis im Jahr 2014 der Umbau im Dresdner Elbepark bewirkte, dass Meinerts Kundschaft sich dem dortigen, deutlich größeren Angebot junger Marken zuwandte.

Die Filiale in Radeberg gibt es heute nicht mehr. Wohl aber Meinerts wertvollste Errungenschaft aus jener Zeit: ihre Angestellte Kathrin Frantz. Seit das Radeberger Geschäft vor 24 Jahren eröffnete, ist Frantz’ an Meinerts Seite: „Es ist, als führten wir eine richtig gute Ehe“, schwärmt die Chefin. „Wir halten zusammen und ergänzen uns gegenseitig bestens.“ Beim Thema Ladendekoration etwa, verlässt sich die zweifache Mutter, die man privat schon auch mal in Jogginghosen beim Einkaufen treffen kann, ganz auf ihre gute Seele: „Dafür hat sie einfach das bessere Händchen.“

Kampf gegen den Online-Handel

Ein glückliches Händchen bewies auch Meinert, als sie 1996 mit ihrem Bischofswerdaer Geschäft in die jetzigen Räume am Altmarkt zog. Auf etwa 110 Quadratmetern bietet sie hier ständig wechselnde Marken in allen Preislagen an. Ihre Stammkunden wissen und schätzen das – genau wie die persönliche Beratung und die Herzlichkeit der beiden „Colorado“-Frauen: „Wir sind schon auch ein sozialer Treffpunkt und manchmal sogar Psychologen“, lacht Meinert. Das ist zwar schön, kann aber nicht über ein Dilemma hinwegtäuschen: Laufkundschaft kommt nur noch wenig. Wie alle Einzelhändler kämpft Tina Meinert gegen den boomenden Internethandel, aber auch andere Sorgen plagen sie: „Auf den Parkplätzen vor dem Laden fallen Gebühren an, im Umfeld gibt es nur wenige andere Einkaufsmöglichkeiten, der Markt ist insgesamt sehr ruhig – all das ist für das Anwerben neuer Kunden nicht vorteilhaft.“

In der Pflicht zur Wiederbelebung der Innenstadt sieht Meinert vor allem die Stadtverwaltung: Mit einem überzeugenden Konzept könne man sicher große Ketten in die Stadt locken, denkt sie. Vorerst hofft sie auf die Drogeriekette Rossmann, die bald wieder am Altmarkt zu finden sein wird und vielleicht auch Kunden anzieht, die sich dann im „Colorado“ wiederfinden. Tina Meinert ist bescheiden – auch, was ihre anderen Wünsche für die Zukunft angeht: „Ich würde schon gern auch das 30-jährige Jubiläum des Ladens feiern“, sagt sie. „Aber wer weiß, ob es stationäre Läden wie unseren überhaupt noch lange gibt.“