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So weit die Füße tragen

15 Schüler vom Augustum-Annen-Gymnasium reisen für drei Wochen nach Nepal. Eine Reise, die zehn Tage Fußmarsch beinhaltet. Die letzten Vorbereitungen.

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© Pawel Sosnowski

Von Susanne Sodan

Görlitz. Hannas Vater wollte immer schon mal ein paar Tage in freier Wildbahn verbringen. Diese Gelegenheit bekam er jetzt. Tochter Hanna musste trainieren. Ab kommender Woche braucht sie die Kondition, um weite Strecken durch bergige Landschaften zu bewältigen. Also ging es zur Vorbereitung in die Sächsische Schweiz. Vier Tage lang wanderten Hanna und ihr Vater quer durchs Gebirge, übernachteten in Biwak-Hütten. Ein gutes Training für Nepal, das Reiseziel für 15 Schüler des Annen-Gymnasiums, drei Lehrer und eine Ärztin. Am Sonntagmorgen geht es los. Drei Wochen lang werden sie das südasiatische Land erkunden – größtenteils zu Fuß. Worauf sich die Schüler besonders freuen: ihr Partnerdorf Pelmang. „Wir haben schon lange Kontakt zu dem Dorf und wir haben lange darauf gewartet, unsere Paten dort kennzulernen“, sagt die 16-jährige Mila.

Katrin Götz ist Mathelehrerin am Annen-Gymnasium Görlitz. Und sie ist ein großer Nepal-Fan. Sie hat dort vor sechs Jahren einen Teil ihres Sabbatjahres verbracht, in Pelmang hat sie unterrichtet. Und in Görlitz hat sie den Pelmang-Verein gegründet, der die Dorfbewohner mit verschiedenen Mitteln und Projekten unterstützt. Bis heute sind Katrin Götz und die anderen Vereinsmitglieder regelmäßig zu Besuch in Pelmang, Eine Begeisterung, mit der die Lehrerin auch ihre Schüler anstecken konnte. Die waren damals in der fünften Klasse, als sie selber anfingen sich für Nepal zu interessieren. Über die Jahre entstanden zum Beispiel Brieffreundschaften mit Jugendlichen in Pelmang. Zeit, für ein Kennenlernen von Angesicht zu Angesicht.

Am Sonntag müssen die 15 Schüler und die Lehrer Katrin Götz, Michael Schnabel und Hubertus Kaiser sehr zeitig aufstehen. Frühmorgens wird der Bus abfahren, der sie nach Tegel zum Flughafen bringt. Von dort geht es erst nach Istanbul, dann nach Kathmandu, Nepals Hauptstadt. Zwei Tage lang bleibt die Gruppe dort, um eine Schule zu besuchen und nepalesische Kultur in Echt kennenzulernen. Die Schüler werden zum Beispiel religiöse Stätten des Buddhismus und Hinduismus besuchen.

Dann wird es ernst für Füße und Kondition. Teils per Jeep, größtenteils aber zu Fuß geht es gen Osten nach Pelmang. Drei Tage sind dafür eingerechnet. Übernachtet wird in sogenannten Homestays, im Grunde Privathäuser, in denen Nepalesen Durchreisenden abseits der gängigen Tourismusrouten eine Unterkunft für die Nacht bieten. Im Dorf selber werden die Schüler vier Tage bleiben – um ihre Paten kennenzulernen, Unterricht mit Schülern der beiden dortigen Schulen zu machen, die Traditionen des Dorfes zu erleben – und 300 Kilo Kleidung an die Bewohner zu verteilen, die sie vorher gesammelt haben. „Und dann geht es in die hohen Berge“, sagt Michael Schnabel. Ziel: den Mount Everest sehen. Die Berglandschaft, der Ausblick auf den höchsten Berg der Erde, das sei wirklich ein erhebendes Gefühl, erzählt Katrin Götz. Aber dorthin zu gelangen, bedeutet auch fünf Tage Fußmarsch bis hinein in den Everest-Nationalpark. Zurück nach Kathmandu wird die Schüler schließlich ein kleiner Flieger bringen.

Nicht nur Hanna, alle Schüler haben sich gut vorbereitet. Unterstützung kam dabei von Torsten Weber, sportbegeisterter Lehrer am Curie-Gymnasium. Mit ihm war ein großer Teil der Jugendlichen für vier Tage im Riesengebirge. „Das war sehr anspruchsvoll“, erzählt Laura. Jeden Tag haben die Schüler rund 20 Kilometer zurückgelegt, und Weber hatte sich noch ein paar Extra-Aufgaben einfallen lassen. Jetzt stehen die allerletzen Vorbereitungen an. Die Packliste füllt ein A-4-Blatt. Die Herausforderung: Es muss an jede Wetterlage gedacht sein. Tagsüber ist in den Bergen mit rund 20 Grad zu rechnen, nachts könne es aber schon empfindlich kalt werden, erzählt Michael Schnabel. Und trotzdem darf jeder nur 15 Kilogramm mitnehmen. Der Rest des Gepäcks, eigentlich der größere Teil, sind die 300 Kilogramm Sachen für die Bewohner von Pelmang. Entsprechend detailliert ist die Packliste für die Schüler. Wie viele Socken mitzunehmen sind, steht zwar nicht drauf, schon aber wie viele dünne und wie viele dicke Pullover eingepackt werden sollen. Von Müllbeuteln für Schmutzwäsche bis zur Trinkflasche, von der Mütze bis zu Sandalen, vom Visa-Antrag bis zu den Elektrolyttabletten – bloß nichts vergessen.

Apropos Tabletten. Begleitet werden die Schüler und Lehrer von einer Ärztin, Katrin Götz’ Tochter. Dass sie in ihrer medizinischen Funktion wirklich gebraucht wird, hofft niemand. Aber es sei für alle eine Beruhigung, dass sie dabei ist. Katrin Götz weiß aus Erfahrung, dass manche Nepal-Besucher zum Beispiel die Essensumstellung nicht so recht vertragen. Für den Fall der Fälle hat die Gruppe eine Versicherung mit Hubschraubertransport abgeschlossen. Und ganz auf sich gestellt ist die Gruppe auch nicht. Teils werden die Schüler von Trägern begleitet – die 300 Kilo Kleidung nach Pelmang zu tragen würden sie alleine nicht schaffen. Und für den größten Teil der Reise ist Macchindra an ihrer Seite, ein Bergführer aus Nepal, der die Schüler Ende August in Görlitz besuchte. Am Flughafen von Kathmandu gibt es ein Wiedersehen.