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„So was hat noch niemand in Deutschland“

Handelshof-Geschäftsführer Steffen Währa zeigt der SZ die neue Halle. Dort läuft’s bald vollautomatisch.

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© Lutz Weidler

Von Christoph Scharf

Riesa. Noch kann Steffen Währa ganz entspannt auf der Rollenbahn sitzen. Doch damit ist es bald vorbei. „Wir ziehen rings um die Anlage einen Zaun. Wenn dann jemand die abgesperrte Fläche in der Halle betritt, wird ein Alarm ausgelöst. Und alles steht still.“ Stillstand allerdings soll es im Neubau des Unternehmens Handelshof am Stadtrand von Riesa nicht geben. Ganz im Gegenteil. In dichter Folge sollen dann Stahlträger über die Rollbahnen gleiten, wie von Zauberhand die Spuren wechseln und so von einem Ende der 66 Meter langen Halle bis zum anderen kommen. Und zurück. „Wir installieren hier zwei Sägen, eine Bohr-, eine Strahl- und eine Lackieranlage“, sagt der 45-Jährige.

Wie groß die neue Halle ist, macht ein Blick aus der Luft deutlich: Sie misst fast 8000 Quadratmeter. Eine Solaranlage soll etwa die Hälfte der Stromkosten decken.
Wie groß die neue Halle ist, macht ein Blick aus der Luft deutlich: Sie misst fast 8000 Quadratmeter. Eine Solaranlage soll etwa die Hälfte der Stromkosten decken. © Lutz Weidler

Klingt zunächst nicht spektakulär: Das dürfte es so ähnlich in etlichen Metallbetrieben geben. „Doch in der Komplexität hat das laut Hersteller noch niemand in Deutschland“, sagt Steffen Währa. Denn bedient werden die Maschinen nicht von Arbeitern im Blaumann, die daneben stehen und Knöpfchen drücken. Tatsächlich lässt der Baustoff-Spezialist künftig die Anlage aus den Büros im Anbau der neuen Halle am Ortsausgang nach Strehla programmieren: Dort können sich die Kunden nicht nur wünschen, wie lang, breit und hoch ihre Stahlträger wird. Sondern auch millimetergenaue Bohrungen kreuz und quer, Schlitze oder Einschnitte. „Wir können auch Zahlen und Buchstaben reinmachen“, sagt der Geschäftsführer.

Alles, was die Kollegen in der Halle noch tun müssen, ist, das Stahlteil per Kran an eine sogenannte Einschleus-Station zu befördern – einem Eingang zum für Menschen verbotenen Bereich. Von dort an kümmert sich die Maschine von allein. „Sie erkennt an einem Barcode-Aufkleber, um welches Stahlstück es sich handelt“, sagt Währa. Dazu passend wählt die Anlage das gespeicherte Programm – und los geht’s. „Auf Wunsch fährt das Werkstück nach Säge- und Bohranlage auch gleich noch in die Strahlmaschine, wo es mit Kügelchen von Ervin aus Glaubitz beschossen wird.“ Letzte mögliche Station ist der sogenannte Primer, wo es eine Rostschutzlackierung gibt.

Bis zu 18 Meter lang sind die Stahlträger, die Handelshof im Angebot hat. „Diese Länge braucht zwar kaum jemand, aber so bleibt am ehesten ein nutzbares Reststück übrig, wenn jemand acht oder zehn Meter bestellt“, sagt Währa. Denn ein Ein-Meter-Rest von einem massiven Doppel-T-Träger ist so gut wie unverkäuflich – und landet früher oder später im Schrott.

Bislang wählten die Mitarbeiter aus, welchen angefangenen Träger man möglichst ökonomisch für welchen Auftrag verwendet – künftig übernimmt das die Maschine. „Am 22. September wollen wir die Halle mit geladenen Gästen eröffnen“, sagt der Mecklenburger. Zuvor kommt aber noch die größte Herausforderung der insgesamt 7,5 Millionen Euro teuren Investition: Die endgültige Installation und Programmierung der Technik, die allein drei Millionen Euro kostete.

„Dafür werden wir alle Mitarbeiter noch mal kräftig schulen müssen, weil sich die Arbeitsabläufe deutlich verändern“, sagt Währa. Für die Kunden – im Regelfall Firmen – soll sich das Angebot deutlich erweitern: Bislang bezog man bei Handelshof solche vorgearbeiteten Stahlprodukte aus Stendal. Künftig deckt Riesa selbst den Südbereich der Handelshofgruppe ab, was dem Bereich Riesa, Bautzen, Bitterfeld, Cottbus entspricht. Weil Nacht für Nacht Lkws im Ringverkehr zwischen den Standorten unterwegs sind, sollen zwischen Bestellung und Lieferung der Stahlteile nur zwei Tage liegen.

Damit das klappt, hat Handelshof auch seine Mitarbeiterzahl aufgestockt: Statt rund 100 am Standort Wittenberger Straße sind es nun rund 115. Wer sich anschauen will, wie sie in der neuen Halle arbeiten, kann das am 27. Oktober: Dann macht Handelshof bei den Tagen der offenen Wirtschaft des Wirtschaftsforums mit.