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So lief die Turbo-Rettung der Operette

Samstag steigt die erste Premiere nach der katastrophalen Schlamperei vom Herbst. Es hätte noch viel schlimmer kommen können.

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Dresden. Es war reine Routine, als Techniker am 18. Oktober die Brandmeldeanlagen prüften. „Eigentlich sollten die Brandmelder an der TJG-Bühne gewartet werden“, erklärt Norbert Horn von der städtischen KID, die das Kraftwerk Mitte für Operette und Theater Junge Generation umgebaut hat. Das Wasser der Sprühflutanlage war bereits abgestellt. „Doch dann hat der Mitarbeiter der Wartungsfirma den falschen Knopf am Computer gedrückt“, so Horn. Die Brandmelder an der Operettenbühne lösten aus, und sofort sprangen die Wasserfontänen an, um den vermeintlichen Brand zu löschen. 16 000 Liter Löschwasser strömten auf die Bühne, durchnässten Technik und sämtliche Scheinwerfer.

Bühne frei für Hauptdarstellerin Maria Perlt: Am Samstag steigt die Premiere der Operette „Frau Luna“ – nur eine Woche später als ursprünglich geplant.
Bühne frei für Hauptdarstellerin Maria Perlt: Am Samstag steigt die Premiere der Operette „Frau Luna“ – nur eine Woche später als ursprünglich geplant. © ronaldbonss.com
Der im Juli 2017 an das Kraftwerk Mitte angebrachte Operetten-Schriftzug macht wieder Sinn: Ab Sonnabend wird die Bühne wieder bespielt.
Der im Juli 2017 an das Kraftwerk Mitte angebrachte Operetten-Schriftzug macht wieder Sinn: Ab Sonnabend wird die Bühne wieder bespielt. © Sven Ellger

Die Bühne war unbespielbar. Insgesamt fielen 27 Vorstellungen bis Ende November aus. „Mitte November war noch unklar, wie lange die Reparaturen dauern und ob wir eine Interimsspielstätte brauchen“, sagt Operetten-Intendant Wolfgang Schaller. Auch, ob das Geld reicht, um neue Scheinwerfer anzuschaffen, war da noch unklar. „Dann haben wir auch wieder Glück gehabt“, ordnet Schaller ein. Stadtverwaltung, -rat, Eigentümer und die Operette haben sich verständigt. Anfang Dezember entschied der Stadtrat, sofort 240 000 Euro bereitzustellen, und auch der Operettenhaus-Verein spendete. Dadurch konnten die Arbeiten beschleunigt werden, und es wurde keine Interimsspielstätte benötigt. „Die wäre etwa doppelt so teuer geworden“, so Schaller.

Jetzt, gut drei Monate danach, sind die Schäden zwar noch nicht alle behoben. Aber es kann wieder losgehen auf der Operettenbühne – am Samstag. Rund 25 Arbeiter von sieben Firmen haben täglich gewerkelt. Auf einer Fläche von etwa 1 000 Quadratmetern mussten der aufgequollene Holzboden, Unterbau und Dämmung heraus. 770 Kilo Putzlappen, 100 Liter Reinigungsmittel und Rostentferner, 200 Staubsaugerbeutel und 300 Müllsäcke wurden verbraucht. Dann kam neuer Boden darauf, der wurde geschliffen und gestrichen.

Mindestens genauso heftig traf es die Beleuchtung, allein die 370 Scheinwerfer kosten rund 900 000 Euro. „Es war schwierig, die Versicherung zu überzeugen, dass sie durch Reparatur nicht wiederherstellbar sind“, erklärt der Technische Direktor der Operette, Mario Radicke. Mittlerweile sind 300 erneuert. Die restlichen folgen.

Nun kann das Ensemble wieder auf der Bühne proben. Das Bühnenbild für „Frau Luna“ steht, auch wenn daneben noch Handwerker arbeiten. Am Samstag steigt die Premiere. Schaller nennt es eine zweite Einweihung der Bühne. Die Operette im Kraftwerk wurde erst im Dezember 2016 eröffnet. „Frau Luna“ habe sogar nur eine Woche Verzögerung zum Spielplan.

Noch bis April wird es Verschiebungen im Spielplan geben. Danach soll alles wieder laufen wie ursprünglich geplant. Doch erst im Herbst wird die komplette Bühne wieder in dem Zustand sein wie vor der Havarie.

Horn sagt, bisher habe die KID 1,8 Millionen Euro für die Schadensbeseitigung ausgegeben. „Es laufen aber auch derzeit Arbeiten, die noch abgerechnet werden, und wir rechnen mit Spätausfällen bei einigen Geräten.“ Mit bis zu drei Millionen Euro Schaden sei zu rechnen. Momentan zahle die Versicherung der KID, hole sich das Geld aber von der Wartungsfirma wieder. Dazu kommen 480 000 Euro Einnahmeverlust bei der Operette. Es kamen insgesamt rund 20 000 Besucher weniger. Die Mitarbeiter sind noch dabei, Karten umzubuchen und das Geld von verkauften Tickets für abgesagte Veranstaltungen auszuzahlen. Damit so etwas nicht wieder passiert, wurde das Wartungsverfahren geändert. Ab sofort sind bei Arbeiten vor sämtlichen Anlagen die Schieber geschlossen, damit kein Wasser austreten kann. Schaller hält die Brandschutzvorschriften generell für überzogen und will darüber diskutieren. „Seit 20 Jahren ist kein Theater abgebrannt, aber jedes Jahr saufen fünf ab“, kritisiert Schaller.