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Abstimmung gegen die Tradition

Tausende Kletterer haben für zusätzliche Ringe im Fels gestimmt. Kritiker befürchten damit den Anfang vom Ende.

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© Mike Jäger

Sächsische Schweiz. Das Ergebnis ist eindeutig. Von den 3001 Mitgliedern des Sächsischen Bergsteigerbundes (SBB), die sich an der Abstimmung zum Projekt Johanniswacht beteiligt haben, stimmten 73,1 Prozent für den Vorschlag des Vorstandes. „Das Projekt wird nun umgesetzt“, erklärt SBB-Geschäftsführer Christian Walter. Damit leiten die Bergsteiger eine Wende im traditionellen Felsklettern im Elbsandstein ein.

Gefragt war bei der Abstimmung, ob an der Gipfelgruppe Johanniswacht im Bielatal nachträglich 60 Sicherungsringe gesetzt und weitere fünf Ringe an andere Stellen versetzt werden. Die Befürworter des Projekts sind davon überzeugt, dass mit diesen Ringen 42 Kletterwege sicherer zu begehen sind.

Die Abstimmung, die der Vorstand des Sächsischen Bergsteigerbundes initiiert hatte, lief vom 3. bis 30. April. 10 837 stimmberechtigte Mitglieder waren aufgefordert, sich zu beteiligen. Wie der SBB mitteilt, wurden 3 001 gültige Stimmen abgegeben. Das Projekt Johanniswacht wurde von 2 194 Mitgliedern befürwortet. Das entspricht 73,1 Prozent.

Hauptsächlich geht es dem SBB-Vorstand um die Absicherung mittelschwerer Wege der Schwierigkeitsgrade IV bis VIIc. „Dies geschieht im Einklang mit den Sächsischen Kletterregeln. Es entstehen dabei keineswegs Sportkletterrouten, sondern sächsische Kletterwege – gut gesichert mit Schlingen und Ringen“, erklärt Walter. Das Ergebnis habe ihn nicht überrascht, sondern darin bestätigt, dass der Vorstand im Sinne seiner Mitglieder handelt. Dass nun mit Traditionen gebrochen wird, sieht er nicht. Es gehe bei dem Projekt ja nicht darum, dass mit den Ringen komplett auf das Schlingenlegen verzichtet werden soll. „Das ist weiterhin nötig“, sagt Walter. Es gäbe jedoch Stellen, an denen das schwierig sei. Weil der SBB-Vorstand aber mehr Leute ermutigen will, auch mal in der Seilschaft vorzusteigen, hält er mehr Sicherheit durch Ringe für das geeignete Mittel.

Ob es das ist, müsse die Zukunft zeigen. Zu dem Projekt gehört laut Walter auch eine Auswertung. Darin soll bewertet werden, welche Auswirkungen die vielen Ringe haben. Erfasst werden soll, wie viele Kletterer die bessere Sicherheit honorieren, ob es Auswirkungen auf die umgebende Natur hat – speziell auf den Felsen, ob es Abwanderungen aus anderen Klettergebieten gibt. Geplant ist, das Projekt für drei Jahre auszuwerten. Sollten es jedoch ausgesprochen schlechte Kletter-Jahre sein, bei denen nur selten das Wetter mitspielt, dann könne der Berichtszeitraum auch auf fünf Jahre ausgedehnt werden, erklärt Walter. Wichtig sei, belastbare Daten zu haben. Die Frequenz, wie viele Kletterer auf der Johanniswacht unterwegs sind, wird beispielsweise über die Einträge in den Gipfelbüchern dokumentiert.

Weitere Kletterfelsen massiv mit zusätzlichen Ringen auszustatten, sei nicht geplant. In Abstimmung mit dem Sachsenforst und der Nationalparkverwaltung habe man bewusst die Johanniswacht ausgesucht und andere Ideen verworfen. Den Ausschlag für diesen Felsen gaben unter anderem, dass das Bielatal mit öffentlichen Verkehrsmitteln gut erreichbar ist und dort keine größeren Trittschäden zu erwarten sind, wenn es tatsächlich künftig mehr Kletterer an die Johanniswacht zieht.