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Silberner Glanz fürs Schlesische Museum

Die Silberwarenfabrik Lemor in Breslau war berühmt. Nachfahre Rainer Lemor leiht seine Sammlung auf Dauer dem Görlitzer Haus.

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© Museum

Von Sebastian Beutler

Dass er einen berühmten Namen für Kenner von schlesischen Silberbestecken trägt, lässt sich nicht verheimlichen: Lemor. So hieß die große Silberwarenfabrik in Breslau, die bis 1945 bestand, und die die einzige in Schlesien war, wie der Görlitzer Museumschef Markus Bauer sagt, „die über die Grenzen der Provinz und des Landes hinaus bekannt und bedeutend war.“ Rainer Lemor kann sich noch gut erinnern, wie er in der Fabrik seines Vaters und seines Onkels spielte und staunend vor den großen Bassins stand, die zum Versilbern und Vergolden dienten.

Silberbestecke wie dieses sind bald im Schlesischen Museum zu sehen.
Silberbestecke wie dieses sind bald im Schlesischen Museum zu sehen. © Museum

Doch der Krieg beendete die glückliche Kindheit abrupt. Schon 1943 verließ Rainer Lemor, Jahrgang 1937, Breslau mit seiner Mutter und seinem Bruder. Über verschiedene Stationen landeten sie schließlich bei Bad Pyrmont, wo sie sich ein neues Leben aufbauten. Der Vater wird seit 1945 vermisst. In Vorahnung hatte die Mutter zwei Jahre vor Kriegsende eine Kiste Silber in den Westen geschickt. Obwohl die Firma wieder gegründet und noch bis 1972 in Heidelberg bestand, war ihr keine große Zeit mehr beschieden. Die Kiste Silber aber wurde zum Grundstock für eine Sammlung aus Bestecken, Leuchtern, Tabletts, Tellern, Services, Etuis und Dosen, die Rainer Lemor seit Mitte der 1980er Jahre aufbaute. Mehr als 2 500 Teile zählt die Sammlung, die Lemor nun als Dauerleihgabe an das Schlesische Museum in Görlitz gegeben hat. Mit der Auflage, dass nicht gezeigte Stücke auch im Haus Schlesien und im Stadtmuseum Breslau ausgestellt werden. Es sei ein einzigartiger Fundus, sagt Museumsleiter Markus Bauer, „der unsere Sammlungen an Porzellan und Glas aus dem Schlesien des 19. und frühen 20. Jahrhunderts aufs glücklichste ergänzt“.

Als sich jetzt der Förderverein des Schlesischen Museums zu seiner jährlichen Mitgliderversammlung in Görlitz traf, da dankte Bauer Rainer Lemor mit einer Ehrengabe für sein Engagement. Martin Kügler vom schlesischen Museum bereitet derzeit aus der Lemor-Sammlung eine große Schau über die Firma vor, die am 7. Dezember im Schlesischen Museum öffnet. Denn vor 200 Jahren ließ sich der aus Unterfranken stammende Theodor Lemor in Breslau nieder und gründete eine kleine Silberschmiedewerkstatt. Daraus entwickelt sich diese größte Silberwarenfabrik Ostdeutschlands, deren edles Tafelsilber im ganzen Land weite Verbreitung fand.

Von diesem günstigen Umstand profitierte letztlich auch Rainer Lemor. Denn außer der Kiste Silber, die die Mutter retten konnte und in der sich einige Stücke des Familiensilbers befanden, hatten die früheren Eigentümer der Fabrik in den Kriegswirren nichts retten können. Als den erfolgreichen Bankier Rainer Lemor schließlich die Sammelleidenschaft packte, da entdeckte er vielerorts Stücke, die einst in Breslau gefertigt worden waren. Im Internetauktionshaus Ebay, bei Antiquitätenhändlern, auf Flohmärkten oder im Kaufhaus des Westens in Berlin wurde Lemor fündig. Der Bonner Tageszeitung „General-Anzeiger“ vertraute er anlässlich einer Ausstellung 2004 an, dass eine Teekanne in seiner Sammlung sogar aus den Vereinigten Staaten stammte.

Schon in der Vergangenheit waren Teile der umfangreichen Silber-Sammlung in deutschen Museen zu sehen gewesen. Beispielsweise gestaltete Rainer Lemor 1993 eine Ausstellung zum 175. Jahrestag der Firmengründung in Haus Schlesien. Es schloss sich eine große Lemor-Ausstellung 2003 und 2004 im Breslauer Stadtmuseum, in Haus Schlesien und im Braunschweigischen Landesmuseum an. Schließlich profitierte auch die Ausstellung „Silber aus Schlesien“, die schon Martin Kügler vom Schlesischen Museum 2010 erarbeitete, vom Lemorschen Silber. Doch nun gibt es noch einmal einen kompakten Überblick. Auch in Buchform. Pünktlich zur Ausstellung erscheint eine Publikation, in der Rainer Lemor rund 140 Besteckmuster der Firma seiner Familie identifiziert.