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Seltene Öfen gefunden

Die alten Überreste wurden bei Grabungen für die Gastrasse in Klipphausen entdeckt. Es gibt kaum vergleichbare Funde.

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© Anne Hübschmann

Von Stephan Hönigschmid

Klipphausen. Dort, wo russisches Erdgas bald durch riesige Rohre strömt und dafür sorgt, dass die Menschen im Landkreis Meißen im Winter nicht frieren müssen, haben Archäologen jetzt einen spektakulären Fund gemacht. Auf einem Feldstück im Klipphausener Ortsteil Röhrsdorf entdeckten sie mehrere Töpferöfen aus der Spätbronzezeit. „Das ist schon etwas Besonderes. Vergleichbare Töpferöfen aus dieser Zeit sind in Deutschland bisher kaum gefunden worden“, sagt Grabungsleiter Matthias Conrad (38).

Fein säuberlich werden die Abschnitte des Grabungsfeldes gekennzeichnet.
Fein säuberlich werden die Abschnitte des Grabungsfeldes gekennzeichnet. © Anne Hübschmann
Das große Gefäß einer früheren und eine Scherbe der aktuellen Ausgrabung.
Das große Gefäß einer früheren und eine Scherbe der aktuellen Ausgrabung. © Anne Hübschmann
Mit einem Pinsel legen die Archäologen bestimmte Überreste der Siedlung frei.
Mit einem Pinsel legen die Archäologen bestimmte Überreste der Siedlung frei. © Anne Hübschmann
Bei den Tonscherben handelt es sich unter anderem um Brandschutt der Öfen.
Bei den Tonscherben handelt es sich unter anderem um Brandschutt der Öfen. © Anne Hübschmann

Die zwei Öfen sind einen beziehungsweise 1,50 Meter lang und können aufgrund der verfärbten Erde genau geortet werden. Obwohl die Bronzezeit, welche von 1200 bis 800 vor Christus dauerte, schon lange her ist, sind die Spuren des 800 Grad heißen Töpferofens noch immer zu sehen. „Wir erkennen das daran, dass der Lößboden an dieser Stelle sehr dunkel ist“, sagt Conrad, der gemeinsam mit dem zweiten Grabungsleiter Christopher Priske (28) sowie acht weiteren Kollegen entlang der geplanten Eugal-Trasse (European Gas Pipeline Link) im Einsatz ist. Derartige Grabungen sind vor Beginn des Bauvorhabens gesetzlich vorgeschrieben. Weil das Verursacherprinzip gilt, müssen die Kosten laut sächsischem Landesamt für Archäologie vollständig von der Firma Gascade übernommen werden, die die Trasse baut. Der Steuerzahler zahlt nichts.

Dass in dem Gebiet so einiges unter der Erde liegt, ist bereits länger bekannt. So gab es schon vor zehn Jahren Ausgrabungen, als die Opal-Pipeline verlegt wurde. Auch damals stießen Experten auf Überreste aus der Bronzezeit. Dennoch gibt es einen entscheidenden Unterschied. Diesmal ist alles noch einmal wesentlich größer.

„Wir schließen an die alten Grabungen an. Vor zehn Jahren haben wir auf einer Länge von 60 Metern ausgegraben. Diesmal sind es 250 Meter.“ Insgesamt untersuche man am Rande des Röhrsdorfer Gewerbegebietes eine Fläche von 5000 Quadratmetern, so Conrad. Tätig werden dürften sie lediglich dort, wo demnächst die Bauarbeiten losgingen. „Obwohl es vielleicht interessant wäre, auch rechts und links der Strecke zu graben, dürfen wir das nicht, weil dort nichts gefährdet ist“, sagt die Sprecherin des Landesamtes für Archäologie, Cornelia Rupp (54).

Jede Menge Arbeit ist es trotzdem. In Fünfzentimeter-Schritten tragen die Archäologen zunächst eine Erdschicht nach der anderen ab – alles in allem 40 Zentimeter. Dabei gilt: Je kleinteiliger es wird, desto kleiner wird auch das Werkzeug. Während am Anfang noch ein Bagger im Einsatz ist, knien die Mitarbeiter später auf dem Acker und tragen teilweise nur mit einer Maurerkelle und einem Pinsel ganz zart und behutsam die verschiedenen Erdschichten ab. Und das bei Wind und Wetter.

„Hier in Klipphausen ist ja gerade sehr schönes Wetter. Das ist aber nicht immer so. Voriges Jahr im Herbst hatten wir einen Einsatz in Leipzig, weil der Flughafen erweitert werden soll. Es regnete heftig, so dass man die Grabungen ohne Probleme als Unterwassergrabungen bezeichnen konnte“, beschreibt Cornelia Rupp die Situation. Allerdings könnte es auch noch in Klipphausen ungemütlich werden, schließlich dauern die Arbeiten bis Anfang November. Bis dahin ist noch viel zu tun. Denn neben den Öfen gibt es außerdem zahlreiche Gruben zu entdecken.

Freuen sich Archäologen sonst schon, wenn sie drei oder vier finden, sind es in Röhrsdorf ganze 300. Etwa die Hälfte davon waren in den Boden eingelassene Getreidesilos, die einen Durchmesser und eine Tiefe von reichlich einem Meter hatten. Sie beweisen, dass auch die Menschen, die früher in der Region gelebt haben, schon auf Zack waren. „Am Rande des Silos bildete sich Schimmel, der eine konservierende Wirkung hatte. Das Getreide lag dadurch luftdicht in dem Behälter“, erklärt Matthias Conrad.

Wohnhäuser haben die Archäologen unterdessen nicht entdeckt. Stattdessen handelt es sich quasi um den Wirtschaftsbereich der Siedlung. „Wir profitieren von dem, was die Leute weggeschmissen haben oder wenn zum Beispiel ein Tongefäß zu Bruch gegangen ist“, sagt Rupp.