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Seltene Einblicke

Zum Tag des offenen Denkmals am Sonntag waren viele Gebäude für Besucher zugänglich – auch der älteste erhaltene Bauernhof in Goppeln.

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© Andreas Weihs

Von Verena Schulenburg

Goppeln. Das Kreuzgewölbe hat es in sich. „Das ist der Grund, warum wir heute hier sind“, sagt Matthias Voigt und muss selbst etwas schmunzeln bei dem Gedanken. Der 44-Jährige hat seinen Lebensmittelpunkt mit seiner Familie in Goppeln gefunden. Ein Kulturdenkmal auf der Dorfstraße ist seit acht Jahren ihr Zuhause. Einmal im Jahr öffnet Familie Voigt sogar Tore und Türen und gewährt allen, die möchten, einen Blick hinter die historischen Gemäuer in dem Bannewitzer Ortsteil. So, wie am Sonntag, zum Tag des offenen Denkmals.

1947 sah das Denkmal fast aus wie heute.
1947 sah das Denkmal fast aus wie heute. © privat

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Dampfmaschine eingeweiht Die Kolbendampfmaschine wurde 1907 in einer Fabrik in Hirschberg gebaut. Der Dampfmaschinenverein Wilsdruff führte sie erstmals wieder vor.
Dampfmaschine eingeweiht Die Kolbendampfmaschine wurde 1907 in einer Fabrik in Hirschberg gebaut. Der Dampfmaschinenverein Wilsdruff führte sie erstmals wieder vor.
Sägen wie vor 110 Jahren  Dieter Popp, Eigentümer der Illigmühle Reichenau und Klavierlehrerin Christina Barthel demonstrierten in der Mühle das Sägegatter von 1908.
Sägen wie vor 110 Jahren Dieter Popp, Eigentümer der Illigmühle Reichenau und Klavierlehrerin Christina Barthel demonstrierten in der Mühle das Sägegatter von 1908.
Kirche mit Wallfahrts-Altar Bäcker Albrecht Pätzold (M.) führte Besucher durch die rund 700 Jahre alte Reichstädter Kirche. Eine Besonderheit ist der Altar von 1537.
Kirche mit Wallfahrts-Altar Bäcker Albrecht Pätzold (M.) führte Besucher durch die rund 700 Jahre alte Reichstädter Kirche. Eine Besonderheit ist der Altar von 1537.

Unter Initiative der Deutschen Stiftung für Denkmalschutz rückt dieser Aktionstag seit nunmehr 25 Jahren historische Bauten in den Fokus und macht damit Geschichte erlebbar. Neben Kirchen, Museen und anderen öffentlichen Einrichtungen in der Region gaben an diesem Tag auch private Denkmal-Besitzer einen Blick ins Innere. Für Matthias Voigt und seine Familie ist dieser Tag immer etwas Besonderes. „Wir mögen das Miteinander“, sagt der Vater zweier Kinder. Deshalb öffneten sie gern ihren Hof und führten viele Neugierige herum.

Eine Frage, die Matthias Voigt bei seinen Führungen immer wieder gestellt wird, kann er jedoch nicht beantworten. „Ich habe keine Ahnung, wie alt der Hof wirklich ist“, sagt er. Konkrete Unterlagen darüber gebe es nicht mehr. Alles, was sie in Erfahrung bringen konnten, ist, dass der gesamte Hof 1782 bei einer Feuersbrunst in Goppeln abbrannte. Zwei Jahre später sei er wieder aufgebaut worden. Wohnstallhaus, Wasch- und Schlachthaus, eine riesige Scheune, Hühner-, Pferde-, Schweine- und der Kuhstall mit dem imposanten Gewölbe stehen allesamt noch heute – eine Seltenheit. Der ehemalige Bauernhof ist der einzige noch erhaltene Dreiseithof in Goppeln und er soll auch einer der ältesten sein. 1286 wurde der Ort erstmals urkundlich erwähnt.

„Wir sind sehr froh, das hier gefunden zu haben“, erzählt Matthias Voigt. Schon länger hätten er und seine Frau Peggy, die sich während des Studiums in Dresden kennenlernten, nach einem solchen Domizil gesucht. Hier fühlen sie sich nun wohl. Hier wollen sie etwas schaffen, den Hof in ihrem Sinn gestalten und im Sinn des Denkmalschutzes erhalten. Noch hat die vierköpfige Familie im alten Wohnstallhaus zur Straßenseite hin ihre Bleibe. Das soll sich aber ändern. Die Voigts möchten künftig in den einstigen Stallungen wohnen. Der Pferdestall wird Bad, unter dem Kreuzgewölbe des Kuhstalls – genau genommen einem böhmischen Kappen-Gewölbe – wollen sie Küche und Wohnen vereint haben. „In fünf Jahren“, sagt Matthias Voigt und lacht, wohl wissend, dass dieses Projekt neben Job und Familie nur Schritt für Schritt umzusetzen ist.

Fast jeden Handgriff macht der Hausherr selbst. Seine Tischlerlehre und das anschließende Bauingenieurstudium haben bereits dabei geholfen, eigenständig eine Holz- und Glasdachkonstruktion zu bauen, eine Sandsteintreppe zu errichten und die Fassaden zu verputzen. Im Garten hinter dem Dreiseithof haben die Voigts einen Lehmofen gebaut. Aller zwei Wochen backen sie hier ihr eigenes Brot oder auch mal eine selbstbelegte Pizza. Peggy Voigt hat zudem im klassischen Stil früherer Zeiten einen Bauerngarten angelegt, gemütlich und naturnah. Dafür seien eine alte Garage und ein Misthaufen gewichen, erzählt die studierte Landschaftsarchitektin.

Der Weg ins Grün führt durch eine riesige Scheune. Unter dem 15 Meter hohen Dach haben Bauern früher Getreide verarbeitet. Dreschmaschine und Häcksler sind noch genauso darin wie das alte Transmissionsgetriebe, mit dem über Lederriemen die einzelnen Maschinen in Gang gebracht wurden. Funktionstüchtig sei hier nichts mehr, meint Matthias Voigt. Das müsse es auch nicht. An so einem Sonntag wie diesem gibt es viele, die sich allein an dem Anblick der alten Technik erfreuen und einige, die sich erinnern.