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Schwere Vorwürfe gegen Pflegeheim

Völlig wund gelegen, musste eine Frau aus Glaubitz notoperiert werden. Die Tochter gibt der Pflegeeinrichtung die Schuld – die Heimleitung dementiert.

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© Sebastian Schultz

Von Antje Steglich

Glaubitz. Einen Skandal nennt Gisela Seese, wie mit ihrer Mutter im Pflegeheim umgegangen wird. Vor zwei Jahren bezog die 91-Jährige ein Einzelzimmer in der Schlossresidenz Glaubitz. Sie ist dement und mittlerweile bettlägerig. Die meiste Zeit schläft die Seniorin, während der Fernseher im Zimmer ohne Pause läuft, erzählt die Tochter. Schon im Juli habe sich die Mutter so wund gelegen, dass eine extra Matratze bestellt wird. Doch die Situation wird nicht besser, sondern schlimmer. Anfang August schließlich wird der Arzt gerufen. Die 91-Jährige ist da schon nicht mehr ansprechbar, hat hohes Fieber, der ganze Steiß ist eitrig gelb bis braun, sagt Gisela Seese. Die Mutter wird sofort ins Krankenhaus eingewiesen. Not-OP. „Sie muss unsagbare Schmerzen gehabt haben, das hat keiner verdient“, so die 71-jährige Tochter. „Im Krankenhaus war Mutti ein anderer Mensch. Sie hat wieder gelacht – und bitterlich geweint, als sie wieder zurück ins Heim sollte.“

Der Heimleitung wirft Gisela Seese nun vor, sich nicht genügend um ihre Mutter gekümmert zu haben. Ihr fehle es an regelmäßiger Bewegung. Und ob die Mutter überhaupt die neue Matratze bekommen hat, weiß Gisela Seese bis heute nicht. Trotzdem lebt die Mutter mittlerweile wieder in der Schlossresidenz: „In dem Alter und mit den Beschwerden findet man so schnell keinen anderen Platz.“

Die Volkssolidarität Riesa-Großenhain weist als Träger der Schlossresidenz Glaubitz die Vorwürfe entschieden zurück. Nachdem die Wunde Ende Juli festgestellt wurde, sei diese durch eine Wundschwester nach Rücksprache mit dem Arzt fachgerecht versorgt worden, heißt es in der Stellungnahme. Auch in den darauf folgenden Tagen wurde die Wunde weiter beobachtet und entsprechend behandelt. „Als sich eine zunehmende Verschlechterung der Wundstelle abzeichnete, entschloss sich das verantwortliche Pflegepersonal nach Rücksprache mit dem verantwortlichen Arzt zu einer Überweisung in das Elblandklinikum Riesa, um die weitere Wundversorgung dort gewährleistet zu sehen“, erklärt der Vorstand der Volkssolidarität gegenüber der Sächsischen Zeitung, „bis dahin wurde die zu betreuende Person fachgerecht auf einer Wechseldruckmatratze gelagert und regelmäßig umgelagert.“ Sämtliche pflegerische Maßnahmen seien ordnungsgemäß dokumentiert worden und entsprechend nachvollziehbar.

Der behandelnde Arztes innerhalb der Schlossresidenz habe dem Pflegepersonal in diesem Fall bereits ein fachgerechtes Vorgehen bescheinigt. Und auch die vorsorgeberechtigten Angehörigen – der Schwager von Gisela Seese – seien regelmäßig informiert worden und erheben laut Volkssolidarität keine Vorwürfe.

In der Schlossresidenz Glaubitz räumt man jedoch ein, dass es zuletzt Beanstandungen durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung im Freistaat Sachsen (MDK) gegeben hat. Bei einer Regelprüfung in der stationären Einrichtung Anfang März wurde bemängelt, dass Betreuungskräfte im Bereich der Grundpflege und Hauswirtschaft eingesetzt wurden, erklärt MDK-Sprecherin Daniela Arnold. Dabei sind Betreuungskräfte eigentlich dafür da, sich mit den Bewohnern einer Einrichtung zu beschäftigen, gemeinsam zu basteln, zu reden oder auch mal spazieren zu gehen.

„Zu dieser Zeit wurde die Schlossresidenz Glaubitz allerdings noch von einer anderen Heim- und Pflegeleitung verantwortet“, erklärt der Vorstand der Volkssolidarität dazu. „Unter der aktuellen Heim- und Pflegeleitung wurde ein entsprechender Maßnahmenplan mit dem MDK abgeglichen. Dieser wird seitdem – ohne neuerliche Hinweise des MDK – umgesetzt.“