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Schwarze Wochen für kleine Läden

Bägers in Demitz geben ihren Lebensmittelmarkt auf. Nicht das einzige Geschäft in der Region, das geschlossen wird.

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© Steffen Unger

Von Ingolf Reinsch

Demitz-Thumitz. Am Sonnabend, 11 Uhr, ist Schluss. Dann schließt das Einkaufszentrum Bäger an der Demitzer Hauptstraße für immer. Inhaber Jörg Bäger macht kein Geheimnis daraus, dass er erleichtert ist. Das Geschäft, dass er zu Beginn der 90er-Jahre zunächst in einem Nachbarhaus eröffnet und 1995 am jetzigen Standort vergrößert hatte, trägt sich nicht mehr. Viel Arbeit und kaum Ertrag, bringt es der Einzelhändler auf den Punkt.

Gaststätte wird weiter betrieben

Schon im vergangenen Jahr schloss er die Fleischtheke. Die Bevölkerungszahl schwindet, die Umsätze sinken. Wer außerhalb arbeitet, kauft meist am Arbeitsort oder unterwegs ein. Auch der Markt in Wölkau, den die gleiche Kette beliefert, drückt aufs Geschäft. „Als Wölkau zu Spar gehörte, war das in Ordnung. Die fuhren eine andere Linie“, sagt Jörg Bäger. Die Verkaufswagen, die gerade nach und vor dem Wochenende in Demitz halten, tun ein Übriges. „Auch das macht eingesessenen Geschäften Abbruch“, sagt er. Hinzu kommen hohe Nebenkosten und steuerliche Belastungen. „Die Umsatzsteuer erwartet das Finanzamt von mir im Voraus. Auf eine Steuerrückzahlung musste ich ein halbes Jahr warten“, berichtet der Unternehmer.

Der 58-Jährige konzentriert sich künftig ausschließlich auf die „Gaststätte am Klosterberg“, die er im Dezember 2010 eröffnete. Dort hat er gut zu tun. Geöffnet ist wochentags von 7 bis 13.30 Uhr. Angeboten werden Frühstück und Mittagsessen, täglich zwei wechselnde Tagesgerichte. Der Chef, der gelernter Fleischer ist, kocht selbst und wird dabei und im Service von seiner Schwester Simone Weiner unterstützt. Das Essen wird auch frei Haus geliefert, vor allem in umliegende Orte. Die Demitzer Volkssolidarität trifft sich in der Gaststätte. „Dann backen wir Kuchen“, sagt Jörg Bäger. Angeboten wird auch ein Partyservice. Zudem kann man das Gasthaus, dessen zwei Räume insgesamt 60 Gästen Platz bieten, für Feiern buchen. Jörg Bäger kaufte das Haus und modernisierte es. „Im Haus war schon immer eine Gaststätte“, sagt er. Bilder an den Wänden zeugen von der Vergangenheit.

Von Kantinen zum Klosterberg

Mehr als 25 Jahre fuhr der Unternehmer zweigleisig. Er war nicht nur im Handel, sondern auch im Gastgewerbe tätig. 1992 übernahm er die Demitzer Schulküche, bis die Gemeinde die Essensversorgung der Schüler an einen anderen Anbieter vergab. Er zog raus aufs Steinbruchgelände und betrieb dort die Kantine, bis die Basalt AG viele Mitarbeiter entließ und sich die Pausenversorgung nicht mehr rentierte. Zwischenzeitlich führte er auch in der ehemaligen Dresdner Herrenmode Bischofswerda die Kantine, bis auch dort Personal abgebaut wurde. Schließlich zog er zurück in die Demitzer Dorfmitte und betreibt seitdem die „Gaststätte am Klosterberg“. „Der Hort kommt heute noch in den Ferien zu mir essen“, sagt Jörg Bäger.

Das geschlossene Geschäft wird vor allem den Älteren im Ort fehlen. Für Kunden ohne Auto bot der Einzelhändler einen Bringeservice an: Getränkekisten beispielsweise wurden nach Hause gebracht, ohne Preisaufschlag, wie Jörg Bäger betont. Noch bis vor ein paar Tagen betrieb er die Post in Demitz. Geöffnet war in der Woche von 8 bis 18 Uhr, sonnabends bis 11 Uhr. Ein Nachfolger für die Postdienstleistungen fand sich bisher nicht. Die Post selbst plant als Interimslösung Öffnungszeiten auf Sparflamme, fand dafür aber bislang kein Personal. „Mit jedem Laden, der geschlossen wird, verliert ein Ort an Attraktivität“, sagt der Unternehmer. Doch immerhin gibt es für das frei werdende Geschäft an der Demitzer Hauptstraße einen neuen Nutzer. Details möchte Jörg Bäger aber noch nicht nennen.

Aus für Schiebocker Traditionsladen

Offen ist dagegen, was aus der im Sommer geschlossenen Schmöllner Kaufhalle wird. Ingolf Schäfer, der die Immobilie gemietet hatte, sagt, von den wenigen Kunden, die am Ende noch kamen, habe er das Geschäft nicht halten können. Vor allem seine Stammkunden, größtenteils ältere, tun ihm leid. Ihnen möchte er danken, dass sie ihm die Treue gehalten haben. Dass die Kaufhalle wieder für den Einzelhandel genutzt wird, gelte so ziemlich als ausgeschlossen, heißt es im Umfeld des Eigentümers. Doch Interessenten für das Gebäude sollen schon nachgefragt haben. – Auch in Bischofswerda schließt ein weiterer Laden: Mit der Drogerie Winter verliert die Stadt ein familiengeführtes Traditionsgeschäft.