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Schüler wollen jungen Lehrer behalten

Am Gymnasium gibt es gerade keine freie Stelle. Aber Ideen, wie der Referendar der Schule erhalten bleiben könnte.

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© Arvid Müller

Von Ines Scholze-Luft

Coswig. Aufregung unter Coswigs Gymnasiasten. Ein beliebter Nachwuchslehrer wird nur noch wenige Tage an ihrer Schule sein. Seit anderthalb Jahren unterrichtet Referendar Martin W. die Fächer Geschichte und Ethik. Mit großer Leidenschaft und vielen kreativen Ideen, sagt Schüler Fabian J., voll des Lobes für den Lehramtsanwärter. „Wir schätzen ihn als Lehrer, aber auch als Mensch, der uns in seinem Unterricht zeigt, wie wichtig Werte und Normen für die Gesellschaft sind, erlebbar im Unterricht gestaltet, worauf es im Leben ankommt im alltäglichen Miteinander.“

Die Schüler möchten Herrn W. an der Schule behalten. Sie haben ein weiteres Argument: die sehr guten Leistungen von Martin W. in den Prüfungen. Für Fabian J. ein Zeichen, „dass unser Empfinden, hier einen tollen jungen Lehrer zu erleben, nicht falsch ist“.

Dass für eine solche Lehrkraft in Sachsen kein Platz zu sein scheint, bringt den Schüler in Rage. Falsche Fächer, schlechtes Timing? Liegt es daran, dass er studierter Gymnasiallehrer ist? Oder was verhindert sein Bleiben in Coswig? Eine brisante Situation, vor allem angesichts des Lehrermangels im Freistaat. Trotz des hoch gelobten Maßnahmepakets scheinen in Sachsen nicht genug Lehrer gefunden zu werden, vermutet Fabian J. Obwohl Seiteneinsteiger im Schnellkurs zu Pädagogen ausgebildet würden, nicht alle hätten das Fach studiert, welches sie unterrichten.

Etwas enttäuscht stellt der Gymnasiast fest: Lehrer kann wohl heute jeder werden, fünf Jahre Studium und das anschließende Referendariat benötigt eigentlich kein zukünftiger Pädagoge. In den Gesellschaftswissenschaften würden die Schüler lernen, dass der Marktmechanismus von Angebot und Nachfrage den Preis regelt. „Müsste das Land Sachsen doch nun endlich umdenken und darum bemüht sein, jeden ausgebildeten Lehrer auch zu halten, heißt vorausschauend zu denken und zu planen.“ Deshalb würden sich die Schüler fragen: Wie kann es dann sein, dass junge Lehrer einfach nicht eingestellt werden?

Auch Schulleiterin Britt Göldner bescheinigt den drei Referendaren im aktuellen Jahrgang eine gute Arbeit. Doch für die Einstellung zuständig ist nicht die Schule, sondern das Landesamt für Schule und Bildung (Lasub). Wo die SZ nachfragte, weshalb es konkret hakt im Coswiger Fall. Und was das Landesamt zu den Vorschlägen der Coswiger Gymnasiasten sagt, besonders gute Lehrer trotz besetzter Stellen zu halten. Aus Sicht der Schüler ist auch die Arbeit an einer Oberschule keine Alternative für einen studierten Gymnasiallehrer.

Die jungen Leute haben sich schlaugemacht und nach Lösungen für das Problem gefahndet. Eine fand sich in Mecklenburg-Vorpommern, dort habe man mehr Lehrer eingestellt, als zu dem Zeitpunkt gebraucht wurden. Um eine Reserve zu haben und schnell reagieren zu können, falls irgendwo jemand fehlt. Auch beim Deutschen Philologenverband sind die Schüler fündig geworden, nämlich bei der Anregung, für extrem gute Lehrer extra Plätze zu schaffen, damit sie der Region erhalten bleiben, sagt Fabian J.

Auf diese Vorschläge gibt es vom Lasub zwar keine Antwort. Speziell zu Martin W. erklärt Pressereferentin Petra Nikolov jedoch, dass der Referendar aus dem Gymnasium Coswig sich für die Einstellung in den sächsischen Schuldienst beworben und dabei die bevorzugten Standorte Dresden oder Coswig angegeben habe. Nikolov zufolge erhält aber nicht jeder Referendar automatisch auch die Einstellung an der Schule, wo seine Ausbildung stattgefunden hat. Das Landesamt habe die Unterrichtsabsicherung an allen Schulstandorten zu gewährleisten. Mit der Fächerkombination Geschichte/Ethik konnte der Coswiger Referendar für seine favorisierten Standorte nicht vermittelt werden, da in diesen Bereichen der Unterricht für diese Fächer im kommenden Schuljahr abgesichert ist, informiert die Pressereferentin.

Deshalb habe er ein anderes Einstellungsangebot erhalten – das Lasub sei sehr interessiert, alle Bewerber bedarfsgerecht zu vermitteln. Aus datenschutzrechtlichen Gründen könne man sich aber zu seiner Entscheidung nicht äußern.