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Schöner lächeln mit Oregano

Ein natürlicher Biofilm schützt unsere Zähne. Doch Bakterien werden ihm gefährlich. Dresdner Forscher kennen die Lösung.

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© 123RF/subbotina

Von Jana Mundus

Der putzige Biber putzt Zähne. Ist ja klar. Wenn er auch morgen noch den Baumstamm anspitzen und umlegen will, braucht er gesunde Beißer. So turnt das lustige Trickfilmtier vor einigen Jahren durchs Werbefernsehen und preist dort die Zahnpasta mit den grünen Streifen an. Kamille ist drin, sagt Herr Biber, und Minze, Myrrhe und Salbei. Vielleicht waren die Naturkräuterextrakte wirklich für das Grün in der Paste zuständig. Womöglich aber auch Farbstoffe, Geschmacksverstärker oder andere Chemie. Was natürliche Pflanzenextrakte bei der Mundhygiene wirklich können, ergründen gerade Dresdner Wissenschaftler. Zahnmediziner und Lebensmittelchemiker arbeiten dafür zusammen. Sie haben Erstaunliches entdeckt.

Klingen nach Kochen, stehen aber vielleicht schon bald im Bad: Mundspülungen mit Oregano ...
Klingen nach Kochen, stehen aber vielleicht schon bald im Bad: Mundspülungen mit Oregano ... © subbotina
.. Schwarzer Johannisbeere ...
.. Schwarzer Johannisbeere ... © subbotina
und Zistrose.
und Zistrose. © subbotina

Das Glas Cola kann schon zu viel sein. Zu aggressiv für die Schutzschicht, die unsere Zähne umgibt. Wer regelmäßig Zähne putzt, kennt das Gefühl einer glatten Zahnoberfläche. Doch schon kurz nachdem die Zahnbürste ihren Dienst beendet hat, legt sich ein hauchdünnes Häutchen über die Zähne. Das ist die Pellikel. Sie besteht zum größten Teil aus Eiweißen aus unserem Speichel. Ihre Aufgabe: Sie verhindert, dass Säuren den Zahn angreifen. Wie ein natürlicher Biofilm schützt sie den Zahn auch beim Kauen und Zerkleinern der Nahrung. Doch der Mensch ernährt sich heutzutage oft zu süß, zu säurehaltig. Das schädigt die Pellikel. Eigentlich enthält das Häutchen antibakterielle Bestandteile, die die bakterielle Besiedlung im Mund regulieren sollen. Doch die Bakterien haben sich mit der Zeit an den schützenden Film gewöhnt. Sie heften sich an die Pellikel an und bilden dort den Zahnbelag, auch Plaque genannt. Die begünstigt wiederum Karies.

Von der Pellikel hatten Karl Speer, an der TU Dresden Professor für Spezielle Lebensmittelchemie und Lebensmittelproduktion, und seine Frau und Kollegin Isabelle Kölling-Speer bis vor Kurzem auch noch nichts gehört. „Wir haben zunächst die Fachliteratur ausgewertet“, sagt Karl Speer. Damals saß Christian Hannig, Direktor der Poliklinik für Zahnerhaltung am Dresdner Universitätsklinikum, in ihrem Büro. Er suchte nach Mitstreitern für ein besonderes Forschungsprojekt. Der Zahnmedizin-Professor will Möglichkeiten finden, die Pellikel in ihrer Funktion zu stärken. Was macht sie widerstandsfähiger gegen Cola, Gummibärchen und Co.? Für die Antwort brauchte er Experten auf dem Gebiet der Lebensmittelchemie.

Es geht um Pflanzen, beziehungsweise um wässrige Extrakte aus Pflanzen, die mit Teeaufgüssen vergleichbar sind. „Wir konnten bereits zeigen, dass sie die Schutzeigenschaften der Pellikel gegen Säuren verbessern oder die bakterielle Besiedlung der Zähne verzögern“, erklärt Hannig. Eine enge Zusammenarbeit gibt es auf diesem Gebiet mit der Firma Teutopharma – Dr. Pandalis Naturprodukte und Hannigs Bruder Matthias. Der Professor leitet die Klinik für Zahnerhaltung, Parodontologie und Präventive Zahnheilkunde des Universitätsklinikums des Saarlands. „Diagnostik, Prävention und Therapie von Karies sind wichtige Themen von uns beiden.“

Isabelle Kölling-Speer und ihr Mann sind im Projekt für die Pflanzenextrakte zuständig. Mit der Zistrose haben sie begonnen. „Wir waren im Botanischen Garten, um die dort zahlreich vorhandenen verschiedenen Arten zu beproben und zu analysieren“, erklärt die Wissenschaftlerin. Aus den Pflanzen werden durch chemische Verfahren Extrakte hergestellt, später wird genau aufgeschlüsselt, welche einzelnen Substanzen darin enthalten sind. „Die Wirkung einzelner Substanzen kann somit untersucht werden“, sagt Karl Speer. Schritt für Schritt nähern sich die Forscher so einer Mischung verschiedener Inhaltsstoffe an, die die Pellikel ideal schützen kann.

Mit Probanden schauen sich Christian Hannig und seine Zahnmedizin-Kollegen genau an, welche pflanzlichen Stoffe welche Wirkung haben. Einige Ergebnisse liegen schon vor. Die Graubehaarte Zistrose etwa verzögert die bakterielle Besiedlung der Zahnoberfläche und hat antibakterielle Eigenschaften. Eine Mischung aus wässrigen Extrakten von Blättern der Schwarzen Johannisbeere und Oregano, den die meisten wohl nur aus der Küche kennen, wurde ebenfalls schon getestet. Eine Mundspülung machte die Pellikel im Mund der Probanden dicker, dichter und säurefester. Die Wirkung war vergleichbar und teilweise sogar besser als die Mundspülung mit einem handelsüblichen fluorhaltigen Mundwasser. Trotzdem, sagt Hannig, ist Zähneputzen auch in Zukunft wichtig. Nur so ließe sich der Zahnbelag effektiv entfernen. „Aber die Spülungen wären eine gute Ergänzung.“ Bis dahin wird weiter geforscht, welche Pflanzenstoffe sich dafür am besten eignen.