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Schmiedewerke in Schwierigkeiten

In Gröditz kursieren Gerüchte um drohende Entlassungen. Das Unternehmen verweist auf die US-Zölle.

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© Lutz Weidler

Von Christoph Scharf

Gröditz. Nach einer Mitarbeiterversammlung in der vergangenen Woche kocht die Gerüchteküche: Von drohenden Stellenkürzungen bei den Schmiedewerken ist die Rede, von Zwangspausen bei der Produktion, von einer geringen Auslastung. Was stimmt davon? Die SZ hat beim größten Arbeitgeber der Stadt nachgefragt. Bei der nahe Osnabrück ansässigen Unternehmensgruppe Georgsmarienhütte (GMH) – zu ihr gehören die Schmiedewerke Gröditz – spricht man von einer ganzen Reihe von Herausforderungen. Man verweist darauf, dass die US-Strafzölle auf Stahl Europa immer stärker unter Druck setzen würden. Nach wie vor gebe es außerdem das Problem massiver Überkapazitäten, vor allem in China. „Dazu kommen weitere Faktoren wie die schwache Marktlage im Energiemaschinenbau sowie die gegen Russland und den Iran verhängten Wirtschaftssanktionen“, sagt Ina Klix von der GMH-Gruppe. „Diesen Herausforderungen muss sich die Stahlindustrie in Deutschland stellen und Gröditz ist davon nicht ausgenommen.“

Deshalb arbeite das Unternehmen derzeit intensiv daran, seine Kosten zu senken – um die eigene Wettbewerbsfähigkeit „angesichts des herausfordernden Umfelds“ zu stärken. „Das gilt zum Beispiel für den Einkauf von Vormaterial. Da gibt es einige Möglichkeiten“, so das Unternehmen.

Aber wie steht es um die Zahl der Mitarbeiter? Drohen Entlassungen – oder nicht? Laut GMH sind aktuell am Standort Gröditz rund 700 Mitarbeiter beschäftigt. Man prüfe Abläufe und Strukturen – stehe damit aber noch am Anfang. „Deshalb können wir zum jetzigen Zeitpunkt keine Aussagen zu eventuellen Personalanpassungsmaßnahmen treffen.“ Vom Betriebsrat heißt es, dass man mit der Geschäftsführung in Verhandlungen stehe.

Laut GMH-Gruppe würden die Betriebe vor Ort die Herausforderungen für die Stahlindustrie bei der Auslastung spüren. „In Gröditz haben die Mitarbeiter aus ihrem Urlaubs- bzw. Überstundenkontingent im Monat Juli fünf Arbeitstage in Anspruch genommen, um damit einer geringen Auslastung zu begegnen“, sagt Ina Klix. Geschäftsführung, Belegschaft und Betriebsrat zögen dabei an einem Strang.

Die US-Zölle sind derzeit überall in der Stahlbranche ein Thema, bestätigt Lars Fiehler von der Industrie- und Handelskammer in Dresden. „Auch wenn sich die Endabnehmer bei den Stahlwerken deutlich unterscheiden.“ Neben Gröditz gibt es in der Region auch in Riesa und Freital große Stahlwerke. Die Russland-Sanktionen würden der Branche schon lange zu schaffen machen – vor allem, wo sich Produkte auch dafür eignen, in ausfuhrkritischen Branchen wie der Öl- und Gasindustrie oder gar der Rüstung eingesetzt zu werden.

Bei den chinesischen Überkapazitäten in der Stahlbranche schotte sich die EU aber schon lange mit Einfuhrzöllen gegen Importe aus China ab, sagt der IHK-Sprecher. Insgesamt sei die internationale Lage allerdings schwierig. „Die Frage ist auch, was mit dem Export nach Großbritannien wird, wenn der Brexit vollzogen ist.“ Auch die Lage in Deutschland selbst sei für Stahlwerke eine Herausforderung. Die Margen seien, auch wegen der hohen Energiekosten, schwierig. „Wenn ein Stahlwerk eine Marge von drei Prozent erwirtschaftet, ist das schon viel“, sagt Fiehler.

Für eine Stadt wie Gröditz spielt ein Arbeitgeber wie die Schmiedewerke eine große Rolle, sagt Bürgermeister Jochen Reinicke (parteilos). Zwar habe man keinen Einblick in die inneren Abläufe des Unternehmens. Bekannt sei aber die gute Lehrlingsausbildung bei den Schmiedewerken, von denen mancher Metallbetrieb im Umfeld profitiere. „Und die Einkommenssteuer ist ein wichtiger Faktor für uns und die Region, bis nach Brandenburg“, so Reinicke.

Die GMH-Gruppe sagt, dass man mit der Belegschaft einen „Change-Prozess“ ins Leben gerufen habe, an dem jeder Mitarbeiter beteiligt sei. „Wir gehen davon aus, dass wir die richtigen Stellschrauben gefunden haben und gestärkt in die Zukunft blicken können“, sagt Ina Klix. Immerhin habe sich der Monat August vom Auftragseingang und Umsatz her deutlich positiver entwickelt – trotz der Urlaubszeit.