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Schlaflos

Der Krankenstand im Landkreis Görlitz ist leicht gesunken – trotzdem sachsenweit am höchsten. Und es gibt eine neue Sorge.

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© gms

Von Daniela Pfeiffer

Todmüde ins Bett gegangen und trotzdem die halbe Nacht wach gelegen. Viele kennen das. Schlafstörungen sind aber offenbar ein viel größeres Problem als angenommen. Wie die Deutsche Angestelltenkasse (DAK) sagt, hätte sich die Zahl der Betroffenen in den vergangenen Jahren drastisch erhöht. Andreas Motzko und Simone Siering von der DAK-Gesundheit Bautzen stellten jetzt im Landratsamt des Kreises Görlitz den aktuellen Gesundheitsbericht vor. Dabei gaben sie auch bekannt, wie eine Umfrage unter 5 000 erwerbstätigen DAK-Mitgliedern in Deutschland zum Thema Schlaflosigkeit ausgefallen ist: Demnach kann ein Drittel der Menschen abends nicht einschlafen, jeder Fünfte schläft nur fünf Stunden und weniger.

© SZ-Grafik

Insomnie – so der Fachbegriff für Schlaflosigkeit – ist definitiv ein Problem. Das hat die Umfrage gezeigt, die eine Aktualisierung ist, denn bereits 2010 hatte die DAK ihre Mitglieder nach ihren Schlafgewohnheiten befragt. Damals noch mit deutlich weniger drastischen Aussagen. Obwohl bei der Befragung nur etwa 200 Sachsen eingeschlossen waren, spiegeln die Ergebnisse durchaus auch die Bevölkerung des Landkreises Görlitz wider, sind die DAK-Mitarbeiter sicher. „Die Bundeszahlen haben schon Aussagekraft“, sagt Andreas Motzko. Steffi Weise vom Gesundheitsamt des Landkreises glaubt das ebenfalls: „Zu uns in den Sozialpsychiatrischen Dienst kommen viele Leute mit Schlafproblemen, häufig in Zusammenhang mit pyschischen Krankheiten.“

Nächte, in denen man sich hin- und herwälzt und minütlich auf den Wecker schaut, können aber auch andere Ursachen haben. Ganz oft sind Schichtarbeiter betroffen, vor allem, wenn sie häufig von Nacht- zu Tagschicht wechseln. Dann gibt es Bewegungsstörungen, die Menschen den Schlaf rauben – das Syndrom der unruhigen Beine etwa. Schlafwandeln, Albträume und schlafbezogene Atmungsstörungen sind weitere Formen von Schlafstörungen. Betroffen ist, wer mehr als dreimal pro Woche schlecht ein- oder durchschlafen kann und tagsüber müde und erschöpft ist. Spätestens, wenn sich das über längere Zeit hinzieht, empfehlen Andreas Motzko und Simone Siering, zum Arzt zu gehen.

Allerdings wird dieser im Fall einer Krankschreibung nicht Insomnie oder Schlafstörung als Diagnose aufschreiben, denn das ist nicht üblich. „Am ehesten wird man dann Erschöpfung auf dem Krankenschein lesen“, sagt Simone Siering. Das ist ein Grund, warum es so schwer ist, die tatsächliche Zahl der Betroffenen zu erfassen und warum sich die DAK entschieden hat, ihre Befragung von 2010 zu wiederholen. Es sei wichtig, auf das Thema aufmerksam zu machen, weil längerer Schlafentzug sich psychisch oder organisch auf den Körper auswirken können.

Aber was tun? Die Menschen aufklären und ihnen Hilfsangebote aufzeigen – so zumindest das erklärte Ziel der DAK. Neben dem Gang zum Arzt können das Entspannungs- oder Bewegungskurse sein, außerdem empfiehlt Simone Siering sogenannte Schlafhygiene. Gute Matratzen und gesunde Temperatur im Schlafzimmer versteht sie darunter – mit genug Sauerstoff. Außerdem Rituale wie immer zur selben Zeit ins Bett zu gehen, keine aufwühlenden Filme sehen, nicht direkt vor dem Schlafengehen Sport treiben.

Solche Tipps bekommt man auch in der Psychosozialen Beratungsstelle des Landkreises. „Wir wollen die Menschen motivieren, sich behandeln zu lassen und helfen, einen Arzttermin zu bekommen“, sagt Steffi Weise. Dass viele Görlitzer betroffen sind, zeigt die Auslastung der beiden Schlaflabore in der Stadt. So übernachten im Schlaflabor des Städtischen Klinikums 121 Patienten pro Jahr, im Malteser-Krankenhaus St. Carolus gar 757. Vor allem, wer unter nächtlichen Atemaussetzern leidet, sollte eine solche Überwachung mal in Betracht ziehen. „Häufig merken das gar nicht mal die Patienten selbst, sondern die Ehepartner“, sagt Simone Siering.

Erfreuliches gab es beim gestrigen Gesundheitsreport aber auch zu berichten. So ist der Krankenstand im Landkreis Görlitz gegenüber 2015 gesunken – um 0,3 Prozent. Von 1 000 Beschäftigten waren also trotzdem pro Tag 50 immer krank. Die Kreise Görlitz und Bautzen bilden sachsenweit nach wie vor das Schlusslicht, haben also die meisten Kranken. Vor allem wegen Problemen mit dem Muskel-Skelett-System, die um satte neun Prozent nach oben gingen. Aber auch Atemwegserkrankungen und psychische Probleme plagen die Menschen. „Die hohe Arbeitsbelastung spiegelt sich da schon wieder“, sagt Andreas Motzko. 30 000 Mitglieder hat die DAK in den Landkreisen Bautzen und Görlitz, unter ihnen viele Berufspendler. Die ewige Fahrerei sei natürlich für viele eine absolute Stresssituation, die eben oft im Arztbesuch mündet.

Psychosoziale Beratungsstelle des Landkreises in Görlitz: Gesundheitsamt, Reichertstr. 112, DAK-Schlafhotline: 040/325325805 zum Ortstarif rund um die Uhr erreichbar, an 365 Tagen und in 22 Sprachen