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Schieber zu im Amselgrund?

Kann man bei Starkregen den Abfluss in Rückhaltebecken drosseln, um die Dresdner Straße besser zu schützen? Dazu gibt es eine klare Antwort.

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© Dietmar Thomas

Von Jens Hoyer

Döbeln. Nach den erneuten Überflutungen in Döbeln durch die Starkniederschläge vom vorvergangenen Sonnabend gab sich Oberbürgermeister Hans-Joachim Egerer zumindest in einem Punkt selbstkritisch: Nach den Beschwerden von Anwohnern, dass die Straßeneinläufe nicht oft genug gesäubert werden, sagte er in der Sitzung des Stadtrates, dass nicht alle Körbe der Einläufe gereinigt worden seien (DA berichtete). „Wir müssen sehen, wie wir das besser machen“, so Egerer vor den Stadträten. Wo es nach seiner Einschätzung Defizite gab und was die Verwaltung besser machen kann, wollte das Stadtoberhaupt allerdings nicht weiter ausführen. Auf Anfrage ließ er den Stadtsprecher ausrichten, dass er sich dazu nicht äußern werde.

Auch nicht zu den Anmerkungen des Stadtrates Sven Weißflog (FW), der anmahnte, dass der Bauhof auch den Spielraum haben müsse, wichtige Wartungsarbeiten an den Entwässerungssystemen regelmäßig auszuführen, auch Müll und Totholz zu beräumen. Nach den erneuten Überschwemmungen müsse eine sachliche Aufarbeitung und Analyse erfolgen, „was geht und was besser werden muss“, sagte Weißflog. Er regte unter anderem an, andere Gitter an den Straßeneinläufen zu testen, die nicht so schnell verstopfen.

Die Menschen an den überschwemmungsgefährdeten Stellen in der Stadt seien unzufrieden, eine sachliche Diskussion sei dann oft nicht mehr möglich, sagte Weißflog: „Das ist ein unerträglicher Zustand, an der Dresdner Straße alle drei Jahre abzusaufen.“

Am vorvergangenen Sonnabend hatte das kleine Rückhaltebecken der Stadt im Pommlitzgrund die enormen Wassermassen nur begrenzt aufnehmen können. Funktioniert hatte allerdings das Hochwasserrückhaltebecken im Amselgrund, das einen großen Teil des Wassers aus Richtung Zschackwitz auffing. „Das Becken ist riesig, der Stauraum war vielleicht zu zehn Prozent ausgelastet. Wäre es nicht sinnvoll, in so einem Fall den Abfluss zu drosseln?“, fragte Weißflog.

Axel Bobbe, Chef der Talsperrenmeisterei Rötha, hat dazu eine klare Antwort. „Wenn man den Abfluss drosselt, spielt man mit dem Feuer“, sagt er, wobei er in diesem Fall Wasser meint. „Man müsste Prophet sein, um zu wissen, wie viel es regnet.“ Der Ablauf sei so eingestellt, dass das Wasser unterhalb des Dammes keinen Schaden anrichtet und dass das Becken einen „Jahrhundertregen“ aufnehmen kann. Der Ablauf lasse sich nicht fernsteuern – in keinem der Rückhaltebecken der Region. „Wir müssten jemanden hinstellen. Man kann da auch viel falsch machen.“ Die größte Katastrophe für die Unterlieger wäre ein volles Becken. Die Hochwasserabläufe seien nämlich ungesteuert. „Da hat man plötzlich die mehrfache Wassermenge im Abfluss“, sagte Bobbe.

Weißflog macht auch der Hochwasserschutz an der Mulde Sorgen. Es sei zu überlegen, wie sich der Bau von Mauern und Deichen mit Durchläufen und Rückschlagklappen auf die sogenannte „Binnenentwässerung“ der Stadtgebiete auswirke. Steigt das Wasser in der Mulde stark an, könnte etwa das Wasser des Amselgrundbachs nicht mehr ohne Weiteres abfließen.

Axel Bobbe gibt auch dazu Auskunft. Wie die Binnenentwässerung der Stadt, also das Ableiten der Niederschlagswässer, funktioniert, ist durch den sogenannten Planfeststellungsbeschluss für alle verbindlich festgelegt. „Es ist geregelt, dass wir an solchen Einmündungen groß dimensionierte Schächte einbauen, aus denen mit mobilen Pumpen das Wasser abgepumpt werden kann“, sagte Bobbe. Diese Pumpen im Ernstfall aufzustellen und zu betreiben, sei aber Aufgabe der Stadt beziehungsweise des Abwasserzweckverbands Döbeln-Jahnatal.

Anders sieht es beim zweiten Teil der „Binnenentwässerung“ für Döbeln aus. Steigt das Wasser in der Mulde, dann steigt auch der Grundwasserspiegel. An mehreren Stellen im Stadtgebiet soll deshalb das Grundwasser abgepumpt werden. Diese Anlagen sind dann fest installiert und werden durch die Landestalsperrenverwaltung betrieben.

Leserbrief

Zu unserer Berichterstattung zu den Überschwemmungen in Döbeln erhielten wir folgenden Leserbrief.

Gully einfach mal selbst reinigen

Als das Unwetter am Samstagabend über Döbeln niederging, sagte ich zu meiner Frau: „Wenn es die Kanalisation wieder mal nicht schafft, ist bestimmt der Bauhof schuld, weil die Einläufe nicht gesäubert worden sind“. Prompt konnte man es zu Beginn der neuen Woche in beiden Zeitungen lesen: „Der städtische Bauhof ist wieder einmal der Dumme.“ Und als ob das alles nicht genug sei, muss sich acht Tage später unser Bürgermeister noch halb mit Kniefall dafür entschuldigen, dass die Leute vom Bauhof neben Stadtfestvorbereitung, Gras mähen und Straßenreparaturen nicht alle Gullys im Blick hatten.

Hallo? Liebe Hausbesitzer, Geschäftsinhaber und Mieter dieser Stadt ! Die Helfer kommen doch auch auf Ihr Grundstück und in Ihren Keller, wenn Not am Mann ist, um zu helfen ! Andersherum endet scheinbar das Denken innerhalb der eigenen Grundstücksgrenze? Wer fühlt sich hier nicht in der Lage, zweimal im Jahr „seinen Gullyeinsatz“ vor der eigenen Tür selbst zu reinigen oder dies durch Bekannte und Freunde tun zu lassen?

Es scheint doch viel mehr die Erkenntnis zu sein, das auch so etwas neben Geburtstagen, Urlaub und Feiern in einen Kalender eingetragen werden kann, um es nicht zu vergessen. Mit einmal im März und einmal im Oktober wäre schon ein großer Schritt getan und das Thema wäre vom Tisch. Wir brauchen keinen Notfallplan für alle Eventualitäten, sondern Menschen die vorher anpacken, statt hinterher zu meckern !

Bleibt am Ende nur noch eine Frage offen :

Wenn Bauhof und Bürger das in Zukunft gemeinsam im Blick behalten,

wem schieben wir denn beim nächsten Mal den „schwarzen Peter“ zu, wenn es wieder mehr als normal regnet ?

Thomas Blochwitz, Döbeln

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