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Schafe finden kaum noch Futter

Die Lage wird immer prekärer. Schäfer müssen teilweise schon Futter zukaufen und leiden unter Preisdruck.

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© André Braun

Von Verena Toth

Mittelsachsen. Wir versuchen, mit den Gegebenheiten irgendwie klar zukommen. Doch es wird zunehmend schwieriger. Das sagen Klaus und Evelyn Weidler aus Gleisberg. Das Paar betreibt einen Schafbetrieb und ist damit einer von dreien im Raum Döbeln. Die Tierwirte sorgen sich um die Zukunft ihrer Herde. Noch wollen sie nicht an eine Reduzierung ihres Bestandes denken. Doch auf den ausgedörrten Flächen, auf denen wegen des Wassermangels auch kaum etwas nachwächst, können sich ihre 600 Schafe nur noch spärlich ernähren. „Wir weichen auf ältere Flächen aus, auf denen das Futter aber nicht so nahrhaft ist. Und außerdem müssen wir zufüttern“, berichtet Schäferin Evelyn Weidler. Dafür sind sie gezwungen, die Futterreserven zu verwenden, die eigentlich schon für die Wintermonate geplant waren. Für den Winter werden sie wohl teures Futter zukaufen müssen, schätzt sie ein.

600 Tiere stehen auf den ausgetrockneten Weiden von Schäfer Klaus Weidler. Wenn sie nicht mehr genügend Futter finden, muss zugefüttert werden.
600 Tiere stehen auf den ausgetrockneten Weiden von Schäfer Klaus Weidler. Wenn sie nicht mehr genügend Futter finden, muss zugefüttert werden. © André Braun

Iris Claassen vom Regionalbauernverband Döbeln erklärt die prekäre Lage der Schäfereibetriebe genauer. „Schon der erste Schnitt des Grünfutters hatte nur die Hälfte der sonst üblichen Menge erbracht. Beim zweiten Schnitt sah es noch schlechter aus, nur noch ein Viertel konnten die Landwirte einbringen“, berichtet sie. Auf einen dritten Schnitt, wie sonst üblich, hätten die meisten Landwirte dann ganz verzichtet. „Da lohnte sich schlicht der ganze Aufwand nicht. Solche Flächen wurden dann einfach beweidet“, so die Geschäftsführerin weiter. Doch selbst diese Flächen geben nicht die Futterqualität her, die die Tiere eigentlich brauchen. Denn: Jetzt müssen die Mutterschafe trächtig werden, damit ab dem nächsten Frühjahr genügend Lämmer geboren werden.

Vermarktet wird vorwiegend das Lammfleisch. „Die Wolle ist längst ein Minusgeschäft. Natürlich müssen die Tiere geschoren werden, aber wirklich Erträge können wir mit der Wolle nicht mehr erzielen“, so Evelyn Weidler. Weil Schafhalter in anderen Teilen der Republik ihre Bestände aufgrund der Dürre bereits reduzieren müssen, sei der Markt für Lammfleisch derzeit übersättigt. Hinzu komme noch, dass Lammfleisch nach Deutschland importiert werde, was es den heimischen Vermarktern noch schwieriger mache, macht die Schäferin deutlich.

Ganz so kritisch sieht Volker Hynitzsch von der Leisniger Agrargenossenschaft die Lage nicht. „Der Preis für Lammfleisch ist tatsächlich etwas gefallen, aber noch tragbar“, so seine Einschätzung. Knapp
1000 Schafe gehören zu dem Landwirtschaftsbetrieb. Etwa 600 bis 700 Lämmer werden pro Jahr vermarktet, rund 200 Jungtiere bleiben für die eigene Nachzucht. Auch für den Vorsitzenden der Genossenschaft kommt eine Reduzierung des Bestandes derzeit nicht infrage. „Das wirkt sich auf die nächsten Jahre negativ aus. Schließlich dauert es dann eine Zeit, den Bestand wieder zu erhöhen“, macht er deutlich und hofft auf ein besseres nächstes Jahr.

Auch seine Tiere müssen derzeit auf trockenen, abgeernteten Feldern mühsam nach Fressbarem suchen. „Sie fressen Stroh oder auch ausgefallene Getreidekörner. Auf einer Fläche von etwa 10 Hektar kann die Herde etwa zwei bis drei Tage bleiben, ehe wir eine neue Fläche für sie finden müssen“, so Hynitzsch. Außerdem benötigen die Schafe jeden Tag 5000 Liter Wasser, das wiederum auf die Flächen transportiert werden muss. „Der Aufwand, den wir derzeit für die Tiere betreiben müssen, ist enorm“, sagt der Genossenschaftschef. Und zudem laufe ihnen auch die Zeit davon. „Die Felder, auf denen wir unsere Herde derzeit weiden lassen, müssen in etwa drei bis vier Wochen wieder bestellt werden. Wir müssen dann wieder auf unsere Grünflächen ausweichen. Aber wenn dort nicht zwischenzeitlich etwas nachgewachsen ist, sieht es schlecht aus“, sagt er.

Mit schnellen staatlichen Hilfen rechnen die Schäfer nicht. „Das werden am Ende wieder nur zinsgünstige Darlehen sein, die uns angeboten werden. Ähnlich wie schon im Dürrejahr 2003“, vermutet Evelyn Weidler. Das sei aber nur Hilfe auf Pump, diese Kredite müssten dann auch erst wieder erwirtschaftet werden. Das lehne sie ab.

„Was wir jetzt dringend brauchen, ist Regen“, darüber sind sich die Schäfer und die Chefin des Regionalbauernverbandes einig. Bis November und Dezember können Schafherden eigentlich auf den Weiden bleiben, doch auf den Flächen müsste dann auch tatsächlich erst wieder etwas gewachsen sein.