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Sanierung mit Schattenseiten

Durch den B-169-Bau herrscht in Seerhausen wenig Verkehr. Der walzt nun woanders lang – aber nicht nur da, wo er soll.

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© Lutz Weidler

Von Eric Weser

Seerhausen. Ruhe in Seerhausen – weit und breit ist kein Auto. Die Regel ist das nicht. Normalerweise walzt täglich eine Blechlawine auf der kurvigen Bundesstraße durch den Ort. Laut Verkehrszählung von 2015 mehr als 4 000 Fahrzeuge binnen 24 Stunden, etwa jedes Fünfte davon ein Lkw.

Weil der Freistaat seit Ende März die B-169-Ortsdurchfahrt sanieren lässt, ist der Verkehr zum Erliegen gekommen. Fast zumindest – denn mit der Vollsperrung nehmen es manche Autofahrer nicht so genau. „Die ersten Tage war es besonders schlimm“, erzählt ein Mitarbeiter der Firma Weber Betontrenntechnik, der auf der Baustelle zugange ist. „Da haben manche die Absperrungen beiseite geräumt und sind einfach durchgefahren.“ Der Mann mit Berliner Akzent berichtet, er habe am Straßenbord gesägt, als es hinter ihm hupte. „Einer mit ’nem Lkw, der wollte vorbei.“

Es sei „unverschämt“, wie viele Leute durch die Baustelle fahren, meint auch ein Anwohner. Er zeigt auf ein Rasenstück zwischen seiner Grundstückshecke, dem Fußweg und der gesperrten Straße. Dieses durchzieht eine reifenbreite Spur platt gedrückter Halme. „Dort sind sie drübergefahren.“ Und als ob es noch eines Beispiels bedürfte, rollt ein grauer BMW-Geländewagen mit Freitaler Kennzeichen durch die Baustelle. Statt über Bordstein und Gehweg zu rumpeln, entschließt sich der Fahrer fürs Beiseiteschieben der Absperrung. Wieso er nicht die ausgeschilderte Umleitung gefahren ist? „Die hab’ ich bestimmt nicht wahrgenommen“, sagt der Mann im mittleren Alter, ehe er flugs wieder in seinen Wagen steigt und davonfährt.

Ärgernisse gibt es derweil nicht nur an der Baustelle, sondern auch an den Umleitungsstrecken. Falk Schadel aus dem Ortsteil Radewitz schreibt an die SZ, mit dem Bau der Bundesstraße habe sich die Ortsdurchfahrt Grubnitz und Ragewitz „als inoffizielle Umleitung herauskristallisiert“. Und auch Laster seien unterwegs – trotz eines Lkw-Durchfahrtsverbots.

Die offizielle Umleitung führt von Seerhausen weiter über die B 6 nach Lonnewitz und weiter auf die S 30 und bindet bei Salbitz wieder auf die B 169 auf. Auf diese weiträumige Umleitung lassen sich aber längst nicht alle Autofahrer ein. „Hier ist momentan viel mehr Verkehr als sonst“, erzählt Uta Galle, die an der Ortsdurchfahrt in Grubnitz wohnt. Zu bestimmten Tageszeiten, vor allem morgens und nachmittags, kämen auf der schmalen Straße zum Teil auch Laster durch den Ort. Die meisten in Fahrtrichtung Riesa. Dann werde es schon mal eng. Der Großteil des Umleitungsverkehrs seien aber dennoch Pkws, viele mit auswärtigem Kennzeichen.

Da Pkws im Gegensatz zu den Lastern auch durch den Ort fahren dürfen, hat die Gemeinde bereits reagiert und Tempo-30-Schilder aufgestellt. Das erscheine ihm „eher wie ein Witz“, meint der Ragewitzer Falk Schadel. Weder würden sich Autofahrer an das Tempolimit halten, noch werde dessen Einhaltung kontrolliert. „Momentan mutiert diese Strecke zur Schnellstraße, und das zu allen Tages- und Nachtzeiten“, so der Grubnitzer, der ein Eingreifen der Ordnungsbehörden fordert.

Die Probleme auf den Schleichwegen könnten unterdessen schnell verschwinden, wenn die B 169 in Seerhausen wieder befahrbar ist. Bis Freitag, 5. Mai, sollen die Arbeiten noch andauern. Der Bauherr – das Landesamt für Straßenbau und Verkehr – ist optimistisch, dass der Termin zu schaffen ist. Die Arbeiten lägen gut im Plan, so eine Sprecherin der Behörde. „Aktuell laufen Arbeiten an den Rinnenbereichen und Angleichungsarbeiten an der Fahrbahnentwässerung und Schachtabdeckungen.“ Der Asphalteinbau sei „grob für kommende Woche eingetaktet“.

Der Stauchitzer Bürgermeisters Frank Seifert (parteilos) begrüßt die Reparatur der Seerhausener B 169 ausdrücklich. Gerade in den Kurven habe es größere Schäden gegeben, Anwohner hätten zuletzt auf eine Sanierung gedrängt. Dass der Bau bald planmäßig zu Ende gehen wird, sieht Seifert mit gemischten Gefühlen. „In Seerhausen hätten viele sicher nichts dagegen, wenn die Straße noch ein paar Tage länger gesperrt bleiben würde.“