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Sachsens Mittelstand ruft nach einem Ende der Leuchtturmpolitik

Nach Ansicht des BVMW wird der ländliche Raum vernachlässigt. Geld allein reiche nicht, heißt es.

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© Symbolfoto: Sebastian Gollnow/dpa

Von Michael Rothe

Dresden. Antje Hermenau war im sächsischen Landtag. Noch vor vier Jahren wäre dies das Normalste von der Welt gewesen. Schließlich gilt die 53-Jährige nicht nur als Mutter der hiesigen Grünen, sie war im Landesparlament auch zehn Jahre Fraktionsvorsitzende ihrer Partei. Seit ihrem Parteiaustritt 2015 ist sie „ein politischer Tagelöhner“, wie sie selbst sagt, und im Auftrag des Mittelstandsverbands BVMW unterwegs, der im Freistaat gut 5 000 Mitglieder hat. Im Haus der Volksvertretung sei sie nur noch selten, „und mir fehlt nichts“.

Am Mittwoch suchte die Lobbyistenvereinigung, bundesweit drittgrößte Regionalabteilung, die räumliche Nähe zur Landespolitik, um ein Jahr vor Landtags- und Kommunalwahlen ihre Forderungen kundzutun. Zwar hätten laut einer Umfrage 70 Prozent der Unternehmen gute Konjunkturaussichten, „dennoch braucht der Mittelstand Erleichterungen“, heißt es. Schließlich stehe er für die meisten Jobs, sei er in den Regionen verankert und wichtig für Sponsoring und ehrenamtliches Engagement. Auch seien die Rahmenbedingungen mit Mangel an Fachkräften und Nachfolgern, Russlandsanktionen und Protektionismus im Welthandel nicht gerade günstig. Der Kern der Forderungen: steuerliche Forschungsförderung, Abschaffung des Solidaritätszuschlags, ein Wagniskapitalgesetz, Bürokratieabbau. „Stattdessen bricht eine verschärfte Datenschutzverordnung über uns herein“, sagt BVMW-Vorstand und Landespräsident Jochen Leonhardt.

Zu den tags zuvor von der Landesregierung beschlossenen Mittelstandsrichtlinie – mit aufgestockten Hilfen für Start-ups und E-Business, Digitalisierung als Beratungsschwerpunkt und entfallenen Vergabevorschriften und Zweckbindungsfristen – sagt die BVMW-Spitze nichts. Sie habe sich noch nicht mit dem Papier, es hat 18 Seiten, befassen können, sagt Antje Hermenau. „Man muss sehen, wie es weiter geht, Geld allein reicht nicht.“ Die Lobbyistin ergänzt: „Die Leute können sich selbst helfen, man muss sie nur lassen.“ Es gehe um unternehmerische Erleichterungen, ohne den Rechtsstaat infrage zu stellen.

„Sachsen muss weg von der Leuchtturmpolitik und den vernachlässigten ländlichen Raum nachhaltig entwickeln“, fordert Präsident Leonhardt, selbst Wirtschaftsprüfer und Steuerberater. Zu den 2017 verkündeten und teils geplatzten Neuansiedlungen sagt er: „Das Land soll weniger auf Ansiedlungen setzen, sondern jene unterstützen, die da sind – etwa durch die Bereitstellung von Gewerbeflächen.“