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Sachsens Gästeführer treffen sich in Zittau

Was können Sachsens Touristiker vom Dreiländereck lernen? Zusammenarbeit braucht vor allem Geduld.

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© www.foto-sampedro.de

Von Mario Heinke

Die rund 40 Gästeführer aus Sachsen und Brandenburg überqueren den Friedhof an der Zittauer Frauenstraße, um im Innern der Kreuzkirche das Fastentuch zu sehen. Der ehemalige Museumsdirektor Volker Dudek hat den Friedhof am Schließtag für die Gruppe geöffnet und erinnert bei strahlendem Sonnenschein an den Zustand der Kreuzkirche zur Wendezeit, als diese drohte einzustürzen. Heute ist das ehemalige Gotteshaus ein touristischer Anziehungspunkt der Stadt. Die Zuhörenden sind allesamt vom Fach und haben ein Wochenende in Zittau und dem Zittauer Gebirge hinter sich.

Nach Dresden und Chemnitz holte Zittaus Stadtführer Jochen Kaminsky den dritten Gästeführertag 2018 des Tourismusverbandes Dresden nach Zittau. In seinen Händen lag auch ein Großteil der Vorbereitungen. Die Gästeführer nutzen solche Treffen, um Erfahrungen auszutauschen und voneinander zu lernen. Wegen der besonderen Lage im Dreiländereck fiel die Wahl des Tagungsortes in diesem Jahr auf Zittau, sagt Carola Knipping, stellvertretende Vorsitzende des Tourismusverbandes. Sie fragte: „Wie können wir uns für die Kulturen unserer Gäste aus den verschiedenen Ländern sensibilisieren“. Das Ziel des Treffens: Die Gästeführer stärken ihre interkulturelle Kompetenz und profitieren von den Erfahrungen der Touristiker im Dreiländereck. Grenzüberschreitende Erfahrungen sollten bei der Beratung im Salzhaus am Montagvormittag im Mittelpunkt stehen.

Oberbürgermeister Thomas Zenker (Zkm) berichtete in seiner kurzen Begrüßungsrede über die enge Zusammenarbeit mit den Partnern in Polen und Tschechien. Er sagte: „Europa ist bei uns zu Hause. “ Er berichtete aber auch darüber, dass ihm seine Partner in den Rathäusern jenseits der Grenzen durch die Wahlen gerade abhandengekommen seien. Museumsdirektor Peter Knüvener stellte sein Haus kurz vor und verwies auf die enge Zusammenarbeit mit den Museen in Liberec (Reichenberg), die sich nun in einem gemeinsamen Veranstaltungskalender manifestiert.

Angela Muder vom Tourismuszentrum Naturpark Zittauer Gebirge schilderte ganz praktische Probleme. So stehen in Zittau nur zwei Stadtführer zur Verfügung, die Führungen in polnischer oder tschechischer Sprache durchführen können. Für den derzeitigen Bedarf sei das noch ausreichend, aber für die Zukunft zu wenig, so Frau Muder. In der anderen Richtung ist mehr Bewegung, viele deutsche Touristen buchen Tagesausflüge in die Nachbarländer, ins Riesengebirge, ins Hirschberger Tal oder nach Liberec (Reichenberg). Eine tschechische Kollegin, die seit einem Jahr im Tourismuszentrum arbeitet, sei bei der Zusammenarbeit mit den Anbietern jenseits der Grenze und bei der Zusammenstellung der Angebote sehr hilfreich, so Angela Muder. Jochen Kaminsky, der oft mit Busreisegruppen in den Nachbarländern unterwegs ist, berichtete von ganz praktischen Schwierigkeiten, etwa wenn verbindliche Bestellungen in böhmischen Restaurants von den Betreibern nicht ernst genommen werden. Die Wirte sind dann überrascht und überfordert, wenn er plötzlich mit 40 Gästen in der Tür steht. Fehlende Umtauschmöglichkeiten oder die Weigerung, EC-Karten als Zahlungsmittel zu akzeptieren, sorgen in Tschechien manchmal für unnötigen Stress, berichtete eine Zittauer Stadtführerin.

Jenseits des organisierten Reisens ist der Individualtourismus aus den Nachbarländern in den vergangenen Jahren stark angestiegen, sagte Jochen Kaminsky und ergänzt: „Touristen aus Polen und Tschechien reisen aufgrund der Nähe weniger organisiert an, kommen öfter zu Tagesausflügen nach Zittau oder ins Gebirge“..

Die weitere Diskussion zeigte: Den angereisten Gästeführern brennen ganz andere Probleme unter den Nägeln, die interkulturelle Kompetenz gehört wohl nicht zu wichtigsten. In der weiteren Debatte ging es deshalb unter anderem um die Höhe von Provisionen, die von den städtischen Tourist-Informationen kassiert werden oder wie das Berufsbild des Gästeführers attraktiver werden kann. Die prekären Beschäftigungsverhältnisse stehen dem oft entgegen und führen zu dem allgegenwärtigen Nachwuchsmangel in der Branche. Ein Vertreter aus dem Spreewald berichtete, wie die dortigen Gästeführervereine sich ihre Gäste inzwischen selbst heranholen und auf die Vermittlung durch die kommunalen Tourist-Informationen, die am Wochenende ohnehin geschlossen hätten, ganz verzichten.