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Rückenschule statt kühles Blondes

Seit 20 Jahren betreibt Katrin Schubert eine Physiotherapie in der ehemaligen Gaststätte ihrer Großeltern.

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© Kristin Richter

Von Jörg Richter

Priestewitz. Die Zottewitzer sind für ihren Humor bekannt. Auch wenn es um ihre ehemalige Kneipe geht. Sie liegt mitten im Dorf und beherbergt heute die Physiotherapie von Katrin Schubert. „Früher waren wir hier tanzen, heute lassen wir uns hier behandeln“, erzählen ältere einheimische Patienten, wenn sie zum Massieren kommen. Tatsächlich soll es hier 1975 zum letzten Mal eine Tanzveranstaltung gegeben haben. „Da war ich gerade mal ein Jahr alt“, sagt Katrin Schubert. Ihre Großeltern waren damals die Wirtsleute. Noch bis 1986 betrieben sie hier eine Kneipe. Dann war Schluss.

Wo heute Patienten von Katrin Schubert ein- und ausgehen, war lange Zeit nur ein großer Abstellraum. Vor 20 Jahren hat hier die gelernte Physiotherapeutin ihre eigene Praxis eröffnet. Zuvor hatte sie diesen Beruf drei Jahre am Universitätsklinikum Dresden erlernt und anschließend zwei Jahre im ehemaligen Großenhainer Krankenhaus gearbeitet.

Rückenbeschwerden nehmen zu

Den Schritt gewagt zu haben, sich als Physiotherapeutin selbstständig zu machen, hat sie nicht bereut. Sie hat viele Kunden, nicht nur aus Zottewitz, sondern vielen der 22 Ortsteile der Gemeinde Priestewitz sowie aus Diesbar-Seußlitz und Nieschütz. Selbst aus entfernteren Dörfern der Gemeinde Diera-Zehren kommen Patienten, um sich von ihr behandeln zu lassen. Das macht die zweifache Mutter stolz.

Männer häufiger betroffen

Rückenbeschwerden sind eine der wichtigsten Ursachen für Arbeitsunfähigkeit in Deutschland. Beinahe jeder dritte Erwachsene hat öfter oder ständig Rückenbeschwerden.

Unter Dak-Versicherten waren Rückenschmerzen mit 5,6 Prozent aller Arbeitsunfähigkeitstagen im Jahr 2016 die zweitwichtigste Einzeldiagnose.

Männer sind deutlich häufiger betroffen als Frauen. So entfielen laut Betriebskrankenkassen 2015 auf diese Diagnose bei Männern durchschnittlich rund 1220 Arbeitsunfähigkeitstage auf je 1000 Mitglieder. Bei Frauen waren es durchschnittlich 954 Tage auf je 1000 Mitglieder.

Im Schnitt dauerte 2015 eine durch Rückenbeschwerden bedingte Arbeitsunfähigkeit 13,5 Tage.

Quelle: Krankenkassen.

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Allerdings weiß sie auch, dass es in ihrer Branche viel zu tun gibt. Rücken- und Hüftbeschwerden nehmen zu. Das belegen regelmäßig Studien von verschiedenen Krankenkassen (siehe Kasten). „Das betrifft Jung und Alt“, sagt Katrin Schubert. „Selbst bei Kindern schon.“ Oft hätten Kinder eine falsche Fußhaltung. „Da ist es wichtig, sie zu behandeln, damit es später keine Folgen für Hüften und Wirbelsäule gibt“, so die Zottewitzerin. Die erfahrene Physiotherapeutin führt es u. a. darauf zurück, dass Kinder heutzutage schon von klein auf in Schuhe gezwängt werden. Früher seien Kinder viel mehr barfuß gegangen, was gut für die Füße ist.

Katrin Schubert hat beobachtet, dass viele Leute kaum noch ihre Zehen spreizen können, was sie auf falsche Schuhe zurückführt. Vor allem in Berufen, in denen man viel steht, sei das problematisch. Patienten, die dagegen viel sitzen auf Arbeit, klagen über Nackenbeschwerden. „Auf alle Fälle sind Schmerzen ein Signal des Körpers, das man nicht ignorieren sollte“, sagt Katrin Schubert. Doch nicht immer fallen die Schmerzen sofort auf. Durch Stress würden sie unterdrückt. Umso wichtiger sei es, sich in der Freizeit einen Ausgleich zu suchen. Für Büroangestellte sei Bewegung die richtige Medizin. Deshalb bietet sie auch Nordic-Walking-Kurse an.

Sehr beliebt sind ihre Rückenschulkurse. Mittlerweile bietet sie sie in acht Gruppen pro Woche an. Dabei teilt sie sich in diese mit ihren Kollegen Kathleen Hanke und Jens Hornschuh, die ihre Physiotherapie bereits seit 19 bzw. neun Jahren verstärken. Doch besonders dankbar ist sie ihrer Familie. „Ohne ihre Unterstützung hätte ich die vielen Lehrgänge nicht machen können“, sagt sie.