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Roter Doppeldecker in Shanghai

Von Großenhain in die Welt: „Grüner wird’s nicht“ mit dem beliebten Schauspieler Elmar Wepper feiert seine Premiere.

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© privat

Von Catharina Karlshaus

Großenhain. Es ist sein bisher weitester Weg. Am Freitag flog der rote Doppeldecker gewissermaßen von Großenhain hinaus in die Welt. Von der 18 724 Einwohnerstadt an der Röder nach Shanghai, in die größte Stadt Chinas. Geradewegs dorthin, wo seit gut einer Woche Filmschaffende aller Kontinente zusammenkommen. KKein Wunder auch. In der ostchinesischen Metropole kämpfen im Rahmen des 21. Internationalen Filmfestivals zahlreiche Streifen um die Gunst der Juroren. Darunter auch jene Komödie, die unter dem Titel „Grüner wird’s nicht, sagte der Gärtner und flog davon“ mit Elmar Wepper in der Hauptrolle als Gärtner „Schorsch“ und seinem Flugzeug, dem roten Doppeldecker aus Großenhain, am Freitag ihre Weltpremiere feierte.

Ein Film, der von Oberbayern über das Rheinland, die Nordsee bis nach Brandenburg führt. Denn Gärtner Schorsch, welcher in einer bayerischen Kleinstadt täglich in seinem kurz vor der Pleite stehenden Betrieb schuftet, hat es endlich getan. Als der Gerichtsvollzieher sein geliebtes Flugzeug – eben jenen roten Doppeldecker – pfänden will, fliegt Schorsch einfach davon. Weg von seiner nervigen Frau, fort von der künstlerisch ambitionierten Tochter, dorthin, wo er sich so richtig wohlfühlt. Über den Wolken beginnt eine Reise, die ihn an unbekannte Orte führt, voller skurriler und besonderer Begegnungen. Gleich nun, ob im Dresdner Elbsandsteingebirge, dem Starnberger See, im Garzweiler Tagebau, dem Kölner Dom oder mitten im Wattenmeer. Mit jedem Start und jeder Landung öffnet Schorsch alias Elmar Wepper ganz langsam sein Herz wieder für das, was man gemeinhin eine Ahnung von Glück nennt.

Glück, das seit Beginn der Dreharbeiten am 16. August vergangenen Jahres auch Jan Meißner fühlen konnte. Als fester Bestandteil der Filmcrew durfte der Inhaber der Flugschule „Born2fly“ viel Zeit mit so renommierten Darstellern wie Dagmar Manzel, Emma Bading oder Ulrich Tukur verbringen. Jan Meißner, von der Produktionsfirma um den Oscar-prämierten Regisseur Florian Gallenberger offiziell als Weppers Double verpflichtet, avancierte in kurzer Zeit zum Erfolgsgarant des Films. „Normalerweise würde man derartige Flugaufnahmen mit einem Hubschrauber drehen, da eine Drohne zu langsam wäre. Aber Hubschrauber sind für so viele Drehorte unbezahlbar und sorgen zudem für zu viele Verwirbelungen, die den Doppeldecker gefährdet hätten“, erklärt Produzent Benjamin Herrmann. Also sei an ein zweites Ultraleichtflugzeug ein fernsteuerbarer Kamerakopf befestigt worden. Ein Kameramann habe diese Kamera dann aus dem sogenannten Kameraflugzeug gesteuert. „Nun kann man mit Flugzeugen ja nicht einfach in der Luft stehen bleiben, um die richtige Position für eine Aufnahme zu finden, sodass die beiden Piloten, Tom Huber und Jan Meißner, extrem koordiniert arbeiten mussten“, gibt Benjamin Herrmann zu bedenken.

Der zweite Hauptdarsteller ist ein Leichtgewicht

Der Produzent des Films, Benjamin Herrmann, bezeichnet die Zusammenarbeit mit Jan Meißner als absoluten Glücksgriff. Der Inhaber der in Großenhain ansässigen Flugschule „Born2fly“ sei ein fester Teil des gesamten Teams gewesen und habe den Doppeldecker bei sämtlichen Flugaufnahmen – als Double von Elmar Wepper – geflogen. „Im Roman ist das Flugzeug eine Piper mit geschlossener Kanzel. Ich wollte aber unbedingt einen offenen Flieger, am liebsten einen Doppeldecker. Die sehen so toll aus und passen in ihrer Altmodigkeit zu Schorsch. Wir haben uns zahllose Flugzeuge angesehen, sind regelrecht zu Spezialisten geworden, und haben letztlich auf dem Flugplatz in Sachsen durch Zufall in einer Halle eine rote Kiebitz, den Doppeldecker, gefunden“, erzählt Benjamin Herrmann.

Die Kiebitz ist ein Doppeldecker-Unikat und wurde nach einem Bauplan zusammengebaut. Das Flugzeug wiegt nur 280 Kilogramm und fliegt zwischen 80 und 100 Kilometer pro Stunde. Für extreme Notfälle ist er mit einem Gesamtrettungssystem ausgerüstet.

Der Doppeldecker kann theoretisch auf jedem Feld, das hindernisfrei und länger als 200 Meter ist, landen. In Deutschland muss dies allerdings auf stets zugelassenen Plätzen getan werden.

Wird die Maschine solo geflogen, muss der Pilot hinten Platz nehmen, damit der Schwerpunkt im zulässigen Bereich liegt.

Gesteuert wird der Kiebitz um drei Achsen. Die Querruder, das Höhenruder sowie das Seitenruder. Durch die Bewegung des Steuerknüppels nach rechts und links wird das Flugzeug in der Waagerechten gehalten. Durch ziehen und drücken kann der Steig- und Sinkflug gesteuert werden. Mittels Fußpedalen wird die Richtung sowohl am Boden als auch in der Luft gehalten.

Der Vortrieb kommt durch den Motor, der sich in der Nase des Flugzeugs befindet. Eine Besonderheit liegt darin, dass je Zylinder zwei Zündkerzen verbaut sind, die durch unabhängige Zündkreise abgesichert sind. Auch bei Ausfall eines Zündkreises, einer oder mehrerer Kerzen, ist der Motor mit geringen Leistungsverlusten voll funktionstüchtig.

Das Gewicht ist ein absoluter Vorteil: Bereits nach 50 bis 100 Metern kann die Maschine abheben.

Die Tragflächen sind mit einem speziellen, hochfesten Kunststoff bespannt. Dadurch wiegt die untere Tragfläche lediglich circa 14 Kilogramm. Die obere bringt nur gut 16 Kilogramm auf die Waage.

Der Rumpf der Kiebitz wurde aus einem Stahlrohrrahmen gefertigt. Zur Federung des Fahrwerks werden Expandergummis verwendet.

Für die Dreharbeiten wurde der Kiebitz ein wenig umgebaut. Damit Elmar Wepper nicht selbst das Flugzeug steuern muss, wurden an vorderen Sitzplatz Hebel für Bremse und Gashebel eingebaut. Auf diese Weise war es Jan Meißner möglich, den Doppeldecker von vorn zu starten und zu landen – während Elmar Wepper auf dem eigentlichen Pilotensitz so tun konnte, als ob er die Maschine selbst steuert.

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Zum Teil seien die Flugzeuge nur wenige Meter voneinander entfernt gewesen. Eine Konstellation, in der man dann halb Deutschland abgeflogen habe. „Bei den meisten Aufnahmen saß ich als Regisseur der Flugaufnahmen mit einem Monitor eingequetscht im Fußraum des Doppeldeckers. So sind die wirklich sensationellen Aufnahmen entstanden!“

Aufnahmen, die in Shanghai nun erstmals der Öffentlichkeit gezeigt werden. 3 447 Filme aus 108 Ländern und Regionen haben sich für das renommierte Festival angemeldet. 13 Filme, darunter „Friday’s Child“ aus den USA, „Hattrick“ aus dem Iran, „Lost, found“ und „Ala Changso“ aus China sowie „Grüner wird’s nicht, sagte der Gärtner und flog davon“ – als einziger deutscher Beitrag – werden um den höchsten Preis des Festivals, das goldene Jue ringen.