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Rodeln ohne Schnee

Der Weihnachtsmarkt in Großenhain ist eröffnet – und präsentiert wieder den richtigen Mix aus Gaumenfreuden und Unterhaltung.

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© Kristin Richter

Von Kathrin Krüger-Mlaouhia

Großenhain. Es dauert meist nur eine Viertelstunde, dann ist der Riesenstollen verputzt. Weihnachtsmann, Oberbürgermeister und Wichtel kommen meist gar nicht hinterher, eine Scheibe von dem süßen Backwerk in die vielen hochgereckten Hände zu stecken. Kostet ja schließlich nix. Ein bisschen mehr Zuckerguss habe er sich schon gewünscht, sagt Sven Mißbach und meint damit den Schnee, der zur Weihnachtsmarkt-Eröffnung wieder einmal ausgeblieben ist.

Nach dem Stollenanschnitt verteilen Linda Nacke (l.) und Sophie Naumann das Gebäck von Bäckermeister Faust.
Nach dem Stollenanschnitt verteilen Linda Nacke (l.) und Sophie Naumann das Gebäck von Bäckermeister Faust. © Kristin Richter

Aber eigentlich brauchen die Großenhainer die weiße Pracht gar nicht – am ersten Advent ist der Hauptmarkt bei jedem Wetter proppenvoll. Die einen kommen wegen des hübschen und vielseitigen Kulturprogramms, das dort jedes Jahr in der Adventszeit über die Bühne geht. Die anderen, um mit Freunden und Bekannten einen Glühwein oder einen Rumpunsch zu trinken und nett zu plaudern. Fast alle aber kommen, um das reichhaltige kulinarische Angebot auszuprobieren.

Alexander Waltinger ist aus dem Räderwerk des Großenhainer Weihnachtsmarktes nicht mehr wegzudenken. Er betreibt gleich drei verschiedene Imbiss- und Getränkestände und sorgt überdies dafür, dass an der Rodelbahn alles rund läuft. Seit er vor zwei Jahren den Rutsch-Betrieb erstmals übernommen habe, sei es mit dem Bergabfahren stetig bergauf gegangen. Bei gutem Wetter kommen pro Tag schon mal um die 500 Partien zustande. „So ganz genau weiß ich das gar nicht, weil jeder, der an unserem Stand einen Glühwein trinkt oder eine Waffel isst, eine Gratisfahrt bekommt.“ Die wird dann meist an die Kinder vergeben, während Eltern oder Großeltern sich fünf Minuten Ruhe gönnen. Wochentags, vor allem bei Regenwetter gehen die Besucherzahlen auch mal auf 100 zurück, aber insgesamt ist die Reifenrutsche doch eine Erfolgsgeschichte. „Mich haben sogar schon Chemnitzer angesprochen, die extra wegen des Rodelns nach Großenhain kommen“, erzählt Alexander Waltinger.

Der Event-Caterer hat die Konzession für die Rodelbahn von der Stadt übertragen bekommen, und auch sonst arbeitet er mit dem Rathaus Hand in Hand. Als das Weihnachtsmarkt-Organisationsteam nach einem Fisch-Imbissbetreiber suchte, erklärte sich Waltinger spontan bereit. „Wir haben das ganze Jahr über geübt und getestet – bis der so schmeckte, wie wir ihn haben wollten“, sagt er. Und die Sache sei am ersten Weihnachtsmarkt-Wochenende auch richtig gut eingeschlagen. Alexander Waltinger ist mittlerweile das sechste Mal auf dem Hauptmarkt dabei, er hat sein Angebot Jahr für Jahr ausgebaut. Am großen Imbissstand innerhalb des Markt-Viertels werden Krautnudeln, Bauern- und Pilzpfanne angeboten. Die Großenhainer seien eine kritische und etwas zurückhaltende Kundschaft, so Waltingers Erfahrung. Aber wenn sie dann einmal an etwas Gefallen gefunden haben, auch eine sehr treue. Der Böhlaer betreibt seine Imbissversorgung als reines Reisegewerbe und ist das ganze Jahr über fast jedes Wochenende an einem anderen Ort. Auf Messen in Dresden, Leipzig und Berlin etwa, oder auf Volksfesten und Märkten.

Dimitri Bela bringt mit seinen russischen Spezialitäten eine internationale Note in den Weihnachtsmarkt. Gut, an anderen Ständen gibt es ungarische Langos und Elsässer Flammkuchen. Aber Pelmeni, Borschtsch und Tschebureki haben für die Großenhainer doch eine ganz eigene Faszination. Wahrscheinlich deshalb, weil es durch den Flugplatz über Jahrzehnte doch einige Berührungspunkte zwischen den Kulturen gab. Die Teigtaschen mit Hackfleisch und die Kraut-Rote-Beete-Suppe finden hier reißenden Absatz. Bela stammt aus Kasachstan, seine Frau ist Russin – jetzt leben die beiden in Riesa. Dort bewirtschafteten sie einige Jahre lang das Bootshaus-Lokal, bevor sie in die Imbiss-Branche wechselten. Punsch-Verkäufer Udo Häfner ist schon seit 1993 auf den Weihnachtsmarkt zugange. Ohne seine Feuerzangenbowle wäre das Markttreiben wohl nur halb so schön. Jeden Tag wird ein gewaltiger, selbstgefertigter Zuckerhut entzündet, und nach und nach wandert ein gutes Dutzend Flaschen Rum in den Bowlekessel.

Seit Jahren schenkt Häfner seine Feuerzangenbowle in Smoking und Zylinder aus – das ist Kult, darüber hinaus wirkt sich das spezielle Gentleman-Flair belebend auf den Umsatz aus. Alles zusammengenommen wird Großenhain wieder seinem Ruf gerecht, einen der schönsten Weihnachtsmärkte der Region auszurichten.