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Riesaer Ex-OB Horst Barth gestorben

Er stand von 1991 bis 2001 an der Spitze der Stadt. Am Freitag starb er im Alter von 85 Jahren.

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© Archivfoto: Alexander Schröter

Von Jürgen Müller

Riesa. Der ehemalige Riesaer Oberbürgermeister Dr. Horst Barth ist tot. Er starb am Freitag in Riesa im Alter von 85 Jahren. Horst Barth hinterlässt Ehefrau Helga und die beiden Söhne Uwe und Holger. Der gebürtige Torgauer trat aus Altersgründen 2001 nicht noch einmal zur Wahl an und übergab die Amtsgeschäfte an seinen Nachfolger Wolfram Köhler (CDU), der allerdings nicht einmal zwei Jahre im Amt war. Danach wurde Köhler Olympia-Staatssekretär. Auf ihn folgten Gerti Töpfer und Marco Müller (beide CDU). „Herr Dr. Barth hat die positive Entwicklung unserer Stadt über viele Jahre aktiv gestaltet. Dafür bin ich ihm dankbar. Mein Mitgefühl gilt seiner Ehefrau und allen Angehörigen“, so Riesas Oberbürgermeister Müller.

Barth fand erst spät in die Politik. Nachdem er an der damaligen Erweiterten Oberschule „Max Planck“ in Riesa das Abitur ablegte, studierte er Mathematik und Physik an der Universität Leipzig. Von 1955 bis 1963 war er Lehrer an der Mittelschule Strehla, absolvierte ein Fernstudium an der Technischen Universität Dresden, das er als Diplom-Ingenieur für Betriebsprojektierung abschloss. 1973 promovierte er zum Doktor-Ingenieur auf dem gleichen Gebiet, war von 1960 bis 1963 bei der Deutschen Reichsbahn für die Ingenieurausbildung zuständig. Danach war er bis 1990 an der Riesaer Ingenieurschule für Walzwerk- und Hüttentechnik als Dozent tätig, seit 1971 in der Abteilung Fern- und Abendstudium.

Horst Barth war seit 1955 Mitglied der Liberaldemokratischen Partei Deutschlands (LDPD), von 1990 bis 2000 der Freien Demokratischen Partei (FDP). Er war seit 1990 stellvertretender Bürgermeister der Stadt Riesa. Schon in der Wendezeit saß er für den „Bund Freier Demokraten“ am Runden Tisch. Dann kam die Kommunalwahl, in der es eine Koalition aus CDU, SPD, FDP und der Bürgerinitiative „Friedensgebet“ gab. Die CDU gewann die Wahlen mit großem Vorsprung, hatte aber keinen eigenen Kandidaten. Deshalb sollte Barth Riesas Bürgermeister werden, der damals nicht direkt gewählt wurde, sondern von den Stadträten.

Doch kurzfristig hatte die CDU mit Manfred Jope doch einen eigenen Kandidaten. Dieser trat aus persönlichen Gründen nach einem Jahr zurück, Barth wurde Stadtoberhaupt. Er war damit seit 1864 der 18. Riesaer Bürgermeister. 1994 sollte es dann aber nach dem Willen der CDU-Mehrheitsfraktion damit zu Ende sein. Barth wurde von der CDU vorgeworfen, dass Riesa im Zuge der Kreisreform den Verwaltungssitz verloren und sich Röderau nicht der Stadt angeschlossen hatte. Das wurde ihm als persönliches Versagen angelastet. Doch den Misstrauensantrag überstand er.

Horst Barth war nie einer, der sich in den Vordergrund stellte, dies überließ er anderen. „Meine Aufgabe habe ich immer darin gesehen, dass es vorwärtsgeht für die Stadt. Persönliche Eitelkeiten sind da fehl am Platze. So etwas brauche ich nicht. Manch einer hatte es nötig, weil er das werden wollte, was ich schon war. Ich habe etwas gegen Personenkult“, sagte er in einem SZ-Interview im Jahre 2001, wohl mit deutlichem Hinweis auf seinen Nachfolger Wolfram Köhler. Obwohl er seit 1994 Oberbürgermeister war – es hing mit dem Status von Riesa als Große Kreisstadt zusammen, den diese nach dem Verlust des Kreissitzes erhielt – agierte er meist im Hintergrund. Manch einer wusste gar nicht, dass es in Riesa einen Oberbürgermeister gibt. In den Medien kamen immer andere zu Wort. Eine Boulevardzeitung titulierte Barth gar einmal als den „Unsichtbaren“.

In seine Amtszeit fielen unter anderem der Umbau der Riesaer Hauptstraße zum Fußgängerboulevard und der Bau der Riesaer Innenstadttangente, der „Stadtautobahn“, auf der Riesa von der Elbbrücke aus kreuzungsfrei durchfahren werden kann.

In seiner Amtszeit mussten aber auch viele schmerzhafte Entscheidungen in der Stadt getroffen werden. Sein Ziel war es, Riesa als Industriestadt soweit wie möglich zu erhalten. Das ist nur teilweise gelungen. Besonders die Schließung des Zündwarenwerkes und der Baumwollspinnerei schmerzten ihn. Auch in der Stadtverwaltung selbst waren harte Schnitte nötig. Von 1 400 Bediensteten mussten 900 entlassen werden. Auch auf einem anderen Gebiet musste er eine Niederlage einstecken. Seine Vorstellung, dass ein einziger Investor die gesamte Pausitzer Delle sanieren kann, scheiterte krachend. Barth bezeichnete dies rückblickend als seine größte Enttäuschung, als seinen größten Fehler.

Nach seiner Amtszeit zog sich Horst Barth ins Private zurück. So lange es ging, unternahm er mit seiner Frau Helga, mit der er mehr als 64 Jahre verheiratet war und im März kommenden Jahres eiserne Hochzeit gefeiert hätte, viele Reisen. Zudem betrieb er Ahnenforschung und katalogisierte seine Bibliothek, die insgesamt mehr als 6 500 Bände zählt.