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„Recht und Ordnung gelten auch für Gäste“

Ungeplant diskutiert die Görlitzer CDU über die Einwanderung. Und tut sich schwer mit Antworten auf Probleme.

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© Danilo Dittrich

Von Sebastian Beutler

Görlitz. Fraktionschef Dieter Gleisberg hatte gerade seinen Parforceritt durch die Görlitzer Kommunalpolitik beendet, von Kita-Plätzen über See-Pläne bis hin zur Stadthalle, als der frühere Jugendamtsleiter Maik Grüllig auf der Mitgliederversammlung der Görlitzer CDU ein ganz anderes Thema anschlug. Er hatte beobachtet, dass eine kleine Gruppe von Migranten drauf und dran ist, die weithin gelassene Stimmung gegenüber Einwanderern in der deutschen Mehrheitsgesellschaft in Görlitz kippen zu lassen. Sie führen so schnell auf ihren Rädern durch den Bahnhof, dass die Passanten nicht mehr ausweichen könnten. Und auch auf dem Wilhelmsplatz würden sie die Rasenfläche für alles mögliche nutzen. Ministerpräsident Michael Kretschmer, den sie an diesem Abend nur „unseren Michael“ nennen, hätte doch beim Neujahrsempfang der CDU gesagt, dass die Einwanderer sich hier an die Regeln zu halten hätten, im Zweifel müsste die deutsche Mehrheitsgesellschaft ein klares Stopp-Signal setzen. Grüllig fragte nun, wer setze denn in Görlitz mal ein Stopp-Signal.

Da war es wieder, das Thema Einwanderung. Wie die Kanzlerin, so kommt auch die CDU in Görlitz an diesem Thema nicht vorbei, auch wenn man sich nicht auf das eine Thema reduzieren lassen will. Zumal die Erinnerungen an den Bundestagswahlkampf noch wach sind, als die CDU völlig überraschend ihr Direktmandat an der Neiße an die AfD verlor. Aber Einwanderung ist eben kein AfD-Thema, sondern eines, das die Menschen durchaus umtreibt. Das bestätigen auch andere CDU-Mitglieder an diesem Abend.

Der frühere Stadtrats-Fraktionschef Werner Paul fragt, wie denn Vertrauen gegenüber den Muslimen entstehen soll, wenn die Ansprechpartner des muslimischen Zentrums in Görlitz dieselben seien wie bei der ersten letztlich aus baurechtlichen Gründen verbotenen Moschee. Ein anderer bestätigt Grülligs Beobachtungen am Wilhelmsplatz, wo über die frisch gepflanzten Blumenrabatten gebolzt werden würde. Seine Mutter, eine treue CDU-Wählerin, sei es leid und habe keine große Lust, bei der nächsten Wahl wieder die Union zu wählen. „Wenn wir uns das auf Dauer gefallen lassen, dürfen wir uns nicht wundern, wenn die Leute sauer sind“, sagte er. Und Grüllig fügte an: „Das Thema wird uns bei den Wahlen im kommenden Jahr um die Ohren fliegen.“ Zumal auch das Prinzip der dezentralen Unterbringung in der Stadt nicht funktioniere: „Gehen Sie am Abend durch die Kunnerwitzer Straße. Überall, wo Neonröhren an der Decke hängen, leben Migranten.“ Das seien sehr viele.

Einmal ins Rollen gekommen, ist die Debatte nicht mehr zu stoppen. Der frühere Landtagsabgeordnete Volker Bandmann steuert seinerseits die Erzählung seiner Fußpflegerin bei, die abends noch die Tageseinnahmen zur Sparkasse bringen wollte und auf der Berliner Straße von Migranten angepöbelt worden sei. „Es gibt offensichtlich ein Problem“, schlussfolgerte er und schlägt vor, die Mitarbeiter des Ordnungsamtes in ähnlichem Outfit wie die richtige Polizei auftreten zu lassen. „Sie müssen als Stadtpolizei zu erkennen sein“. So wie das auch in Zgorzelec der Fall sei.

Auch seinem Nachfolger im Landtag und CDU-Stadtvorsitzendem Octavian Ursu, der mit 89 Prozent an diesem Abend wieder zum Görlitzer CDU-Chef gewählt wurde, ist das Thema nicht fremd. Betroffene Bürger und Anwohner suchten Hilfe in seiner Bürgersprechstunde. Für Ursu ist klar: „Es ist nicht akzeptabel, was teilweise auf dem Wilhelmsplatz geschieht.“ Wer hierher als Gast komme, der müsse sich auch so verhalten. Und: „Die Leute erwarten von uns, dass wir Recht und Ordnung durchsetzen.“

Maik Grüllig schlug vor, dem Ordnungsamt mit dem nächsten Haushalt vier Planstellen zusätzlich zu genehmigen, damit im Schichtdienst bis 22 Uhr die neuralgischen Punkte der Stadt auch kontrolliert werden könnten. Dass das Ordnungsamt personell unterbesetzt ist, gestand auch Gleisberg zu. Es habe bereits Gespräche zwischen der Fraktion und der Leiterin des Amtes gegeben. Gleisberg sicherte zu, dass das Ordnungsamt bei der Haushaltsberatung eine wichtige Rolle spiele, vielleicht wäre es aber auch nötig, dass es im Stadtrat mal eine Debatte zu den Folgen der Einwanderung gibt – ohne jede Rücksicht auf politische Korrektheit. Der Vorsitzende des CDU-Nachwuchses in Görlitz, Junge-Union-Chef Florian Oest, mahnte aber auch, nicht über das Ziel hinauszuschießen. Er teilte zwar den Grundsatz, Recht und Ordnung durchzusetzen. Sagte aber auch: „Öffentliche Plätze sind zum Leben da.“ Ein Picknick auf Grünflächen, auch auf dem Wilhelmsplatz, müsse möglich sein. Rechtlich ist es das sowieso.