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Putzen beim fast vergessenen Badedoktor

Erika Wolf will die Erinnerung an den Naturheilkundler Hermann Wolf wecken. Denn bald steht in Freital ein Jubiläum an.

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© Karl-Ludwig Oberthür

Von Dorit Oehme

Freital. Zweige und Zapfen hat sie zusammengefegt. „Kürzlich habe ich auch aufgegangene Samen aus dem Rollkies gezupft“, sagt Erika Wolf. Sie tritt vom Hermann-Wolf-Denkmal zurück. Dann legt sie unterm Ahornbaum gegenüber zwei geflochtene Sitzkissen aus, um von dem Lehrer und Naturheiler zu erzählen.

Die Freitalerin hilft seit etwa zwei Jahren bei der Pflege des Rondells, das an den Gründer des Windbergbades erinnert. Verwandt ist sie mit ihm nicht. Hermann Wolf wurde 1861 in Großwaltersdorf im Erzgebirge geboren. 1883 kam er als Volksschullehrer in den heutigen Freitaler Stadtteil Döhlen, wo er 1939 starb.

Das Denkmal steht unterhalb des Eingangs zum Freibad, das von den Technischen Werken TWF betreut wird. Dort ist man dankbar über die ehrenamtliche Unterstützung. „Gerade in der Saison sieht es schöner aus, wenn das Rondell zusätzlich zu unseren turnusmäßigen Durchgängen öfters gepflegt wird“, sagt TWF-Geschäftsführer Jörg Schneider. Mit der Umgestaltung des Windbergbades im Jahr 1993 sei der Stein mit der Reliefplatte neu von Trockenmauern eingefasst worden.

Den Gedenkstein gibt es allerdings schon seit 1947. „Mir fiel er nie bewusst auf“, gesteht Erika Wolf. Doch sie gehe und radele noch aufmerksamer durch Freital, seit aus dem Rathaus der Aufruf kam, die Hundertjahrfeier der Stadt im Jahr 2021 mit Ideen zu unterstützen. „Anfangs war der Rollkies hier voller Absenker von Bäumen. Es braucht Zeit, die Pflänzchen herauszuziehen“, sagt sie. Ihr Mann sammle auf seiner Morgenrunde auch Büchsen und anderen Abfall ein. Das Paar wohnt in der Nähe.

Erika Wolf, die 1945 geboren ist, wuchs aber im heutigen Freitaler Stadtteil Hainsberg auf. „Wir badeten in der Weißeritz. Das Wehr rutschten wir auf Rhabarberblättern hinab, um die Badesachen zu schonen.“ In der Talsperre Malter habe sie schwimmen und später segeln gelernt. Das Windbergbad kenne sie eher aus der Zeit als Grundschullehrerin.

Zum Denkmal ist Erika Wolf barfuß gekommen. „So laufe ich gern im Sommer umher. Schon meine Eltern waren naturverbunden. Unser Leben war einfach, aber kulturvoll. Sie schenkten mir auch Raum, eigene Entscheidungen zu treffen.“ Einen Zapfen in Händen betont sie: „Hermann Wolf hat seine Ideen trotz Widerständen umgesetzt. Mich hat bewegt, dass er schon als junger Lehrer bei Marienberg kranke Schüler besucht hat.“ Schatten huschen über die Kiesel vorm Gedenkstein. „Er hatte als Kind Tuberkulose. Auch sein Leben war nicht leicht.“ Nach der Prüfung zum Naturheilkundler im Jahr 1891 war er zwar sogar bei etlichen Ortskassen zugelassen und wegen seiner Wasseranwendungen bald als „Wasserdoktor“ bekannt. Doch 1909 musste er sich mit dem Gesetzesentwurf zur Bekämpfung der Kurpfuscherei auseinandersetzen.

Ehrung mit Bank und Plakette

In der Stadtbibliothek und den Städtischen Sammlungen hat sich die Freitalerin über Wolf informiert. Sie hat erstmals auch eine Saisonkarte fürs Bad. Morgens zieht sie dort öfters ihre Bahnen. Unter den Stammgästen sind Kleingärtner des Vereins „Volksgesundheit am Windberg“. Das Bad gehörte einst zu ihrer Anlage. Im Vereinsbüro hängt noch ein Bild von Hermann Wolf.

„Wir sind stolz auf unsere Geschichte“, sagt Thomas Kaltschmidt. Er ist nun Vorsitzender des Vereins, den Wolf 1887 mit Mitstreitern gründete. Er hieß zunächst „Verein für Gesundheitspflege und arzneilose Heilbehandlung zu Deuben und Umgebung“. Es gab Vorträge, eine Bibliothek und Utensilien zur praktischen Ausübung der Gesundheitspflege und Heilbehandlung.

1894 legte der Naturheiler und Sozialdemokrat Hermann Wolf Entwürfe für ein Luftbad vor. Es wurde 1906 eröffnet und 1921 um ein Schwimmbad erweitert. Das ist als ‚Windi‘ noch immer beliebt. Kurz vorm Jubiläum Freitals wird es ebenfalls 100. „Ich habe als Idee zum Stadtgeburtstag darum vorgeschlagen, am Eingang Fotos vom Anfang zu zeigen und eine Hermann-Wolf-Plakette anzubringen“, sagt Erika Wolf. „Am Denkmal könnte eine Bank aufgestellt werden. Einen Sponsor dafür gibt es schon. Der Kies könnte durch pflegeleichten Sand auf Folie ersetzt werden. Schon Schüler und Kindergartenkinder könnten etwas über den Badgründer erfahren und im Sand malen.“

Die Freitalerin hat auch eine Baumpflanzaktion zum Stadtgeburtstag angeregt. Im Umweltzentrum Freital gehört sie dem Arbeitskreis Naturbewahrung an, der die Aktion mit der Stadt und Sponsoren umsetzen will.

Vom Windi-Bad sammelt Erika Wolf alte Fotos. Kontakt: Telefon 0351 8791173.