Merken

Punktlandung an der Grenzstraße

Acht Jahre dauerten die Planungen für die Brücke. 14 Monate wurde gebaut. Jetzt ist sie sogar vier Tage früher fertig.

Teilen
Folgen
© Sebastian Schultz

Von Christoph Scharf

Riesa. Noch rollen nur Baufahrzeuge über die Brücke an der Grenzstraße. Aber das wird sich am Freitagmittag ändern – Punkt 11 Uhr soll das für knapp 4,6 Millionen Euro neu errichtete Bauwerk für den Verkehr freigegeben werden. Damit ist eine der größten Riesaer Baustellen nicht nur pünktlich fertig geworden, sondern sogar vier Tage früher als eigentlich geplant.

Dabei war das Vorhaben ziemlich aufwendig, sagt Planer Peter Herrmann von der Dresdner Ingenieurgesellschaft Bonk + Herrmann. „Sehr kompliziert war der Abbruch der alten Brücke“, sagt der Ingenieur. Das aus den 60ern stammende Bauwerk musste mit Seilsägen quasi chirurgisch in seine Einzelteile zerlegt werden. Diese jeweils 35 bis 40 Tonnen schweren Teile wurden per Kran abtransportiert. Anderswo hätte man dafür einfach einen großen Bagger mit Abbruchhammer genommen. „Aber an der Grenzstraße war kein Abriss möglich, sondern nur ein behutsames Filettieren“, sagt Peter Herrmann.

Den Grund sieht man, wenn man über das hohe Geländer der neuen Brücke nach unten schaut: Dort verläuft die Bahnstrecke, auf der die Züge von Riesa weiter nach Döbeln, Waldheim und Chemnitz fahren. Wenn sie denn fahren. Derzeit ist dort unten Ruhe, weil die Bahn anderswo auf der Strecke selbst baut und deshalb einen Schienenersatzverkehr eingerichtet hat. Das war anfangs für die Planer in Riesa allerdings nicht absehbar. „Wir mussten schon vor Jahren jeden Bauschritt ganz exakt mit der Bahn abstimmen“, sagt der Planer. Alle Bauschritte, die den Bahnverkehr beeinträchtigen, waren nur nachts erlaubt: damit tagsüber die Züge wieder rollen konnten. – Eine weitere Herausforderung war das Ein- und Ausheben der mehr als 50 Meter langen Behelfsbrücke: Die war nicht nur für die Bauarbeiter selbst und für die provisorischen Kabelquerungen nötig, sondern auch für betroffene Anwohner: Während ohne die Brücke Autofahrer große Umwege fahren mussten, konnten Fußgänger und Radfahrer die Stelle jeden Tag passieren.

Schließlich war noch einmal die Montage der Stahlträger, auf denen die neue Brücke ruht, eine Millimeterarbeit. „Allein beim ersten Träger hat es fast zwei Stunden gebraucht, bis er perfekt lag“, erinnert sich Peter Herrmann. Bis zum zweiten Träger habe es keiner der Zuschauer ausgehalten, die sonst regelmäßig an der Brückenbaustelle zu finden waren. So bald sollen sie an dieser Stelle keine Bauarbeiten mehr zu sehen bekommen: Die Stahl-Verbund-Konstruktion der neuen Brücke soll etwa 80 bis 100 Jahre halten. Gute Pflege vorausgesetzt. Alle drei Jahre wird das Bauwerk künftig geprüft. Die erste Prüfung hat es sogar schon hinter sich.

Das Ergebnis: Der Bau ist sehr gut gelaufen. „Die Zusammenarbeit mit der Stadt, der Bahn und der Baufirma Strabag hat sehr gut geklappt“, lobt der Planer. „Das Ingenieurbüro hat auch sehr gut geplant“, lobt Bernd Friedrich vom Stadtbauamt. Acht Jahre hätten die Planungen insgesamt gedauert – ein normaler Zeitraum für so ein Projekt. Die 14 Monate Bauzeit seien exakt richtig bemessen gewesen. „Dass es an einer Brückenbaustelle zwischendurch zu technologischen Pausen kommt, ist völlig normal“, sagt Peter Herrmann.

Bleibt die Frage, wann nach der neuen Brücke nun auch die Straßen auf beiden Seiten gemacht werden. „Das wird mit Fahrbahn, Fußwegen, Kanalisation ein ziemlich großer Aufwand, der mittelfristig nicht zu stemmen ist“, heißt es aus dem Rathaus. Man habe die Stelle aber im Blick.