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Psssssssst!

Neustädter fühlen sich durch Lärm gestört – von Supermärkten, Veranstaltungen und der Feuerwehr.

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© Dirk Zschiedrich

Von Nancy Riegel

Neustadt. Die Einwohner von Neustadt scheinen in letzter Zeit ganz genau hinzuhören. In den Sitzungen des Stadtrats jedenfalls häufen sich die Beschwerden über Lärmbelästigungen in allen Ortsteilen. Wie laut die Straßen sind, das hat die Stadt mittels eines Lärmaktionsplanes definieren müssen (SZ berichtete). Mit dem Ergebnis, dass der Verkehrslärm an einigen Stellen in der Stadt bis zu 70 Dezibel betragen kann. Das entspricht in etwa der Lautstärke eines laufenden Staubsaugers und gilt laut Definition als gesundheitsgefährdend.

Doch nicht nur Autos, Lkws und Motorräder stören die Neustädter akustisch. In der jüngsten Sitzung des Stadtrats wurden weitere Lärmquellen angebracht. So berichtete ein Anwohner, dass die Anlieferung von Waren am Discounter Lidl an der Wilhelm-Kaulisch-Straße ihm den Schlaf rauben würde. Vor allem das Knallen der Rampen sei ein Problem. Bürgermeister Peter Mühle (NfN) sagte dazu, dass die Stadtverwaltung zwar den Betreiber des Marktes anschreiben könnte. „Aber ich glaube kaum, dass sich dadurch etwas ändert.“

Dauerthema Kulturscheune

Stellvertretend für Anwohner, die sich an ihn gewandt hatten, fragte Stadtrat Daniel Marschner (FDP) an, ob es denn wirklich sein müsse, dass die Feuerwehr an jede Kreuzung mit Blaulicht und Martinshorn heranfahre, wenn sie zu einem Einsatz fahre. Nach einem kurzen, unverständlichen Raunen aus den Reihen der Stadträte ob der Ernsthaftigkeit dieser Bürgeranfrage nahm sich Neustadts Ordnungsamtsleiter Sascha Große dem Thema an. Er führte an, dass die Feuerwehr gesetzlich dazu verpflichtet sei, Blaulicht und Martinshorn zugleich einzusetzen, wenn sie das Wegerecht in Anspruch nehmen will, sich also einer Kreuzung nähert. Das gilt auch für die Nachtstunden.

Waren diese beiden Anfragen relativ schnell beantwortet, beschäftigt ein anderes Lärm-Thema die Stadt schon seit mehreren Jahren. Es geht um die Kulturscheune in Langburkersdorf. Eine Familie fühlt sich von der Musik gestört, die bei Veranstaltungen aus den Boxen dröhnt. Mehrfach schon riefen sie die Polizei und richteten Beschwerden ans Ordnungsamt. Die Kulturscheune gehört der Stadt Neustadt, betrieben wird sie aber vom Förder- und Heimatverein Schloss Langburkersdorf. Stellvertretender Vorsitzender ist Christian Kowalow, der um die Zukunft der Veranstaltungsstätte fürchtet. „Wenn es ganz schlimm kommt, können wir bald keine Abendveranstaltungen mehr machen.“

Das Rathaus von Neustadt betont auf SZ-Nachfrage, dass die Lärmbeschwerden über die Kulturscheune lediglich von einem einzigen Bürger ausgehen. Ignorieren kann es diese allerdings nicht. „Durch den Verein wurden Messungen beauftragt, um herauszuarbeiten, welche Lärmpegel anliegen und ob sinnvolle Maßnahmen zur Lärmminderung eingeleitet werden können. Die Messungen ergaben im Toleranzbereich liegende Werte. Natürlich kann das persönliche Empfinden im Einzelfall ein anderes sein, als die gemessenen Werte“, heißt es in der schriftlichen Antwort. Der betroffene Anwohner meldete sich im Stadtrat während der Fragestunde der Bürger zu Wort und berichtete, dass bei der jüngsten Hochzeit kein Lärm aus der Scheune drang. Er vermutet, dass eventuell die Boxen in eine andere Richtung gedreht waren. Für ihn ein Zeichen dafür, dass durchaus Maßnahmen zur Lärmminderung getroffen werden könnten.

Christian Kowalow will gar nicht abstreiten, dass es auch mal laut zugehen kann in der Scheune. „Aber das ist doch nicht jedes Wochenende der Fall. Die Zahl der Veranstaltungen ist begrenzt.“ Im Pachtvertrag aus dem Jahr 2007 zwischen der Stadt Neustadt und dem Schlossverein ist geregelt, dass Veranstaltungen in der Kulturscheune auf jährlich zehn Großveranstaltungen und zehn interne Vereins- und Familienfeiern begrenzt ist – auch aus Gründen des Lärmschutzes. „Wir müssen Leute, die in der Kulturscheune Feste ausrichten wollen, teilweise wegschicken, auch in andere Städte. Das ist verschenktes Potenzial!“, so Kowalow. Nicht nur, weil die Scheune aufwendig saniert wurde und eine der wenigen Stätten in Neustadt ist, wo größere Feierlichkeiten Platz finden. Sondern auch, weil damit dem Verein Einnahmen entfallen, die er wiederum in den Erhalt und Sanierung des Schlosses, der Hofmühle und eben der Kulturscheune stecken könnte.

Die Stadt steckt in einer Zwickmühle. Zwar ist es ihre Aufgabe, die Sorgen ihrer Bürger ernst zu nehmen und darauf zu reagieren. Andererseits ist der Schlossverein eine wichtige Institution in Neustadt. Das Rathaus macht deutlich: „Veranstaltungen wollen wir auch zukünftig im erträglichen Rahmen für alle Beteiligen und im Sinne des kulturellen Angebotes fortführen.“ Die betroffene Familie wollte sich zu dem Thema nicht in der Zeitung äußern.